Das Genre der MMORPGs fasziniert und begeistert seit Dekaden Millionen von Spielern. In einem mehrteiligen Report beleuchtet MeinMMO-Redakteur Karsten Scholz die Wurzeln, den Werdegang sowie die Zukunft der Online-Rollenspiele. Teil 3 dreht sich um die Gründe für den einzigartigen Erfolg von World of Warcraft.
Im zweiten Teil unseres Reports zum Genre der MMORPGs hatten wir ausgeführt, warum es Spiele wie EverQuest, Dark Age of Camelot oder Ultima Online trotz einiger Beliebtheit nicht geschafft hatten, die Online-Rollenspiele aus der Nische in den Mainstream zu katapultieren.
Das gelang erst World of Warcraft, das im November 2004 in Nordamerika und im Februar 2005 in Europa erschien. Im Folgenden durchleuchten wir die diversen Gründe für den raketenhaften Erfolg von WoW und die Auswirkungen dieses Erfolgs auf die Popkultur und Blizzard.
Teil 1: Die Pioniere der Online-Rollenspiele
Teil 2: Die ersten 3D-MMORPGs
Teil 3: Der Ausnahmeerfolg von WoW und seine Gründe
Teil 4: Hochphase der MMORPGs und das Scheitern der WoW-Killer
Teil 5: Die große Dürre und die Flucht in andere Genres
Teil 6: Der Status quo des MMORPG-Genres und die Zukunft
Der perfekte Zeitpunkt
Zwischen MMORPGs wie Dark Age of Camelot und World of Warcraft liegen zwar nur einige Jahre, doch wandelte sich das Internet in dieser kurzen Zeit spürbar. Zeittarife und ISDN machten Mitte der 2000er in immer mehr Privathaushalten Platz für Internet-Flatrates und DSL-Anschlüsse.
Nicht wenige Spieler dürften sich ein Upgrade oder den ersten Internetanschluss vor allem deswegen zugelegt haben, um online vergleichsweise kostengünstig und schnell zocken zu können. World of Warcraft kam also genau zur richtigen Zeit raus und profitierte stark vom Beginn der flächendeckenden Breitband-Verfügbarkeit.
Die Blizzard-Verantwortlichen bewiesen aber noch aus einem anderen Grund gutes Timing. Mit WoW hatten es sich die Entwickler zur Aufgabe gemacht, die hohen Einstiegshürden der damaligen Konkurrenz abzutragen, vorhandene Features gezielt zu verbessern und das komfortabelste, belohnendste sowie einsteigerfreundlichste MMORPG auf dem Markt anzubieten.
Dank WoW Classic, Hardcore und den Classic-Saisons gibt’s heute mehr als nur eine WoW-Version.
Die erste Liebe in einer anderen Zeit
Die vergleichsweise geringe Einstiegshürde und die regelmäßigen Erfolgserlebnisse kamen gut an. Für viele Spieler war World of Warcraft das erste MMORPG, das begeistern konnte. Da machte es auch kaum etwas aus, dass WoW zum Launch ohne PvP-System und mit nur wenigen Endgame-Inhalten, dafür aber mit jeder Menge Fehler und technischer Probleme live ging.
Viele Spieler gingen damals ohne Erwartungen an WoW ran, weil sie vorher noch nie ein MMORPG gespielt hatten. Zudem war das Internet im Jahr 2005 noch nicht voll mit Guides und Artikeln, die jeden Zentimeter von Azeroth auseinandernahmen.
Ein großer Teil der Community levelte daher ganz gemütlich über Monate (!) hinweg den eigenen Charakter hoch und sah über die anfänglichen Baustellen großzügig hinweg, nur um irgendwann überrascht festzustellen, dass es Herausforderungen für hochstufige Helden gibt.
Dieses besondere erste Mal wollten viele Spieler natürlich mit ihren Freunden, Kollegen und Verwandten teilen, und da in dieser Zeit immer mehr Leute das Internet für sich entdeckten, probierten auch immer mehr Interessierte WoW aus, die ihrerseits wiederum ein Teil der Mundpropaganda wurden. Dadurch war WoW auf der Arbeit, in der Schule und in der Familie gefühlt omnipräsent.
Der große Schatten von WoW
Alle nachfolgenden MMORPGs besaßen diese besondere Ausgangssituation nicht oder nur in deutlich kleinerem Maß. Zum einen, weil sich das Internet weiterhin rasant entwickelte und immer mehr Webseiten live gingen, die Guides und Tipps zum nächsten, großen Online-Rollenspiel liefern wollten.
Zum anderen standen alle Neuerscheinungen ab 2005 im großen Schatten von World of Warcraft, der durch die regelmäßigen Patches, Hotfixes und Erweiterungen immer weiter wuchs. Bereits nach wenigen Monaten bot Blizzard mit WoW ein poliertes und umfangreiches Paket, mit dem kein MMORPG zum Launch auch nur annähernd mithalten konnte.
WoW hatte zudem ein weiteres Ass im Ärmel. Jeder Spieler, der sich bereits eine gewisse Zeit in Azeroth herumgetrieben und Charaktere gelevelt, ausgestattet sowie liebgewonnen hat, und dort Teil einer Gemeinschaft geworden ist, baut so etwas wie eine Heimatverbundenheit auf.
Diese Verbindung nachhaltig zu trennen, langjährige WoW-Fans auf die Server eines anderen MMORPGs zu locken und diese dort dazu zu bringen, eine neue Heimat aufzubauen, ist schwer. Umso mehr, wenn man mit weniger Inhalten und mehr technischen Problemen lockt.
Warcraft und die Comic-Grafik
Der enorme Erfolg von World of Warcraft baut aber noch auf weiteren Säulen auf. Eine wichtige Rolle nahm Blizzard selbst ein, in Kombination mit der Beliebtheit der Warcraft-Marke. Die Kalifornier besaßen dank Meilensteinen wie Diablo und Starcraft in den Jahren 2004 und 2005 einen enorm guten Ruf bei vielen Spielern.
Das Echtzeitstrategie-Spiel Warcraft 3 (2002) gehört – in Kombination mit dem Addon The Frozen Throne aus 2003 – ebenfalls zu den großen Klassikern und den besten Spielen aller Zeiten. Die Chancen standen also gut, dass auch WoW ein tolles Spiel werden könnte.
Viele Fans dürften daher heiß darauf gewesen sein, die spannende Fantasy-Welt Azeroth in World of Warcraft erstmals aus der Third-Person-Perspektive unsicher machen zu dürfen – mit all den bekannten Völkern, Klassen, Sprüchen, Helden und Schurken.
Einer der wichtigsten Bösewichte von Warcraft – der Lichkönig:
Dass sich WoW wunderbar nach Warcraft anfühlte, lag aber auch am farbenfrohen, zeitlosen Comic-Look. Der wirkte zwar schon 2005 ziemlich veraltet (und wird seit jeher kritisiert), schuf aber auch eine stimmige Welt, die auch auf betagten Rechnern ausreichend flüssig lief – was sich ebenfalls positiv auf die großflächige Verbreitung von WoW auswirkte.
Durch die ständigen Updates der Grafik-Engine sieht World of Warcraft heute sogar detaillierter und moderner als viele andere MMORPGs aus, die weniger Jahre auf dem Buckel haben.
Der Goldesel von Blizzard
Zwar kamen lange nicht alle Verbesserungen und neuen Inhalte, die im Laufe der Jahre auf den Servern gelandet sind, bei der WoW-Community gut an. Doch bewiesen die Blizzard-Entwickler oft genug den richtigen Riecher, um zwischen dem 4. Quartal 2007 und dem 1. Quartal 2012 konstant mehr als zehn Millionen Abonnenten nach Azeroth zu locken.
Den finanziellen Höhepunkt erreicht Blizzard dabei im Jahr 2010, als mehr als zwölf Millionen Spieler auf der ganzen Welt jeden Monat um die elf bis 13 Euro nach Kalifornien überwiesen. Und auch heute, fast 20 Jahre nach dem Launch, gehört WoW zu den wichtigsten Einnahmequellen bei Blizzard.
Laut einer Präsentation der Entwickler auf der GDC 2024 dürfte WoW beim Start der Saison der Entdeckungen im November 2023 auf mehr als sieben Millionen Abonnenten gekommen sein. Von solchen Zahlen können viele andere Publisher nur träumen. Zudem wissen wir, dass derzeit so viele Entwickler wie nie zuvor an den verschiedenen Versionen von World of Warcraft arbeiten.
Dieser enorme finanzielle Erfolg hatte jedoch nicht nur positive Auswirkungen auf Blizzard. Zum einen veränderte sich nach WoW der Fokus der Entwickler stark auf den Bereich der sogenannten Service-Games, und das auch, weil oldschoolige Projekte wie die Starcraft-2-Trilogie trotz guter Verkaufszahlen nur einen Bruchteil des Geldes von WoW einbrachten.
Zum anderen wuchs das Unternehmen innerhalb weniger Jahre von 500 auf etwa 4.600 Angestellte, wodurch sich die Unternehmenskultur bei Blizzard spürbar verändert haben soll. Mehr dazu erfahrt ihr hier:
Ein Teil der Popkultur
WoW gehört nicht nur zu den erfolgreichsten Spielen aller Zeiten, das MMORPG ist auch ein Phänomen, das die globale Popkultur nachhaltig beeinflusst hat. Es gibt einen Kinofilm, Romane, Tabletop-Rollenspiele, Comics, Machinima-Fanfilme und Mangas.
Vergessen darf man aber auch nicht die kurzen Werbe-Clips, in denen Chuck Norris, William Shatner und weitere Stars für Azeroth werben. Hier ein Beispiel-Spot mit Mr. T:
In Serien wie South Park, How I Met Your Mother, Leverage, Family Guy und The Big Bang Theory sind launige Verweise auf die World of Warcraft verbaut. Ebenso viele Anspielungen lassen sich zu Leeroy Jenkins finden, einem der ersten Internet-Memes aus dem Games-Bereich.
WoW fand darüber hinaus in Aufsätzen aus Armee und Forschung einen Platz. Als beispielsweise das Verdorbene Blut aus Zul’Gurub im September 2005 die Bevölkerung ganzer Server auslöschte, nahmen Epidemiologen diesen Ausbruch als Modell für künftige real existierende Seuchen. Ein Modell, das während der Corona-Pandemie erneut an Relevanz gewann.
Finanziell unfassbar erfolgreich und ein fester Teil der Popkultur: Es verwundert nicht, dass viele andere Publisher und Entwickler nur zu gerne den Erfolg von World of Warcraft mit einem eigenen MMORPG wiederholt hätten. Versuche gab’s nach 2005 eine ganze Menge. Viele Online-Rollenspiele kopierten die von WoW vorgegebene Blaupause dabei nicht nur spielerisch, sondern auch beim Bezahlmodell.
Warum all diese Spiele scheiterten und was die Hochphase des MMORPG-Genres sonst noch zu bieten hatte, darum soll es im nächsten Teil unseres Reports gehen. Bis dahin könnt ihr euch die Zeit mit dem folgenden Special vertreiben: Die 15 aktuell besten MMOs und MMORPGs 2024
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WoW war im Feb. 2005 mein erstes MMORPG und ich habe es extrem GESUCHTET!
So sehr das ich sogar massive Probleme auf der Arbeit und damaligen Freundin hatte, aber das alles war mir fast egal weil WoW mich unvorstellbar fasziniert und in seinen Bann gezogen hatte.
Mit viel Kampf habe ich den Absprung damals noch rechtzeitig geschafft, Arbeit und Freundin waren noch vorhanden. 🙂
Denke einfach liegt am Gameplay, ich hab glaub so ziemlich jedes große MMO zumindest angespielt, aber keines kommt an WoW dran, läuft einfach flüssig und so
-Ich denke Timing wird überbewertet, eiin gutes Game setzt sich auch bei nem “schlechten” Startzeitpunkt durch.
-Grafik – GW1 kam ziemlich zum selben Zeitpunkt raus und da find ich die Grafik besser als von Classic. Allein die grobschlächtigen Character Modelle.
-Das Skillsystem von Classic ist einfach nur schlecht.
-Zugänglichkeit – wenn ich da den Berichten glauben schenke war Classic damals schon recht schwer.
Was hat WoW nun besser gemacht?
Denke die professionellere Herangehensweise, siehe (1).
-Die Grafik ist grobschlächtig, aber flüssig (1). Was das betrifft ist BDO heut noch schlechter mit seiner aufplop Grafik.
-Man hat die Grafik immer weiter verbessert ! (1)
-Musik (1) ist sehr atmosphärisch.
-Mehr oder weniger seamless World.
-Addons.
-Psychologische Analyse (1) – wie hält man die Leute ingame.
-Setzt auf Vorgänger Spiele auf und musste damit nicht bei 0 anfangen. (1)
Das wären meine Punkte.
edit: der Beitrag wurde durch den Editor grad verdoppelt, dann kann einmal weg
Also ich glaube, es sind drei Faktoren, warum WoW so erfolgreich war:
Musik. Die Musik von Warcraft spielt, für mich, eine enorme Rolle. Auch in den vielen Unterbrechungen meiner WoW Zeiten, die Monate bis Jahre dauerten, war die Musik von WoW immer bei mir. Irgendwann, wenn die Server dann mal dicht sind, wird die Erinnerung an die wunderschönen Lieder ewig bestehen bleiben!
Der Soundtrack von WoW ist großartig, das stimmt.