Warum gehen große YouTuber gerade zu Twitch?

Warum gehen große YouTuber gerade zu Twitch?

Im Januar 2024 kündigten gleich 2 bekannte deutsche Gaming-YouTuber an, die Produktion ihrer aufwendigen Videos herunterzufahren und künftig mehr auf Twitch zu streamen: HandOfBlood und Kalle Koschinsky. Grund genug für MeinMMO, sich das einmal anzusehen: Warum wechseln YouTuber auf Twitch?

Was ist die Situation? In den vergangenen Jahren musste Twitch viel Kritik einstecken und verlor einige seiner Top-Streamer.

Doch in den letzten Wochen zeichnet sich plötzlich eine neue Entwicklung ab. Mit Maximilian „HandOfBlood“ Knabe entschloss sich einer der bekanntesten deutschen Gaming-YouTuber im Januar 2024 überraschend zu einem Wechsel auf Twitch. Kurz zuvor hatte der befreundete YouTuber Kalle Koschinsky bereits eine ähnliche Ankündigung gemacht.

YouTube lohnt sich nur bedingt für viele Creator

Was macht Twitch plötzlich wieder attraktiv? Welche Beweggründe die Content Creator letztlich für einen Wechsel haben, dürfte von Person zu Person verschieden sein. So berichtet HandOfBlood in seiner Ankündigung von mangelnder Selbstverwirklichung und schwindendem Spaß beim Video-Dreh. Er habe sich mit den konzipierten YouTube-Videos ein Stück weit selbst verloren – die Zuschauer wollten wieder mehr „Hänno pur“.

Dennoch lassen sich einige Muster erkennen. In der Diskussion taucht eine Aussage immer wieder auf: „Aufwendige Videos lohnen sich nicht.“ Der YouTuber „Jules“ teilte 2023 seinen errechneten Stundenlohn von 5,29 € für die Arbeit an seinen durchkomponierten Videos. Dazu äußerte er den Verdacht, YouTube sei einfach nicht mehr für aufwendige Videos gemacht.

Das liegt auf YouTube unter anderem an dem sogenannten CPM, der angibt, wie viel Content Creator pro Aufruf verdienen. Der Wert ist für jeden Kanal individuell festgelegt und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das führt etwa dazu, dass der deutsche Twitch-Streamer Trymacs unterschiedlich viel mit seinen Kanälen verdient und andere sogar nur Cent-Beträge erhalten.

Diese Art der Monetarisierung macht es für manche Content Creator deutlich schwerer, mit YouTube Geld zu verdienen. Dabei ist es gerade die relative finanzielle Sicherheit, welche die Video-Plattform für viele attraktiv macht. Dieser Sicherheit auf YouTube stand lange eine Kultur auf Twitch gegenüber, die zum ständigen „Grind“ animiert, bis hin zur Selbstausbeutung.

Mittlerweile hat sich aber unter Content Creatorn auch die Erkenntnis breit gemacht, dass der allmächtige Algorithmus jene YouTuber bevorzugt, die regelmäßig neue Videos erstellen – und jene abstraft, die nur selten neue Videos auf YouTube hochladen.

Twitch-Streams liefern „gratis“ Inhalte für YouTube

Was ist dann die goldene Formel? Es kommen also zwei Elemente zusammen:

  • YouTube belohnt jenen, der regelmäßig neue Videos hochlädt
  • Wer sehr viel Zeit in ein einziges Video steckt, hat das Gefühl, nicht dafür belohnt zu werden

Aus den USA ist daher schon seit einigen Jahren der Trend bekannt, dass große Content Creator auf Twitch senden und Ausschnitte ihrer Videos dann per YouTube zweit-verwerten. Streamer wie Asmongold oder xQc begründeten diesen Trend, live auf Twitch zu streamen und auf YouTube nur Ausschnitte hochzuladen.

In den letzten Jahren hat sich dieser Trend immer mehr etabliert, auch durch die sogenannte „Reaktion-Meta“: Twitch-Streamer schauen sich live auf Twitch die Videos anderer Content-Creators auf YouTube, TikTok oder Twitch an und reagieren darauf. Ausschnitte dieser Reactions werden dann auf YouTube veröffentlicht.

Die Streamer haben so das Beste aus beiden Welten: Sie bespielen live Twitch, interagieren mit dem Chat und anderen Content Creatorn, sammeln so Subs oder können ihre Werbedeals unterbringen, bleiben also relevant.

Gleichzeitig können sie regelmäßig Videos auf YouTube hochladen, die ihnen keine weitere Arbeit machen – meist übernehmen Cutter, freiberuflich und angestellt, den Schnitt und das Hochladen der Videos.

Tatsächlich kündigten sowohl HandOfBlood als auch Kalle Koschinsky an, dass sich auf ihren YouTube-Kanälen gar nicht so viel ändern werde. Ersterer lädt auf seinem Zweitkanal „HandOfUncut“ Videos im gleichen Stil wie sonst auch hoch – nur, dass es dabei Aufnahmen aus seinem Stream sind, statt eigens produzierter Videos.

Kalle Koschinsky bespielt seinen YouTube-Kanal ebenfalls weiterhin mit Mitschnitten seiner Streams, für diejenigen Zuschauer, die nicht live dabei sein können oder wollen. Bislang haben diese Videos allerdings deutlich weniger Aufrufe, als seine gewohnten Inhalte. Es bleibt also abzuwarten, ob sich der Wechsel zum „Daily Streamer“ auf lange Sicht auszahlen wird.

Gerade begnadete Unterhalter wie HandOfBlood können so auf ihr Charisma und ihre Fähigkeit zur Improvisation setzen und im Stream live operieren, nutzen und füttern aber weiterhin ihre aufgebaute Reichweite für YouTube für maximalen Profit.

Es ist also kein Zufall, dass gerade deutsche YouTuber jetzt vermehrt auf Twitch wechseln, es ist aktuell das etablierte Geschäftsmodell, das maximale Reichweite verspricht.

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Eschie

Kanns nicht verstehen, Twitch is seit den Änderungen nur noch ne P**** Plattform die sich nur nicht so bezeichnet.

Mittlerweile hat Twitch ein niedrigeres Niveau als Kick Com

Michael Schäfer

Jeder der geht macht Platz für andere. Muss man auch mal so sehen. Und für Informationen ist YT immer besser als Twitch, da man dort nur sinnlos Zeit totschlägt. Und für sowas habe ich als Berufstätiger keine Zeit.

Chuuei

Mich persönlich wundert es eher, warum sie nicht auf YT streamen.

Vieles ist vergleichbar was z.B. Monetarisierungsmöglichkeiten angeht. Man hat mehr technische Möglichkeiten als Streamer bei YT. Einzig der Streamchat mag nicht ganz so viele Optionen bieten. Die Creator würden aber bei der Plattform bleiben können wo sie groß geworden sind und ihr gesamtes Publikum behalten. Vor allem hat man vernünftige VODs aus denen immer noch problemlos Highlights geschnitten werden können und zweitverwertet können. Und YTs Vorschlagsalgorithmus darf man nicht unterschätzen, man kann dadurch unglaublich viel mehr Personen erreichen als auf Twitch.

Gibt ja auch schon große Streamer und Streamerinnen auf YT die das vorleben. Zum Beispiel ist die meistgeschaute Streamerin weltweit (also hours watched) über alle Plattformen – Usada Pekora – auf YT unterwegs und nicht auf Twitch.

MSW112

Zum einen schließt das eine nicht mehr das andere aus (man kann auch auf beiden Plattformen gleichzeitig streamen). Zum anderen ist es nie verkehrt auf mehrere Pferde zu setzen. YT ist mit dem schnell produzierten Content von Twitch ein Selbstläufer für größere Streamer*innen. Sieht man ja auch an diversen Creators, die von z.B. Tik Tok efolgreich Twitch erobern.

Kixing

Viele Creator Kannibalisieren sich eh bald, viele nur noch am reacten und die, die wirklich Kreativ sind bekommen keine Klicks.
Irgendwann ist dann alles durch reactet (also die interessanten videos).

N0ma

Zumindest zum Teil.
Wie ich schonmal sagte, ein Teil der reacts Erlöse sollte dem Original zugute kommen.

marco

die meisten die reacten sind dagegen.
begründen erst sie würden ja mit iren reaction die videos gross machen.
was natürlich totaler unsinn ist.
vielleicht merken sie ja was wenn es nichts mehr zu reagieren gibt.

N0ma

würde das auch gleich als Anbieter (YT) abziehen

p1ddly

Schade, dass die Reactions so viel geklickt werden. Das ist das komplette adaptieren der Marvel Formel auf YT. Das Video musst du gucken, weil da X was über Y sagt. Eine komplette inhaltsbefreite Filterblase. Es ist mir absolut unverständlich, wie diese Art von “Content” so zieht, aber vielleicht bin ich einfach auch zu alt dafür.

Peter Nuhn

Ja, das ist tatsächlich schwierig.

Am Beispiel Josh Strife Hayes/Asmongold kann man das gut sehen.

Asmongold macht ja an sich selbst kaum Inhalte, bis auf ein paar Sachen mit OTK. Und Josh Strife Hayes macht analytische, wirklich kluge VIdeos.

Ich denke, am Anfang waren die Reacts von Asmongold ganz gut für Josh Strife Hayes, weil ihn das einer größeren Masse bekannt machte und er dann vielleicht entdeckt wurde – aber der Effekt lässt dann auch irgendwie nach und du wirst halt zu einer Content Farm für den Multi-Millionär, der sich deinen Inhalt anschaut, 3mal die Augenbrauen hebt und sagt: Genau, so ist es.

JahJah

Den „react“ quatsch versteh ich null, was interessiert es was ein anderer über xy denkt/reagiert, haben die Leute heute so wenig eigenes Leben das einem sowas wichtig ist.

Crofly

Ich kann den Schritt nachvollziehen, dennoch haben die Mitschnitte aus dem stream nicht mehr den selben Charme wie eigenes dafür produzierte Videos. Wie geschrieben, ich kann es nachvollziehen schade finde ich es trotzdem. Ich habe die alten Videos mehr gefeiert. Dieses neue Konzept holt mich persönlich gar nicht ab

Zuletzt bearbeitet vor 3 Monaten von Crofly
marco

reactions und drama bringen aber egal wo die meisten klicks/views.
wenig “arbeit” für mehr geld.
also warum hinsetzen, viel zeit und geld invetieren?

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