Steam: In einem neuen Spiel mit 91 % positiven Reviews steuert ihr allein eine Raid-Gruppe wie in WoW – Alle meckern und sind hungrig

Steam: In einem neuen Spiel mit 91 % positiven Reviews steuert ihr allein eine Raid-Gruppe wie in WoW – Alle meckern und sind hungrig

Zwar ist das Strategie-Rollenspiel Wartales schon eine ganze Weile im Early Access auf Steam, aber erst jetzt am 12. April kam der Release mit 1.0. Unser Autor Schuhmann hat Wartales schon in einer frühen Phase gespielt und schaut jetzt zum Release wieder rein. Er sagt: „Seit 30 Jahren wollte ich so viele Charaktere in einen Kampf mitnehmen, wie ich will – Jetzt darf ich das und ich weiß nicht, ob das so gut ist.“ Er vergleicht Wartales damit, eine Raidgruppe in WoW allein zu steuern und zu versorgen.

Was ist die Idee von Wartales? Wartales spielt in einer düsteren, realistischen Fantasy-Welt, in der es keine Drachen oder mächtige Zauberer gibt, sondern Hungersnöte, eine durch Ratten übertragene Pest und Zuwanderungsprobleme.

Ihr spielt keine einzelne Person, sondern leitet eine verdreckte und irgendwie räudige Söldnerbande: Ihr fangt mit 4 Leute an, rekrutiert weitere, werdet so immer mächtiger, aber müsst euch auch um die Bezahlung und Versorgung eurer Leute kümmern.

Eure Söldner müssen es warm haben und satt sein, sonst meckern sie und wehe, der Schurke haut aus Versehen mal dem Krieger mit einer Bereichsfähigkeit aufs Maul – dann ist die Stimmung im Keller.

6 Klassen und 18 Subklassen machen den Kern des Gameplays aus

Das eigentliche Gameplay sind die Kämpfe, die rundenbasiert stattfinden. Hier glänzt Wartales mit seinen z6 verschiedenen Klassen, die alle noch mal je 3 Subklassen haben und sich strategisch angenehm voneinander abheben und unterscheiden: Zwar sind Pikenier und Harpunier dicht beisammen, aber sie erfüllen unterschiedliche strategische Funktionen:

  • Der Pikenier ist eher defensiv und lässt den Gegner kommen
  • der Harpunier steht in der 2. Reihe und versucht, möglichst 2 oder mehr Gegner zu erwischen, die in einer Linie stehen, um sie alle zu durchbohren.

Das ganze System lädt zum Experimentieren ein und fordert euch dazu auf, nach Synergie-Effekten zu suchen.

Magier gibt es nicht, auch keine Heiler. Ihr müsst die Kämpfe so gestalten, dass sich der Schaden eurer Feinde auf eure gut gepanzerten Krieger mit Schild und Plattenrüstung verteilt, während leichte Nahkämpfer, Bogenschützen und Schurken möglichst wenig Schnitte, Stiche und Bisse kassieren.

Wenn eure Söldner sterben, sind sie tot und müssen ersetzt werden. Nach jedem Kampf gilt es, Wunden zu versorgen und Ausrüstung zu reparieren.

Der Sentinel ist ein klassischer Tank, aus dem guten Mann hätte bei Level 2 aber auch ein Berserker oder ein “Executioner” werden können, beide eher Damage-Dealer oder Off-Tanks:

wartales-tank

Wie in einem klassischen Rollenspiel nehmt ihr in einer Taverne Aufträge an und rekrutiert neue Söldner. In Wartales ist alles moralisch grau, ihr könnt den Geflüchteten helfen, in einem neuen Land zu überleben, oder ihr könnt den Einheimischen dabei helfen, die Flüchtlingsplage zu beseitigen.

Die Stärke bei Wartales ist ein großes und mehrteiliges Fortschritts-System. Alles wächst und wird stärker: Eure Söldner, deren Ausrüstung und Fähigkeiten, das Camps, eure Rezeptbücher, sogar eure Ponys werden ständig besser und nützlicher. Das führt bei Wartales zu so einem Effekt, dass man Steam immer mit dem Gefühl, schließt, wieder ein Stück mächtiger geworden zu sein.

waratales-camp
Das Camp ist eng mit dem ausladenden Crafting-Teil von Wartales verbunden. Es wächst immer weiter an: Mehr Leute, mehr Stationen, mehr Ponys.

Früher war alles irgendwie heldenhafter und weniger dreckig

Welchen Spielen ähnelt Wartales? Das grundsätzliche Konzept solcher Taktik-RPGs gibt es schon ewig. Ich hab vor 30 Jahren „Shining Force“ auf dem Sega Mega Drive gespielt: Da war das alles noch viel heldenhafter, aber auch da sammelte man verschiedene Charaktere, die man ins Feld führen konnte, man kämpfte in taktischen Schlachten gegen Feinde.

Modernere Versionen dieses Gameplay gibt es in Battle Brothers, Fire Emblem und den XCom-Spielen. „Mount & Blade“ hat viele Ähnlichkeiten, bietet aber Actionkämpfe.

„Jagged Alliance 2“ gilt als ein Meilenstein dieser Art von Spiele, weil dort viel Wert auf die Persönlichkeit der einzelnen Söldner gelegt wurde. Die Rivalitäten und Freundschaften unter den Söldner verschiedener Nationen sind legendär und bis heute unerreicht. 

Wartales: “Battle Brothers in schön?”

Die meisten vergleichen Wartales aber mit “Battle Brothers in schön”, wie etwa YouTuber HandofBlood schreibt (via youtube). Der Vergleich ist okay, aber es gibt einen wichtigen Unterschied:

  • Bei Battle Brothers ist man frei – man ist in einer Sandbox, wie man sie aus Ultima Online kennt
  • Bei Wartales folgt man einer klaren Story – wie bei einem Themepark á la WoW

Das macht Wartales so einzigartig: Was Wartales so besonders macht: Es gibt keine Einschränkung für die Größe der eigenen Armee.

Normalerweise ist es in all diesen Spielen so, dass der Kader der verfügbaren Einheiten zwar wächst, aber nur 6 oder 12 Leute wirklich an einem Kampf teilnehmen können. Der Rest der Gruppe läuft irgendwie so mit. Bei “Last Eidolons” (Steam, 2022) etwa werden überzählige Charaktere dann irgendwie zu “Helfern” der Leute, die man tatsächlich einsetzt.

Bei Wartales gibt es diese Einschränkung nicht und man kann, wenn man das möchte, wirklich mit 20, 30 Leuten losziehen und jeden einzelnen davon steuern. Auch Ponys können mitkämpfen oder man fängt Wildschweine und Wölfe und nimmt die in den Kampf mit.

So viele Leute zu steuern fühlt sich so an, als leitet man seinen eigenen WoW-Raid, nur ohne Magier und Heiler.

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Er ist ein typischer Schurke, wie man ihn aus WoW kennt. Alles vergiften und zudotten.

Wie ist das denn mit der Balance? Der Spieler muss diese Entscheidung früh treffen:

  • Wenn er „dynamisch“ spielen will, passen sich die Gegner der eigenen Gruppenstärke an. Jeder Söldner, den man rekrutiert, macht auch die Gegner stärker
  • Wenn man aber „fest“ spielen will, bleiben die Gegnergruppen statisch. Beim Kämpfer im Anfängergebiet steht man plötzlich mit 12 erfahrenen Kindern 3 unschuldigen Wölfen gegenüber, die abhauen, sobald man den ersten Wolf erdolcht hat
wartales
Die vielen Quadrate stehen für freie Plätze, auf denen noch mehr eigene Söldner am Kampf teilnehmen könnten.

Wartales erfüllt eine Machtphantasie, aber es ist auch mühsam

Und wie spielt sich das so? Mühsam. Zwar ist die Machtphantasie von einer Söldner-Gruppe, die immer weiter wächst und immer größer und mächtiger wird, reizvoll. Und tatsächlich gibt sich Wartales auch große Mühe dabei, die einzelnen Klassen unterschiedlich zu gestalten und clevere Synergie-Effekte zu erzeugen, der Haken ist aber das Ressourcen-Management im Spiel:

  • Denn jeder Söldner will einmal am Tag ordentlich essen und regelmäßig bezahlt werden

Bei einer großen Gruppe führt das dazu, dass man ständig damit beschäftigt ist, für Nahrungsmittel zu sorgen und Auftrage zu erledigen, damit Geld in die Kasse kommt. Das sind Elemente in dieser Art von Spiel, die es vor 30 Jahren bei Shining Force noch nicht gab. Da gab man das Geld nur dafür aus, bessere Ausrüstung zu kaufen, und Essen war noch kostenlos.

91 % positive Reviews für Wartales auf Steam

Und davon sind Leute begeistert? Ja, mit 91 % hat Wartales wirklich sehr gute Bewertungen. Der Fokus des Lobs liegt vor allem auf den vielen taktischen Möglichkeiten, die der gewaltige Kader liefert und die starke bedrückende Atmosphäre des Spiels.

Starker Fortschritt sorgt für Langzeit-Motivation

So finde ich Wartales: Ganz so begeistert wie viele Steam-Reviews, bin ich nicht, ich würde aber für Genre-Fans eine Empfehlung aussprechen: 35 € sind alleine die Atmosphäre wert, die Story und die sehr guten Kämpfe.

Auf Metacritic steht Wartales gerade bei 78 % – ich denke, diese Bewertung ist fair. Wenn das Spiel noch 1, 2 Jahre weiterentwickelt wird, könnte es in Richtung 85 % gehen.

Die Klassen, die Weiterentwicklung der Charaktere und die Kämpfe an sich finde ich gut. Wie sich das Camp über die Zeit entwickelt, wenn man immer mehr Gegenstände freischaltet und im Camp aufstellt, ist gut gemacht und motiviert. Aus diesen Progress-Elementen wächst der Langzeit-Spaß des Spiels.

Es fühlt sich wirklich so an, als leitet man eine Raid-Gruppe, die mit jedem Kampf stärker wird.

Was mir fehlt, sind die Persönlichkeiten der einzelnen Söldner. Zwar gibt es Perks und rudimentäre Rollenspiel-Elemente, wenn die Helden mal meckern, weil sie zu viel Bergbau betreiben mussten und sich das Abenteuer-Leben “irgendwie abenteuerlicher” vorgestellt haben, aber mit vorgefertigten Helden wie in Jagged Alliance 2 und dem gegenseitigen Hass aufeinander war mehr Pep in den Dialogen.

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Wie einen WoW-Raid alleine zu versorgen

Und das Beschaffen von Futter und Geld für den immer größeren und gefräßigeren Tross von Söldner ist mühsam und sorgt für einen Beschaffungs-Druck, den ich nicht unbedingt brauche. Das Erkunden und Rumstöbern in der Welt, mal wieder zurücklaufen und sich umschauen, fällt flach, wenn man sich ständig darum kümmern muss, genug Salz dabei zu haben, um aus den Wolfskadavern köstliche Wolfswürste zu machen.

Letztlich ist es wirklich so, wie einen WoW-Raid zu leiten, nur dass man ständig gegen Trash kämpft und nebenbei noch in seiner Freizeit farmen muss, um sich die Reparaturkosten des Raids zu leiten. Und wenn man damit fertig ist, muss man noch fischen. Die Leute haben Hunger.

Wie ich mal Raid-Leader in WoW war und was ich fürs Leben gelernt habe

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Björn

Habe zum Release der 1.0.0 gestartet und ist sooo gut! Seit Jagged Alliance 2 nicht mehr im “XCOM-Genre” unterwegs gewesen, aber ist sooo geil!
Dieses Jahr wird eh krass dafür, Jagged Alliance 3 (finally!) wird super und Baldurs Gate 3 wird ein Meilenstein der Gaming-Geschichte…

Toby87

Och maaaaaaaaaaan,
ich hatte beim lesen schon immer Jagged Alliance im Kopf und jetzt lobst du das Wartales auch noch… verdammig.. ich glaube ich werde schwach

Leyaa

Ich habe Wartales aktuell auf meiner Wishlist. Finde die Idee echt cool, aber ähnlich wie im Artikel erwähnt, glaube ich dass dem Spiel 1-2 Jahre Reife noch ganz gut tun würden. Schade, dass es nicht mehr Interaktionen zwischen den Söldnern gibt. Aber das ist für ein Indie-Entwickler(?) vermutlich viel zu aufwändig, die ganzen Geschichten zwischen den Söldnern zu entwickeln, vor allem, wenn es so viele Verschiedene gibt.

Ich frage mich, ob diese Gefühl des ständigen stärker Werdens der Truppe noch gleich bleibt, je nachdem ob man sich dafür entscheidet mit statischer oder dynamischer Stärke/Schwierigkeit zu spielen.

Koop Gameplay würde ich hier echt passend finden, dann kann man sich aufteilen und jeder kann eine gewisse Anzahl Söldner steuern. Das wäre mein großes Wunsch-Feature für Wartales.

VonGestern

Ich möchte noch die Musik sehr lobend erwähnen.
Mich entschleunigt Wartales, so wie es schon lange kein Spiel mehr schaffte. Ein tolles Spiel! Ohne Zauber; mit viel Magie. 😉

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