20 Jahre World of Warcraft – Es ist eben mehr als nur ein Spiel

20 Jahre World of Warcraft – Es ist eben mehr als nur ein Spiel

MeinMMO-Dämon schaut auf 20 Jahre World of Warcraft zurück und erklärt, was das Spiel so gut macht – und das sind sehr oft die Menschen, mit denen man es spielt.

Ich erinnere mich noch gut an meine Anfänge in World of Warcraft. Damals, nach der Schule, hatte man mir einen „Gäste-Pass“ gegeben, um in dieses neue Blizzard-Spiel einzutauchen. Ich würde gerne sagen, dass es Liebe auf den ersten Blick war – aber das war es nicht.

Mein allererster Charakter war ein untoter Hexenmeister und ich habe damals gar nichts vom Spiel verstanden. Mein Mana war immerzu leer, von allen Seiten hat mich irgendwas angegriffen und mir war das alles irgendwie zu groß und unstrukturiert. Ich habe vieles nicht verstanden, ein paar Stunden irgendwelche scharlachroten Mobs getötet und mein Spielpartner ist mir alle naselang weggelaufen, ohne dass ich irgendwas in Ruhe lesen konnte.

Als ich das Spiel ausgeschaltet habe, war ich damals frustriert, denn die Erfahrung war einfach nicht gut gewesen. Ich war überfordert.

Aber doch ist irgendein Funke übergesprungen, irgendeine tiefergehende Faszination, die mir sagte: Setz’ dich damit mehr auseinander.

Ich lieh mir also die Gebrauchsanweisung von World of Warcraft aus (damals hatten Spiele so etwas noch!) und blätterte in Ruhe darin herum, anstatt für den Latein-Unterricht zu lernen.
Amo, amas, amat – Crowd Control, Mobs, Loot.
Irgendwie so.

World of Warcraft hat viele herzzerreißende Geschichten mit echten Menschen hervorgebracht:

Erst mein zweiter Charakter, eine menschliche Magierin auf einem Rollenspiel-Realm, hat mich dann vollkommen eingenommen. Mir hat der Vibe eines RP-Realms sofort gefallen und auch wenn meine ersten Gehversuche im RP absolut schrecklich waren (wie, sind wir ehrlich, bei allen RP-Anfängern), habe ich schnell eine Gilde gefunden, die mir das Ganze dann beigebracht hat.

Dabei habe ich auch meine große Menge an Noobfehlern gemacht:

  • Talentpunkte habe ich bis Stufe 35 nicht verteilt. Warum? Weil ich auf große Belohnungen stehe. Mein Gedanke war: Wenn ich bis 60 level und erst dann Talentpunkte verteile, werde ich auf einen Schlag viel, viel stärker als wenn ich jede Stufe nur ein bisschen besser werde. Als mich im Arathihochland die Mobs dann ununterbrochen getötet haben, musste ich zähneknirschend von diesem Plan abweichen.
  • Den Zauber Polymorph (also „Sheepen“) habe ich beim Lehrer ewig nicht gekauft. Ich fand das beknackt. Ich kann jemanden in ein Schaf verwandeln – und der heilt sich dabei? Wie dumm ist das denn? Ich will doch, dass meine Feinde sterben und nicht geheilt werden. So einen Schrott kaufe ich sicher nicht.
  • Auch Gegenzauber habe ich bis Stufe 50+ nicht so richtig verstanden. Erst als ein Krieger – mit sehr, sehr viel Geduld – mir beibrachte, wie man die Beschwörer aus dem zweiten Raum der Scholomance mit Gegenzauber um die Ecke zieht, lernte ich, was die Fähigkeit eigentlich macht.

Einmal habe ich meinen Haupt-Charakter gewechselt und spiele nun seit bald 15 Jahren eine Schattenpriesterin und das ist meine große Liebe in WoW, von der mich kaum etwas abbringen wird – auch wenn Blizzard das manchmal scheinbar energisch versucht.

20 Jahre, die Menschen geprägt haben

Inzwischen feiert World of Warcraft seinen 20. Geburtstag – und ich feier mit.

Wenn man ein Spiel für knapp 2 Jahrzehnte spielt, dann ist es klar, dass das größere Auswirkungen auf das eigene Leben hat. Ein großer Teil meines Freundeskreises, mit denen ich heute auch Pen&Paper spiele oder wir uns regelmäßig treffen, habe ich damals über World of Warcraft kennengelernt – manche sind noch heute in einer gemeinsamen Gilde.

Heute scheint das schwer vorstellbar, aber vor 20 Jahren hörte man überall noch, dass die Leute aus dem Spiel ja keine „richtigen“ Freundinnen und Freunde wären. Man solle „in der echten Welt“ leben und jede Minute im Spiel wäre eine verpasste Chance, „wahre Freundschaften“ zu schließen.

WoW Human Mage Female Blood Elf Priest Female trans
Priesterin und Magierin – die beiden Klassen, denen Cortyn sich auch heute noch verbunden fühlt.

Als Person, die nicht gerne auf Feierlichkeiten anwesend ist und allen Unternehmungen fernblieb, die früher oder später in „Wir betrinken uns hemmungslos“ endeten, war World of Warcraft meine Zuflucht.

Immer mal wieder habe ich andere MMORPGs gespielt, einige kürzer und andere länger. Besonders Star Wars: The Old Republic oder mein geliebtes WildStar sind mir dabei in Erinnerung geblieben. Doch nach einigen Jahren war bei Star Wars für mich die Luft raus und über das Ende von WildStar wollen wir gar nicht erst reden.

Anders ist es für mich bei World of Warcraft. Wenn ich nach einigen Wochen oder Monaten Pause zurückkomme, dann ist es noch immer das vertraute Spiel mit dem eingängigen Gameplay. Immer mal wieder gibt es Neuerungen und auch, wenn ich mich gerne darüber aufrege, dass der Spielstil meiner Schattenpriesterin irgendwie immer seltsamer wird, bleibt das Gefühl von „Ah, hier fühle ich mich einfach wohl“.

Und ich weiß, dass ich damit nicht alleine dastehe. World of Warcraft hat viele andere Leben geprägt – manche zum Guten, manche zum Schlechten. Immer mal wieder sehe ich verbitterte Leute, die einem Zustand des Spiels von vor 10 oder 15 Jahren nachtrauern und das überall und zu jeder Gelegenheit kundtun müssen.

Da wird dann gerne gesagt, dass sich „die Community geändert hat“ – denn die sei ja so toxisch und egoistisch. Nur man selbst natürlich nicht. Das zu lesen ist ermüdend, anstrengend und auch ein bisschen frustrierend. Viel zu häufig scheint es die Erwartungshaltung zu sein, dass man ja einen Anspruch darauf hat, dass alle anderen Rücksicht auf einen nehmen. Dass diese Erwartungshaltung viel zu oft selbst der Ursprung der Toxizität ist, wird dabei gekonnt ausgeblendet.

Zum Glück ist die Gruppe in meinem persönlichen Umfeld größer, die ziemlich glücklich mit World of Warcraft ist – auch nach 20 Jahren. Eine (mehr oder weniger) harmonische Gilde, eine solide Raidgruppe und sehr viele Personen, die mir ans Herz gewachsen sind, die zu richtigen Freunden geworden sind, die ich auf ihrer Hochzeit besucht habe und von denen ich weiß: World of Warcraft hat auch ihr Leben bereichert und sei es „nur“ durch die sozialen Bindungen, die hier entstanden sind.

Durch all diese Zeit haben viele Kontakte in World of Warcraft inzwischen etwas von einer Familie für mich. Vermutlich sogar mehr als das. Mit vielen meiner Mitspielerinnen und Mitspieler habe ich mehr Zeit verbracht, als mit irgendwelchen entfernten Verwandten – und mit manchen wohl auch mehr als mit nahestehenden Verwandten. Menschen, denen ich vertraue, mit denen man auch mal streiten und diskutieren kann, doch wo man sich auch immer wieder zusammenrauft. Und wo manchmal auch jemand mit Click-to-Move spielt.

Hätte das auch in jedem anderen MMORPG passieren können? Vermutlich. Aber das ist es nicht. World of Warcraft war genau das Spiel, das viele von uns damals zur richtigen Zeit gebraucht haben und soziale Bindungen hervorbrachten, die ein Leben lang halten werden.

Ein Spiel, das nicht perfekt ist

Dabei ist World of Warcraft bei aller Liebe – und davon habe ich viel – wirklich nicht perfekt.

Dass ein Spiel, welches ich gerne mit „Heimat“ verbinde, auch nach 20 Jahren noch kein Housing-System hat, bei dem unsere Charaktere ein eigenes Heim haben, finde ich nach wie vor absurd. Ein Wunsch der Community, der seit 20 Jahren aufkommt und bei dem man immer wieder vertröstet wurde.

Jeder Patch bringt zwar viele neue Inhalte, doch werden fast immer auch neue Fehler eingeführt – manchmal sogar richtig arg, dass Leute den ganzen Besitz ihrer Gilde verlieren.

WoW Night Elves Crying titel title 1280x720
Nicht immer läuft es in WoW rund – aber Reibereien gibt es überall.

Auch mit einigen Erweiterungen trifft World of Warcraft nicht den richtigen Nerv. Shadowlands war, auch wenn einzelne Aspekte gut waren, in seiner Gesamtheit keine gute Erweiterung und dürfte den Tiefpunkt von World of Warcraft symbolisieren. Das hat selbst bei den ausdauerndsten Fans dafür gesorgt, dass sie mal eine Pause vom Spiel eingelegt haben.

Aber das ist nicht schlimm, zumindest nicht langfristig. Gegenwärtig befindet sich WoW wieder auf einem ziemlich guten Weg und die Weltenseelen-Saga macht zumindest bisher den Eindruck, den Erwartungen der Fans standhalten zu können. Und selbst, wenn das nicht der Fall ist, werden „Midnight“ und „The Last Titan“ zumindest genug für mich bereithalten, um zumindest meinen Story-Hunger zu stillen.

World of Warcraft ist nicht perfekt. Aber es ist ein Stück Heimat. Ein Stück Beständigkeit. Etwas, das mich in meinem Leben immer begleitet hat und es hoffentlich noch viele Jahre lang wird. Auf 20 weitere Jahre. Mindestens.

Deine Meinung? Diskutiere mit uns!
15
Gefällt mir!
Kommentar-Regeln von MeinMMO
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
7 Kommentare
Neueste
Älteste Meisten Abstimmungen
Inline Feedback
Alle Kommentare anzeigen
Andy

Ich kann das sehr gut nachvollziehen.
Wir waren letztes Wochenende auf der Hochzeit von zwei Freunden die geheiratet haben und sich in WoW kennengelernt haben, und wir dort Sie.
Was gibt es Schöneres.

Anne-Jane oder AJ

Wollt ihr Spaß derzeit? Geht Mal mit einem char der unter lvl 80 ist korakks Rache, da ist das scaling so verbuggt das ihr 2 Hit seid oder nichts heilt gegen die anderen. Das macht so Spaß!
Als lowie kann ich auch nur die Todesminen empfehlen. Da biste als Tank auch gut drann!
Oder wie wäre es mit anderen, unendlichen Bugs wie bei anduin und der dalaran Netze?
Oder gerne auch bei alten Schlachtzüge bossen die teilweise verbuggt sind.

Sind wir doch Mal ehrlich, Mal ohne die Fan Brille einmal bitte! Wow ist derzeit verbuggt wie nie. Aber Hauptsache es gibt neue Angebote im Shop! Yaaay
Ich schäme mich für wow derzeit, so ein Zustand ist nicht hinnehmbar.

Klaus99

Ich bin ja auch seit dem Anfang von WOW dabei, damals noch mit Minutenabrechnung für ISDN bei der Telekom, und habe bis jetzt auch jede Erweiterung mit gemacht.
Natürlich hat sich das Spiel seit dem verändert und das ist auch gut so. In den Anfängen ging es sehr gemütlich zu. Die Gilde traf sich noch regelmäßig im “Gildenraum” in Eisenschmiede und es wurde einfach nur geredet. Obwohl der Minutentimer erbarmungslos getickt hat.
Auch beim Questen traf man Leute, mit denen man sich abseits hin gesetzt und einfach nur geredet hat. In besonderer Erinnerung ist mir da ein älterer, an Krebs erkrankter Journalist geblieben. Mit dem habe ich mich öfters in WOW getroffen.
Leider zählt jetzt nur noch: Schneller, höher, weiter. Da ich WOW nicht mehr so oft spiele, kann ich da nicht mehr mit halten.

Thragor

Das hast Du ganz toll geschrieben. Echt schöner Artikel 😉

UnreedFL

WoW ist und war immer ein gutes Spiel für mich. Seit dem 4.Oktober 2005 verbringe gerne meine Freizeit im Spiel. Aber leider hat sich das Gefühl im Spiel stark verändert. Und das ist leider die gierige, toxische und alles geht zu langsam Community. Auch die Gilden sind nicht mehr das gelbe vom Ei. Viele sind nur noch zusammengewürfelte Gruppierung um raiden zu können. Diese überleben aber selten 1-2 Patsches oder geschweige ein Addon. Auf Randoms muss man nicht groß eingehen. Aber es gibt natürlich auch positive Erlebnisse. Aber diese werden immer seltener. Das Spiel selber macht momentan vieles richtig aber natürlich nicht perfekt. Wen ich mir was wünschen könnte für das Spiel wäre das die Spieler WoW so spielen würden wie es gedacht ist: Sich im Spiel zusammen tun, Spass haben, Ziele gemeinsam erreichen, Spieler nicht flamen oder beleidigen, keine inis leaven, kein Gilden hopping, den Loot nicht wegwürfeln den man nicht braucht und dann im Chat zum Verkauf anbieten, sich gegenseitig unterstützen und das Spiel natürlich mit einem gewissen Ehrgeiz spielen. Aber für mich ist der Tiefpunkt in WoW nicht schwache Addons sondern die sehr schwache Community.

N0ma

Klingt recht idealisiert. Was man sagen kann, im Vergleich zb mit FF14, könnte WoW mehr machen. Die Geschichte von WoW ist halt auch durch Inkonsequenz gebprägt. Rein in die Kartoffeln, raus…usw. So fehlt dann anscheinend die Zeit Sachen auch mal richtig zu implementieren. Beispiel Mentorsystem. Social war nie der Grundansatz von WoW, eher so Punkt 5.

Passwort vergessen

Bitte gib Deinen Benutzernamen oder Deine Email-Adresse ein. Du erhälst einen Link, um ein neues Passwort per Email zu erstellen.

7
0
Sag uns Deine Meinungx