Ein Jugendlicher brachte sich selbst bei, Spiele zu entwickeln und landete einen viralen Hit auf Steam

Ein Jugendlicher brachte sich selbst bei, Spiele zu entwickeln und landete einen viralen Hit auf Steam

Choo Choo Charles ist ein Spiel auf Steam, in dem Spieler von einem riesigen Spinnen-Zug gejagt werden. Der Trailer zu dem abgefahrenen Horror-Spiel ging 2021 viral, doch was viele nicht wussten: Hinter dem Hype steckte ein junger Solo-Entwickler.

Am 9. Dezember 2022 erschien das Horror-Spiel Choo Choo Charles auf Steam. Das Open-World-Game lässt Spieler eine abgeschiedene Insel erkunden, während sie von einem gruseligen Zug mit Spinnenbeinen gejagt werden.

Hinter dem Spiel steckt der junge Solo-Entwickler Gavin Eisenbeisz, der bereits mit 13 Jahren begann, eigene Spiele zu entwickeln. Wie sich herausstellt, war der virale Erfolg von Choo Choo Charles keineswegs zufällig, sondern genau von Eisenbeisz geplant.

Wie man mit eingeschränkter Bildschirm-Zeit Spiele entwickelt

So fing alles an: Als Jugendlicher begann Eisenbeisz, auf dem elterlichen Computer eigene Spiele zu entwickeln. Statt eine Programmiersprache zu erlernen, nutzte er Blueprints, um Spiele mit der Unreal Engine zu bauen.

2017 veröffentlichte Eisenbeisz sein erstes Computerspiel auf Steam: Behind These Eyes bezeichnet er rückblickend gegenüber dem YouTube-Kanal Noclip zwar als “furchtbares Spiel”, doch es habe ihm “ein paar Hundert Dollar” eingebracht.

Der junge Entwickler veröffentlichte weitere kürzere Titel, die überwiegend dem Horror-Genre zuzuordnen sind und kostenlos auf Steam erhältlich sind.

Seine Eltern unterstützten seine Leidenschaft, doch es gab Einschränkungen: Wie Eisenbeisz gegenüber Noclip berichtet, limitierten sie seine Bildschirmzeit sowie seine “Entwickler-Zeit”. Diese Zeiten habe er jedoch regelmäßig überschritten, um seine Spiele zu testen und zu zocken, verrät sein Vater.

Wie wurde aus dem Hobby eine Karriere? Mit 16 Jahren begann Eisenbeisz die Arbeit an seinem ersten „richtigen“ kommerziellen Spiel, My Beautiful Paper Smile. Das Horror-Spiel handelt von Kindern, die stets lächeln und “perfekt” sein sollen und kommt in einem einzigartigen, handgezeichneten Stil daher.

Doch der junge Entwickler hatte ein Problem: Seine Eltern wollten, dass er sich mit einer ordentlichen Bildung absichert, ehe er sich ganz in die Spiele-Entwicklung stürzte. Eisenbeisz sollte auf die Uni gehen und erst einmal studieren.

Um diese Vorgabe drückte er sich, indem er einen Publisher-Vertrag für My Beautiful Paper Smile unterschrieb – somit war er vertraglich daran gebunden, das Spiel fertig zu stellen und hatte erstmal keine Zeit fürs Studium.

Doch was Eisenbeisz brauchte, war ein Hit, der seine Eltern davon überzeugen würde, dass er mit seinen Spielen kommerziellen Erfolg haben kann. Als My Beautiful Paper Smile am 14. Oktober 2021 erschien, hatte der mittlerweile 20-Jährige daher bereits mit der Arbeit an seinem nächsten Projekt begonnen.

Wie man einen viralen Hit erschafft

So baute er den Hype für sein Spiel auf: Der junge Entwickler begann die Arbeit an Choo Choo Charles bewusst mit dem Ziel, viral zu gehen. Das fing bereits bei dem Design des namensgebenden Antagonisten des Spiels an.

Eisenbeisz erklärt die bekannte Horror-Formel, etwas Süßes und Unschuldiges zu nehmen und es gruselig zu machen. Ihm sei jedoch aufgefallen, dass nicht viele Spiele in dem Genre von Kinderserien inspiriert seien – dabei habe die doch jeder als Kind gesehen.

Er entschied sich für “Thomas, die kleine Lokomotive”, nach eigenen Angaben seine Lieblingsserie als Kind. Der sprechende Zug mit dem freundlichen Gesicht war zu diesem Zeitpunkt bereits Gegenstand zahlreicher Memes, die auch bereits teilweise auf einen gewissen Grusel-Faktor der Lok anspielten.

Inspiriert wurde Eisenbeisz zudem von den Videos des Animators Tom Coben, welcher der kleinen Lok lange Spinnenbeine verpasst und sie als “Thomas the Nightmare Engine” zum Monster gemacht hatte.

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Thomas the Nightmare Engine war eine Inspiration für Choo Choo Charles

Der junge Entwickler hatte also eine grundsätzliche Spiel-Idee und einen Bösewicht mit hohem Wiedererkennungs-Wert und Meme-Potenzial. Innerhalb eines Monats stellte er einen Trailer zusammen, der die Welt des Spiels, einige Gameplay-Mechaniken und natürlich den gruseligen Antagonisten zeigte.

Ging sein Plan auf? Seine Überlegungen zahlten sich aus, als Eisenbeisz den Trailer am 1. Oktober 2021 veröffentlichte und dieser sofort tausende Aufrufe erhielt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch kein Spiel, nur eine Steam-Seite und ein Video, das im Begriff war, viral zu gehen.

Bereits am Tag nach der Veröffentlichung erzielte der Trailer eine Million Aufrufe auf Twitter und Choo Choo Charles landete auf den Wunschlisten tausender Steam-Nutzer. Nun stand Eisenbeisz vor der schwierigen Aufgabe, ein Spiel zu entwickeln, das dem Hype gerecht werden kann.

Wie man in einem Jahr ein Spiel entwickelt

Wie lief nur die Entwicklung von Choo Choo Charles? Um sein Game rechtzeitig fertig zu bekommen, musste der Solo-Entwickler einige Entscheidungen treffen und Abstriche machen. Eisenbeisz erklärt, viele Entwickler würden Features für notwendig halten, die eigentlich nicht so wichtig seien.

Er habe sich stets die Frage gesellt: “Werden die Leute eine negative Bewertung schreiben, wenn ich diese Funktion weglasse? Oder werden sie eine positive Bewertung schreiben, wenn ich sie hinzufüge?” Darüber hinaus habe er nicht allzu viele Extras eingebaut.

Sein Ziel sei es gewesen, die Erwartungen zu erfüllen und ein wenig zu übertreffen, sagt er gegenüber Noclip.

So investierte Eisenbeisz viel Arbeit in die KI des Horror-Zuges, hielt die eigentliche Gameplay-Loop jedoch recht simpel und kurzweilig. Auch bei Punkten wie den Gesichtsanimationen seiner NPCs musste er Abstriche machen.

Eisenbeisz steckte viel Arbeit in das Verhalten von Choo Choo Charles

Welche Probleme gab es? Eisenbeisz berichtet von mehreren Problemen während des Entwicklungs-Prozesses. Schwierigkeiten bereitete ihm etwa Choo Choo Charles, der durch seine Größe und das unebene Terrain anfällig dafür war, ständig stecken zu bleiben.

Zudem musste der Entwickler dafür sorgen, dass der Spieler dem Antagonisten auf der großen, offenen Insel auch begegnet.

Während der Entwicklung habe es außerdem einige Zeitpunkte gegeben, zu denen Eisenbeisz sein eigenes Spiel als schlecht befunden habe. So wurden Konzepte verändert oder verworfen und neue kamen hinzu.

Die letzten Wochen vor Release widmete der Entwickler dann dem Marketing. Er kontaktierte Content Creator, produzierte Videos für seine Kanäle auf YouTube und TikTok und bereitete den großen Moment vor.

Wie man sein Spiel veröffentlicht

So lief der Release: Am 9. Dezember 2022 war es schließlich so weit: Eisenbeisz startete einen Stream, in dem er live die Veröffentlichung von Choo Choo Charles auf Steam teilte.

Entgegen seiner Befürchtungen gab es keine größeren Bugs zum Release (abgesehen von dem riesigen Spinnen-Zug selbst), sodass sich der Entwickler zurücklehnen und beobachten konnte, wie sein Spiel ankam. Das Release-Wochenende verbrachte er damit, sich Playthroughs anzusehen und Reviews zu lesen.

Wie kam das Spiel an? Die Begeisterung von Kritikern hielt sich in Grenzen. Auf Metacritic erhielt Choo Choo Charles einen Score von 56, IGN gab dem Spiel nur 4 von 10 Punkten. Doch das war nie die Zielgruppe, auf die Eisenbeisz es abgesehen hatte.

Der Entwickler beschreibt sein Werk als “Halb Meme, halb ernsthaft.” Es war also für ein Publikum gedacht, das mit dieser Mischung etwas anfangen kann. Und genau bei diesen Leuten kam Choo Choo Charles auch an.

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Fans schufen ein funktionierendes Abbild von Choo Choo Charles

Content Creator wie Markiplier oder der deutsche YouTuber HandOfBlood zeigten das Spiel, letzterer natürlich stilecht in Zugführer-Uniform. Und auch bei den Spielern kam Choo Choo Charles gut an. Auf Steam steht es mit 92 % Empfehlungen auf “sehr positiv”.

Eisenbeisz erklärt: Die Leute, die das Spiel mögen sollten, taten es auch. Die Reaktionen seiner Fans beschreibt er sogar als “phänomenal”. Auf YouTube finden sich zahlreiche Kommentare seiner Abonnenten, die ihn und das Spiel loben.

Er habe sich gefühlt, als sei eine Bombe hochgegangen, sagte der Entwickler in einem Video ein halbes Jahr nach Release. Fans schufen Mods, Lieder, eigene Animationen und bauten den Horror-Zug sogar im echten Leben nach. Das meiste sei ziemlich cool gewesen, so Eisenbeisz. Einige Werke der Fans waren allerdings „fragwürdig“, wie er sagt. Offenbar wird niemand von Regel 34 verschont, auch kein Spinnen-Zug.

Der Solo-Entwickler konnte also beweisen, dass er in der Lage ist, einen viralen Hit zu erschaffen und hoffentlich auch die Sorgen seiner Eltern etwas besänftigen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob er den Hype um Choo Choo Charles für sein nächstes Spiel noch einmal in dieser Form herstellen kann.

Wie geht es weiter mit Choo Choo Charles? Bis auf Weiteres ist Eisenbeisz mit Choo Choo Charles noch gut beschäftigt: Nachdem ihn kleinere Bug-Fixes Anfang 2023 noch auf Trab gehalten haben, wollte sich der Entwickler im Verlauf des Jahres einem Konsolen-Port und einem Content-Update widmen.

In einem Stream von Mitte Juli 2023 erklärte er, dass er derzeit daran arbeite, den Spinnen-Zug auf PS 4/5 sowie Xbox Series X|S zu bringen. Auf einen Zeitraum wollte sich Eisenbeisz noch nicht festlegen, jedoch peilt er vorsichtig das Jahresende für einen Konsolen-Port an.

Bis zu seinem nächsten Spiel werde es noch eine Weile dauern, so der Entwickler. Eine Fortsetzung von Choo Choo Charles schließt er nicht aus, jedoch werden sich die Fans bis dahin wohl noch eine ganze Weile gedulden müssen.

Solo-Entwickler landet Hit mit neuem RPG – Bekommt 90 % positive Reviews auf Steam

Quelle(n): Noclip via YouTube
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