Schulungen wurden etlichen Arbeitnehmern eines internationalen Wirtschaftsprüfers zum Verhängnis. Sie wollten zu viel auf einmal lernen.
Wofür wurden die Leute entlassen? Die global tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young reserviert intern jährlich eine Woche für Fortbildungen, namens EY Ignite Learning Week
. Während dieser Woche müssen Angestellte des Unternehmens mit Hauptsitz in Großbritannien eine festgelegte Punktzahl durch besuchte Schulungen erreichen. Diese finden online in Form von Web-Seminaren statt, die allerdings live übertragen werden und nicht beliebig später nachholbar sind.
Eine nicht näher bezifferte, zweistellige Zahl von Arbeitnehmern verhielt sich hierbei allerdings aus Sicht ihres Arbeitgebers falsch. Sie traten nicht einer Sitzung bei, sondern besuchten zeitgleich zwei Seminare per Webbrowser. Ernst & Young reagierte nach internen Prüfungen mit einer Beendigung der Arbeitsverhältnisse.
Über den Fall berichten zusammenfassend unter anderem Fortune oder CBSNews. Ursprünglich brachte die Financial Times die Geschichte ans Tageslicht und sprach sowohl mit dem Unternehmen als auch mit den Entlassenen.
Cleveres Multitasking oder betrügerische Nachlässigkeit?
Was wirft Ernst & Young den Gefeuerten vor? Ihnen wird vonseiten des Unternehmens vorgeworfen, gegen den Verhaltenskodex sowie die US-Lehrvorgaben verstoßen zu haben. Ferner äußern sie sich gegenüber der Financial Times folgendermaßen:
Unsere Grundwerte Integrität und Ethik stehen bei allem, was wir tun, im Vordergrund.
Für alle kommenden Fortbildungs-Wochen habe Ernst & Young die internen Vorgaben explizit angepasst. Es dürfe in Zukunft ausdrücklich nur noch eine Sitzung zurzeit angeschaut werden.
Was sagen die Entlassenen? Laut Angaben der Financial Times bestätigen die Gesprächspartner, mehrere Sitzungen auf einmal angeschaut zu haben. Aber sie hätten dabei keinerlei niedere Absichten gehabt, wie ihre Arbeitszeit zu verkürzen, da so Punkte ja rascher angesammelt werden können.
Stattdessen meinten sie, sich vorbildlich zu behalten, indem sie das sonst bei Ernst & Young angeblich gepflegte Mantra des Multitaskings befolgen. Ferner habe sie der Unterrichtsstoff in allen Fällen interessiert und sie wollten keine der parallel laufenden Sitzungen verpassen.
Probleme in der Vergangenheit bei Ernst & Young
Hat der Vorfall eine Vorgeschichte? Wir kennen nicht alle internen Abläufe, aber ein Ereignis aus dem Jahr 2022 wirft ein Licht auf die nachgewiesenen Vergehen von Angestellten. Damals hatten mehrere Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young bei einer Prüfung betrogen, um eine staatliche Lizenz zu erneuern. Das Unternehmen musste deswegen umgerechnet rund 92 Millionen Euro Strafe zahlen, wie Fortune näher erläutert.
Die Branche, in der das Unternehmen tätig ist, erfordert ein hohes Ausmaß an Vertrauen vonseiten des Staates in den Konzern sowie in dessen Angestellte. Es geht alljährlich um Umsätze in Milliardenhöhe und eine Unzahl an Steuervorschriften, die in Amerika und Europa sowie darüber hinaus einzuhalten sind.
Druck durch Arbeitgeber, wieder mehr Zeit im Büro zu verbringen, wird laut einer jüngeren Umfrage unter Chefs zunehmen. Ist das Homeoffice durch Corona auch in Deutschland für viele zur Norm geworden, weist der Wille der CEOs von Weltkonzernen in eine andere Richtung: 80 Prozent aller Chefs wollen moderne Arbeitsmodelle einschränken – zur Not mit Druckmitteln
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Eigentlich müssten die ne Prämie für gute Zeitauslastung bekommen.
Bei Webbinaren reicht nicht selten die Zusammenfassung. 😉