MeinMMO-Autor Philipp Hansen hat gerade im Zocker-Jahr 2020 kaum gespielt und nur schwer ein virtuelles Zuhause gefunden.
Gerade dieses verflixte Jahr 2020, das die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduzierte, gemeinsame Abende mit Freunden oder cineastische Abenteuer auf der großen Leinwand wegrationalisierte und Besuche bei der Familie größtenteils strich, gerade 2020 müsste doch die Gelegenheit zum Vielzocken gewesen sein.
Warum war 2020 das Zocker-Jahr? Was soll man anderes tun, als sich vor den Bildschirm zu setzen und schnurstracks in die virtuelle Welt zu flüchten? Die Welten, die wir digital retten, sind zwar auch nicht heil, aber wir und unsere Avatare können sie wenigstens ein wenig besser machen. Ich denke: Es ist kein Zufall, das gute-Laune-Games wie Animal Crossing 2020 so durch die Decke gingen (via GamePro).
Na ja, und notgedrungen hatten viele Leute 2020 einfach deutlich mehr Zeit zu Hause vor den Konsolen oder PC. Bedingt durch die Corona-Krise war 2020 aber auch das Jahr der Spieler-Verschiebungen.
Also egal, ob zur Zerstreuung oder in Ermangelung von Alternativen, zocken erlebte wohl einen der größten Booms in der Geschichte. Das spiegeln auch beispielsweise die Rekorde des Jahres wider. Unzählige Titel knackten ihr Allzeithoch und selbst alte Games waren plötzlich so gut besucht wie seit Jahren nicht.
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Ich habe mich ein Jahr für den Krieg verpflichtet
Ich selbst habe aber so wenig gezockt wie … noch nie. Von allen erschienen Games habe ich 2021 nur ein neues Spiel intensiv gedaddelt und wirklich länger die Treue gehalten oder “durchgespielt”. Seit März 2020 besuche ich regelmäßig die Call of Duty: Warzone.
Der diesjährige “Battle Royal”-Anstrich verpasste dem angestaubten Call of Duty einen ganz neuen Glanz. Die Warzone ist für mich das bisher rundeste BR-Erlebnis. Ich habe auch schon einige Abschüsse in Blackout oder Apex Legends gesammelt. Aber was Infinity Ward und Raven Software da auf die Spieler losgelassen haben – Hut ab.
Weswegen hat mich Warzone so eingenommen? Ich kann die Abende kaum noch zählen, die ich mit Freunden in Verdansk verbrachte. Durch den Zocker-Boom war ich nämlich nie alleine unterwegs dort. In den Spiele-Partys stand der Sieg meist nicht an erster Stelle.
Es ging darum, doch irgendwie mit den Freunden in Kontakt zu bleiben. Die Stimme im Ohr und ein grimmiger Soldaten-Avatar auf dem Bildschirm sind kein perfekter Ersatz für den Kontakt mit Freunden im echten Leben, aber bei weitem besser als nichts.
Dabei muss ich sogar zugeben, dass Warzone mich nicht so sehr “interessiert”. Ich spiele das Battle Royale tatsächlich richtig casual: kümmere mich nicht um die Meta und weiß auch nicht haargenau, was welcher Waffenaufsatz nun ändert. Gerade dieses tiefe Durchdringen ist sonst typisch für mein Destiny-Verhalten, wo ich jede Kleinigkeit aufsauge, wie ein Schwamm.
Das sind die Gründe für den Warzone-Erfolg: Noch nie wirkte so eine große Map so poliert und einsteigerfreundlich. Durch sinnige Elemente kam frischer Wind ins bekannte Genre.
- Der Gulag ermöglichte einem eine 2. Chance: Selbst wenn man einen miesen Start hatte, kann man das Blatt nochmals wenden.
- Durch die eigenen und levelbaren Loadouts konnte man in den sonst abgeschlossenen BR-Matches auf etwas hinarbeiten. Denn wer eine fein justierte Waffe sein eigenen nennt, hat gleich viel bessere Chancen. So kommt Langzeitmotivation auf.
- Das Team-Play funktioniert super in Warzone, auch wenn es auf Versatzstücken anderer Games fußt: Das Ping-System aus Apex ist sinnvoll integriert, Aufträge oder die Möglichkeit, zurück ins Match gekauft zu werden, sorgen dafür, dass man auch nach dem 2. Ableben noch am Ball bleibt.
- Zudem ruhte sich CoD nicht auf dem Erfolg aus. Stets wurde merklich geschraubt und kleinere Events oder frische Idee lockerten den Soldaten-Alltag in Verdansk auf.
Dabei muss jedoch gesagt sein, dass auch Warzone nicht perfekt ist und auch heute noch große Baustellen hat.
Gab es 2020 keine Alternativen für mich?
Sonst habe ich also nichts gezockt? Doch, klar! Fast den halben November und Anfang Dezember habe ich in Destiny 2 verbracht. Da hatte die Warzone Sendepause. Freunde konnten mich so oft sie wollten mit Party-Einladungen aus Verdansk bombardieren.
Europa, die neuen Exotics, das frische Stasis-Element und vor allem der wohl schönste Raid haben mich gut einen Monat voll vereinnahmt. Aber ich würde Destiny 2: Beyond Light nicht als “neues” Spiel bezeichnen.
So zocke ich sonst eigentlich: Ich rette regelmäßig das Universum von Destiny. Schon aus beruflichen Gründen, denn auf MeinMMO bin ich der Fachidiot für Bungies MMO-Shooter. Aber auch privat ziehe ich seit 2014 immer wieder die Rüstung eines Hüters an und tobe mich im Schmelztiegel aus oder raide mit meinem Einsatztrupp.
Da Destiny 2 einem jedoch viel Freizeit lässt, wildere ich auch in anderen Gewässern. Okay, das ist eine nette Umschreibung dafür, dass Destiny 2 den dünnen, saisonalen Inhalt wie zu wenig Butter auf einer großen Scheibe Brot verstreicht.
Wann immer alle Exotics gejagt und alle Quests erledigt sind, zieht es mich in andere Games.
- Als Hüter-Alternative streifte ich mir einen Warframe über oder schloss mich der Division an. Ich habe auch eine ruhmreiche Karriere als Saurier-Schrecken in Monster Hunter hinter mir oder habe irre Waffen in Borderlands gesucht.
- Aber auch in Single Player Games hatte ich immer viel Spaß: Egal ob Final Fantasy, Resident Evil oder die Souls-Titel, ich bin viel rumgekommen.
Bin ich zu alt oder nur in der “Gaming-Midlife-Crisis”?
2020 war irgendwie anders: Titel wie Final Fantasy 7: Remake oder The Last of US Part 2 sowie Ghost of Tsushima passen eigentlich genau in mein Beuteschema. Auch Addons wie Monster Hunter Wolrd: Iceborn oder die Erweiterung von Remnant waren eigentlich Pflicht-Titel.
Irgendwie war ich es aber überdrüssig. Oftmals fehlte mir jeglicher Antrieb die Konsole anzuwerfen. So ging die Freizeit vor dem Bildschirm beispielsweise eher für Streaming-Dienste drauf. Nur, wenn die Freunde in Warzone riefen oder mein Hüter ein klares Ziel vor Augen hatte, startete die PS4.
Mich hat wohl die “Gaming-Midlife-Crisis” ereilt. Und das war auch an der Zeit, ich zocke immerhin seit nunmehr 25 Jahren intensiv – seit ich zur Einschulung einen klobigen Gameboy bekam.
Ich habe es meiner Kindheit zur Liebe kurz mit Pokémon Go versucht und in TemTem versucht, 20 Jahre jünger zu werden – alles vergebens.
Trauert nicht um mich: Kürzlich spürte ich die Gaming-Flamme wieder lodern. Zu alt bin ich also noch lange nicht, noch immer kann ich mich wie ein kleiner Schuljunge beim Daddeln freuen.
Als die Ära der PS5 endlich anstand, da hatten meine Finger wider das verlangen zu zocken. Ich wollte das Monster Hunter Addon nachholen, Destiny 2 mit butterweichen 60-120 FPS erleben und so viel mehr tun.
Aber die Flamme der Inbrunst wurde erstickt: Meine PS5 kommt nun leider erst 2021…
Doch bis die PS5 endlich kommt, kann und muss ich mich gedulden. Auf jeden Fall hat mir das Verlangen nach der PlayStation 5 gezeigt, dass mein Gamer-Herz noch schlägt. Mit großer Sicherheit muss ich meine Gaming-Karriere noch nicht an den Nagel hängen.
Und mit großer Sicherheit müsst ihr 2021 nicht wieder solch einen Besinnungs-Aufsatz wie diesen Artikel lesen. Zum Abschluss ein Dankeschön für alle, die am Ball blieben und einen guten Start ins neue Jahr 2021!
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Ein paar neue Games habe ich schon gezockt, aber vorrangig erstmal alles was ich schon ewig mal durchspielen wollte. Meine Pile of Shame ist somit endlich weg.
Ich habe 2020 auch nur ein einziges neues Game gezockt. Neben der fehlenden Zeit für viele verschiedene Titel gab es aber kaum Nennwertes für mich.
Valorant hat von der Closed Beta bis kurz vor dem Start von WoW Shadowlands sehr viel Aufmerksamkeit von mir bekommen. Und noch immer finde ich es klasse und werde es weiter spielen.
Aber mit Shadowlands braucht WoW wieder meine ganze Freizeit. Shadowlands zähle ich aber nicht zu den neuen Games 2020, da es kein neues Game ist, sondern nur eine Erweiterung.
Jetzt ist es auch nicht so, dass Shadowlands so viel Zeit verlangt, dass ich nichts anderes zocken könnte… ich will einfach nicht! Es gibt nichts neues auf dem Markt das mich so sehr reizt, dass ich es anstelle von Shadowlands starten würde!
Seit dem Tot von Everquest Next bin ich eh auf der Schiene, dass ich mich bei Hypes zurück halte und ein Game sich erst mal über Wochen und Monate beweisen muss und das vor und vor alle NACH dem Release.
Lediglich Apha und (Closed) Beta Invites (wovon ich ne Menge bekomme, nur nie von Blizzard ^^) gebe ich meistens eine Chance, da ich einfach gerne helfe, Games zu “polieren”.
Aber ansonsten ist neben WoW kaum noch Platz, außer mal für die ein oder andere Serie auf Netflix und Co…. aber da aktuell auch meist nur 1-2 Folgen pro Woche.
Ist eher so, dass mein Geschmack nicht mehr vertreten ist. Die Spiele werden immer größer und cinematischer und damit uninteressanter. Die Spiele werden immer mehr zu Filmen. Das wäre meiner Meinung nach das größte Problem.
Außer Destiny habe ich auch kaum etwas gezockt. Die Alpha von Back 4 Blood war noch halbwegs interessant. Ansonsten alles eher uninteressant was da auf dem Markt ist.
Wenn ich mich aufringen kann mal wieder ein Point-and-Click-Adventure zu spielen, da hätte ich noch nen kleinen Backlog. Bis auf Fran Bow und Harveys neue Augen haben mich die meisten die ich angespielt habe aber eher enttäuscht oder kaltgelassen.
Interessant. Ich beobachte das selbe, begrüße aber diesen Trend durchaus. Ich mag Spiele wie Yakuza oder TLOU oder Horizon Zero Dawn in denen die Story im Vordergrund steht. Oder Walking Simulatoren wie ‘What Remains Of Edith Finch’ in denen es nichts als Story gibt aber man dann auch nach 3h mit dem Spiel fertig ist. Für das ewig selbe Gekloppe in den selben Arenen / Maps bin ich dann doch einfach… zu alt? Oder vllt. lagen mir solche Spiele auch nie und ich merks erst jetzt richtig weil die Spiele mit fortschreitender Technologie immer immersiver werden.
SOMA, Firewatch, Gone Home, The Swapper, Fran Bow usw. Alle Spiele haben gemeinsam, dass sie die Story ohne filmische Mittel erzählen. Das ist bei TLOU, Horizon Zero Dawn, Assassin’s Creed anders.
Ich schätze beides. Gameplay und Story. Am besten Story via Gameplay. Cutscenes und andere typisch filme Storytellingmethoden schrecken mich eher ab. Dann halt lieber einen Walkingsimulator bei dem immerhin noch etwas Restgameplay übrig ist während man die Story erlebt, anstatt zum Zuschauer degradiert zu werden, wie das bei vielen AAA-Spielen mit cinematischen Storytelling eben ist. Ich will damit TLOU, Horizon Zero Dawn und Co nicht schlechtreden, es ist halt nur eine von vielen Arten wie man Story in einem Spiel erzählen kann, aber halt nicht meine bevorzugte.
Man könnte meinen, du hättest diesen Artikel über mich geschrieben! ??
Mir ging es dieses Jahr ähnlich. Bin sonst Hardcore Destiny Hüterin, aber nachdem dort alles abgegrast war, zog es mich im Sommer auch zu CoD, kam durch CoD Mobile auf die Reihe. Erst wollte ich nur die Kampagne zocken, da ich überhaupt kein BR mag! Null! Aber Warzone?! Mega geil!! Verdansk hat mich auch komplett in den Bann gezogen, dadurch kam ich dann sogar ins Multiplayer von Modern Warfare und habe sogar Lieblingsmaps! Wäre vorher für mich unvorstellbar gewesen. Aber CoD MW/WZ hat es geschafft mich von einem BR/MP Muffel zu einer echt begeisterten Spielerin zu machen. Und so mies, wie ich immer dachte, bin ich noch nicht mal. ??
Aber was meine ganzen anderen Favoriten betrifft, so ging es mir dieses Jahr auch teilweise so, dass ich die Konsole noch nicht mal angeworfen hab. War einfach keine Lust da, irgendwie. ??♀️ Aber ich glaube nicht, dass wir deshalb eine Gaming-Midlifecrisis haben. Wir scheinen das gleiche Alter zu haben, ich bekam zur Einschulung auch einen Gameboy. ?? Ich glaube einfach, dass das mal normal ist. Durch diese ganze Corona Situation wurde die Konsole einfach zu oft angeworfen, wo hingegen man vor Corona definitiv mehr Abwechslung im Leben hatte. Da war ein Zockerabend mit Freunden eine willkommene Abwechslung, jetzt ist es die einzige Möglichkeit. Das, glaube ich, erklärt unsere “Crisis” eher. Kein Grund zur Sorge, wir werden mit 90 im Altersheim noch mit Spaß an der Konsole zocken und uns dann darüber freuen, wie toll sich unsere Hüter doch bewegen können! So ohne Rheuma und Co… ??
Jedenfalls danke für den guten Artikel! Es tat gut zu lesen, dass ich nicht alleine bin! ??
Freut mich! mal sehen wie die WLAN Situation dann in unseren Altenheimen ist ?
Solange das WLAN dann flotter ist als unsere Gichtgriffel, dann ist alles top! ??