Durch WoW Classic verliebte ich mich erneut in lange Level-Phasen

Durch WoW Classic verliebte ich mich erneut in lange Level-Phasen

MeinMMO-Autor Alexander Leitsch hat das lange Mai-Wochenende genutzt, um ausgiebig MMORPGs zu spielen. Dabei hat er eine alte Liebe wiederentdeckt, die man in vielen modernen Spielen kaum noch findet. Was ihn daran besonders fasziniert, erzählt er euch in einer Kolumne.

Das Wochenende um den 1. Mai war regnerisch in NRW und dank Corona gab es für mich sowieso wenig zu tun. Also entschied ich mich dazu, ein Abo für WoW abzuschließen und in Classic reinzuschauen.

Obwohl ich ein riesiger MMORPG-Fan bin, ist meine WoW-Vergangenheit überschaubar. Da ich 2004 zu Zeiten von Vanilla erst 12 Jahre alt war und mir die Abo-Kosten nicht leisten konnte, spielte ich vor allem Guild Wars 1. Dort, und im Nachfolger Guild Wars 2, verbrachte ich viele tausend Stunden Spielzeit.

Nur zu Release von Cataclysm in einem Let’s Play und später zu Legion spielte ich jeweils rund 2 Monate. Doch Retail-WoW konnte mich nie völlig überzeugen. Im August 2019 versuchte ich bereits kurzzeitig WoW Classic zu spielen, doch bedingt durch Arbeit, Urlaub im Ausland und zu vollen Servern brach ich das Projekt schnell ab.

Nun wollte ich es ein letztes Mal wissen: Kann mich WoW irgendwie überzeugen oder bin ich einfach nicht für dieses MMORPG gemacht?

Über den Autor: Alexander Leitsch ist verantwortlich für MMORPGs auf MeinMMO.

Neben den beiden “Guild Wars”-Teilen hat er etliche Asia-MMORPGs, Black Desert, SWTOR und Rift gespielt.

Nur mit WoW ist er über viele Jahre nicht warm geworden.

Langsames leveln ist ungewohnt, aber wunderschön

Mein Neustart in Classic: Aus meinem ersten Versuch hatte ich bereits einen Zwergen-Jäger auf Stufe 12. Mit diesem sollte es weitergehen. In den ersten Quests merkte ich jedoch, dass ich mich auf gar keinen Fall überschätzen durfte.

Während ich in GW2 auch Kreaturen besiegen kann, die einige Stufen über mir sind, bestraft WoW Classic meine Überheblichkeit sofort mit einem Tod. Und das gefiel mir.

Noch mehr allerdings lernte ich mit der Zeit das langsame Leveln zu schätzen. Denn es war genau das Gegenteil von dem, was ich die letzten Monate gemacht habe und es entschleunigte mich ungemein.

Warum war das Leveln für mich besonders? In den letzten Wochen und sogar am 1. Mai selbst habe ich einige Free2Play-MMORPGs ausprobiert, um die Zeit Zuhause zu überbrücken.

Mit dabei waren TERA, das derzeit überraschend viele Updates bekommt, und Lineage 2. In beiden levelte man, für meinen Geschmack, sehr schnell. Zudem habe ich selbst zu Black Desert einen Guide zum schnellen Leveln erstellt, den ich natürlich getestet habe.

Doch gerade in der jetzigen Situation mit Corona ist Geschwindigkeit nicht unbedingt entscheidend, sondern ein gutes Gefühl. Und während ich in Lineage 2 blitzschnell Level 50+ war, hatte ich zu keinem Zeitpunkt ein wirkliches Hoch. Bei WoW Classic war das genau andersrum.

Lineage 2 Event 16. Geburtstag
Lineage 2 feiert derzeit den 16. Geburtstag mit einem Event. Darum hab ich es mir angesehen, doch es konnte mich nicht überzeugen.

Das Glücksgefühl beim Level-Up: Jeder Aufstieg im Level fühlte sich bedeutend an. Ich konnte plötzlich Quests erledigen, die vorher zu hoch für mich waren. Ich konnte neue Talente lernen und regelmäßig ein neues und höheres Gebiet betreten.

Ich hatte total vergessen, dass Level-Ups ein so positives Gefühl auslösen können. Für mich waren sie in den letzten Monaten eher lästig, als schön.

Außerdem hatte die lange Level-Phase auch etwas Erfrischendes: Ich lernte die Leute um mich herum kennen, etwas, was modernen MMORPGs fehlt.

Während der drei Tage am Wochenende traf ich mehrfach auf den gleichen Schurken, mit dem ich erst in Westfall zusammen “Old Murk-Eye” besiegt und später “Jauler” im Rotkammgebirge verhauen hatte. Auch Mitglieder meiner Todesminen-Gruppe liefen mir mehrfach über den Weg. Ein anderer Spieler lud mich nach einer gemeinsam Quest sogar in seine Gilde ein, mit der ich derzeit auf Lucifron unterwegs bin.

WoW Classic Sputti Jäger
Mein Charakter Sputti und sein Tiergefährte.

Über eine Spielzeit von knapp 12 Stunden am Wochenende erreichte ich 14 Level-Ups, hoch bis Stufe 26. Zu keinem Zeitpunkt fühlte es sich nach Arbeit an, was auch daran lag, dass ich keinen Drang verspürte, schnell auf Level 60 zu kommen.

Zum ersten Mal seit meinen Abenteuern in Rift, die ich Ende 2013 nach dem Wechsel auf Free2Play startete, dauerte das Leveln wirklich lange. Und es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht.

Auf langes Leveln wird verzichtet und ich verstehe es

Wie sieht es in modernen MMORPGs aus? Viele MMORPGs, die in den letzten Jahren erschienen sind, verzichten auf lange Level-Phasen:

  • In Guild Wars 2 geht das Leveln auf 80 selbst im ersten Durchgang relativ schnell und wird später durch erspielbare Schriftrollen noch schneller.
  • ESO “verzichtet” auf eine Level-Phase im klassischen Sinne, da sofort der gesamte Content mit Stufe 1 entdeckt werden kann.
  • Black Desert ermöglicht schnelles Leveln in den relevanten Stufen, bleibt nach oben hin jedoch offen, sodass man theoretisch endlos grinden kann.
  • Selbst WoW überarbeitet mit Shadowlands sein Level-System, sodass neue Spieler und Twinks schneller leveln. Nach Tests von MeinMMO-Autor Benedict Grothaus braucht man weniger als 24 Stunden Spielzeit bis Level 60.

Dieser Umstand ist für mich vollkommen nachvollziehbar. MMORPG-Spieler klagen immer wieder über Zeitmangel. Die Zahl der Unterhaltungs-Angebote ist dank Netflix und Co. gestiegen, während gleichzeitig viele ältere MMORPG-Fans inzwischen einen Job und Familie haben.

Doch gerade während der Corona-Zeit fand ich das Leveln in WoW Classic ungemein entschleunigend. Es riss mich kurzzeitig aus dem derzeit eingeschränkten Alltag heraus und bot mir eine gute Alternative zu modernen MMORPGs.

Guild Wars 2 Jumping Puzzle Sputti
Eigentlich kennt man mich und meinen Waldläufer eher aus Guild Wars 2

Bleibe ich WoW Classic treu? WoW Classic macht mir derzeit unheimlich Spaß. Das Leveln und auch die dadurch entstandenen sozialen Kontakte empfinde ich als sehr positiv.

Es ist gut möglich, dass ich nach Corona, wenn ich anderen Hobbys nachgehen und Freunde und Familie wieder regelmäßig treffen kann, mit Classic blitzschnell wieder aufhöre. Dann greift auch bei mir der Zeitmangel wieder.

Doch bis dahin genieße ich die Langsamkeit.

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Weissbier242

Wenn das Endgame wie in GW 2 so viel bietet und das eigentliche Spiel erst los geht, ist das völlig in Ordnung. Da kommt ja ein neues, länger dauerndes Level hinzu durch Beherschungspunkte und Rüstung. Ich bin auch absolut kein Fan von mitleveln in allen Bereichen wie in Eso, das macht einfach viele Sachen in der Levelphase obsolet. In Eso hat Ausrüstung in der ganzen Level Phase keine Bedeutung, spätestens ab dem zweiten Char rennst nur noch mit lehrend Rüstung Rum damit es schneller geht, trotzdem haust alles um ohne Probleme. Ist dann auch total langweilig, weil die Karotte fehlt.

Jona

Ich hab grade wieder mit Life is Feudal angefangen. Ich war die letzten 3 Tage ca. 2 Stunden pro Tag in einer Mine und hab Granit geschaufelt. Das klingt nicht besonders aufregend aber ich hatte ne menge Spass. Warum ? Weil ich in einer Gilde mit 10+ Vollpfosten bin und über Gott und die Welt in Discord gequatscht wird. Und wenn ich doch mal von der Mine weggkomm muss ich aufpassen dass ich nicht in ein witziges Trainingsmatch gerate 🙂

Die Leute sind es die den tatsächlichen Spass in solchen Spielen ausmachen. Das haben wir nur vergessen

In der Levelphase hat man früher die Leute kennen gelernt mit welchen man später das Endgame bestritt. Lange Levelphase = Viele Freunde.

Heute ist das zusammenstellen einer Raidgilde bisschen so, als würde man da Einkommen der Leute (Gearscore) als Basis für seinen Freundeskreis bestimmen.

Eine seltene Erfahrung die ich da lese. Hab nie WOW gespielt.
Aber genieße es mittlerweile regelmäßiger in anderen Spielen mir Zeit für den Content zu nehmen und die Spiele sozusagen “SlowMotion” zu spielen. Und man läuft immer wieder denselben Spielern übern Weg, kommt mir bekannt vor. 😀

Schön dass es dir gefällt. Wünsche dir eine erholsam entschleunigte Zeit beim Wertschätzen. 🙂
Warum abrupt aufhören? Wäre doch schade wenn du Spaß am MMORPG gefunden hast. Spielst du sonst abends nicht ab und zu 1-2 Stunden?

Würde mir sehr wünschen wenn ein oder zwei der nächsten MMORPG’s wieder zurück zu diesem System des “Aufwands” finden. Diese Entschleunigung, nicht immer direkt alles zu können und zu bekommen, ist sehr angenehm. Du hast es sehr schön be- und geschrieben.
Danke dir für den Artikel. 🙂

Such mal nach: Ballroom e Youkoso anime, viel spass

Nicht schlecht. Ich kann zwar nicht Tanzen aber hab schon mehrfach bei Turnieren zugeschaut. Da wird man ne Ecke neidig wie ihr euch bewegen könnt.
Ich hab nur 2-3x die Woche Training, da bleibt nen bissl mehr Zeit fürs Spielen. Deswegen habsch gefragt. Absolut nachvollziehbare Situation. 🙂

Mich hat FF14 erstmal wieder gepackt. Ich fand eine nette Gilde (Eher die mich!) und fühle mich wohl im Spiel. In ESO gefiel mir das Skalieren nicht so und so dachte ich mir, gibt FF14 wieder ein try und was soll ich sagen, ich bin zufrieden 🙂 Mache Housing, wo ich in SWTOR auf den Geschmack gekommen bin (Danke nochmals Jungs) und ich habe sogar wieder etwas Hardcore Exp Grinding gemacht weil ich es aus meiner JRPG Konsolen Zeiten so intus habe, das ich es im Schlaf kenne oder es zur “Entspannung” durchziehe

Ich habe die Ruhe beim leveln genossen, das man nebenbei auch noch die Welt entdecken kann. Da war es mir am Ende dann auch egal dass das leveln seeeeeehr viel länger gedauert hat als erwartet. Es war eine schöne Reise bis Level 60.

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