Ein 19-Jähriger sagt, er sei mit 15 durch Glücksspiel-Streams auf Twitch süchtig geworden. Jetzt warnt er andere davor, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie er.
Glücksspiel-Inhalte sind schon länger ein Thema auf Twitch. Kritiker fürchten, dass Zuschauer in die Sucht und den finanziellen Ruin getrieben werden könnten. Content Creator beharren jedoch auf der Eigenverantwortung ihrer Fans und sehen höchstens den Staat in der Pflicht.
Auf Buzzfeed berichtet ein 19-Jähriger nun, wie er über Twitch glücksspielsüchtig wurde und warnt andere.
MontanaBlack war mit Glücksspiel-Inhalten zeitweise einer der größten Streamer weltweit. Später sagte er, er habe das deutsche Twitch damit „verseucht“.
Mit 15 begann er mit Wetten
Wie fing es an? Der anonyme Autor berichtet, dass er zum ersten Mal mit 15 Jahren auf Twitch mit Glücksspiel in Berührung gekommen sei. Das sei durch Streams zu CS:GO gewesen. Der Shooter ist für seine Loot-Boxen bekannt, in denen wertvolle Skins stecken können.
Der damals 15-Jährige habe begonnen, mit digitalen Gegenständen aus dem Spiel zu wetten. Die Links zu den Wett-Seiten seien von den Streamern geteilt worden, denen er zusah. Zu diesem Zeitpunkt habe er unregelmäßig und mit geringen Einsätzen von 5 bis 10 Euro pro Wette gespielt.
Seit der Ankündigung von Counter-Strike 2 erfreut sich das Öffnen von Boxen wieder großer Beliebtheit auf Twitch.
„Streams zeigen kein realistisches Bild“
So entwickelte sich die Sucht: Mit 18 Jahren sei der Verfasser durch Werbung schließlich auf „Casino-Streams“ auf Twitch gestoßen. Content Creator hätten dort Gewinne in Höhe von zehntausenden Euro gezeigt. Da habe er sich vorgestellt, auch so viel Geld zu gewinnen.
Jetzt weiß er: „[Diese] Streams zeigen kein realistisches Bild von Glücksspiel.“
Was macht die Streams so unrealistisch? Streamer, die Deals mit Casino-Seiten eingehen, bekommen wohl Geld gestellt, um damit im Stream zu zocken. Durch die hohen Einsätze können sie entsprechend hohe Gewinne erzielen. Auf diese Weise verzocken manche Unsummen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Die hohen Gewinne seien für junge Twitch-Nutzer wie ihn allerdings gar nicht erreichbar, erklärt der ehemalige Glücksspielsüchtige. Damals habe er das aber verdrängt.
Glücksspiel-Streamer feiern ihre Gewinne oft laut und mit viel Gebrüll, wie hier Kevin „OrangeMorange“ Bongers:
Unbeschreibliche Euphorie bei Gewinnen
Welchen Einfluss hatten die Streamer? Der heute 19-Jährige berichtet, er habe während seiner Ausbildung monatlich 500 bis 600 Euro für Glücksspiel ausgegeben, an einem Abend jedoch auch mal 1.200 Euro binnen einer Stunde.
Ich hatte das Gefühl für Geld verloren, weil ich es nicht in der Hand hielt. Im Online-Casino klickt man nur auf Beträge. Die Euphorie, wenn ich Geld gewann, war unbeschreiblich.
Sein höchster Gewinn seien 4.000 Euro gewesen – davon habe er knapp 3.000 wieder verzockt. In dieser Zeit habe er mehrmals darüber nachgedacht, mit dem Glücksspiel aufzuhören, doch die Casino-Streams auf Twitch hätten ihn motiviert, weiterzuspielen.
So stellte sich die Sucht dar: Schließlich habe er das digitale Glücksspiel gegen ein richtiges Casino getauscht. Einige Monate lang sei er fast jeden Tag hin, dabei habe er eigentlich nach 10 Tagen schon kein Geld mehr gehabt. Zu diesem Zeitpunkt habe er keine Glücksspiel-Streams auf Twitch mehr geschaut, das echte Zocken sei reizvoller gewesen.
Nach außen hin habe er sich nichts anmerken lassen, habe neben dem Fachabi gejobbt, Sport gemacht, Verabredungen eingehalten. Freunde und Familie hätten dementsprechend nichts von der Sucht bemerkt. Doch wenn er mal nicht ins Casino gegangen sei, habe er sich „komisch“ gefühlt.
19-Jähriger befreit sich von der Sucht, trauert um verlorenes Geld
Das war der Wendepunkt: Der 19-Jährige sagt, er habe gemerkt, dass er die Kontrolle verliere. Doch erst, als sein Konto ins Minus rutschte, sei ihm klar geworden, dass es so nicht weitergehen könne.
Wie viel verlor er? In einem Monat soll er nicht mehr als 600 Euro Schulden gehabt haben, was für ihn als Schüler jedoch recht viel gewesen sei. Insgesamt habe der Ex-Süchtige 10.000 Euro mit Glücksspiel verloren. Er warnt andere eindringlich:
Für alle, die auf Twitch unterwegs sind: Schaut keine Casino-Streams – das geht nach hinten los! Und wenn ihr es nicht alleine schafft, herauszukommen: Holt euch Hilfe!
Wie geht es ihm jetzt? Einige Monate vor dem Verfassen des Artikels, welcher am 30. Mai 2023 erschien, habe er mit dem Glücksspiel aufgehört. Die ersten Wochen seien schlimm gewesen, mittlerweile verspüre er kein Verlangen mehr danach, zu zocken.
Auf Twitch, so sagt der 19-Jährige, sehe er sich jetzt nur noch Computerspiele an, den Casino-Streamern folge er nicht mehr. Nächstes Jahr will er mit seinem Fachabi in Wirtschaft fertig sein. Lediglich dem verlorenen Geld trauere er noch hinterher.
Hat sich etwas auf Twitch verändert?
Was sagt er zum „Glücksspiel-Verbot“? Mit „Glückspiel-Verbot“ sind die neuen Richtlinien gemeint, die seit Oktober 2022 auf Twitch gelten, ein richtiges Verbot gibt es nicht. Der 19-Jährige sagt, das sei „totaler Schwachsinn“.
Bestimmte Seiten, wie etwa das umstrittene Online-Casino Stake, dürfen zwar nicht mehr auf Twitch gezeigt werden, das hält die Streamer laut dem ehemaligen Süchtigen jedoch nur bedingt ab: Die würden das Logo der Seite im Stream verdecken und über den Instant-Messaging-Dienst Discord munter weiter Links zu den Seiten verbreiten.
Manche Streamer sind auch einfach auf eine andere Plattform gegangen, auf der das Glücksspiel weniger streng reglementiert wird. Der Chef von Twitch sprach in einem Interview gerade erst selbst über das Verbot:
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Wer nicht komplett unintelligent ist weiß doch, dass man bei Glücksspielen nicht gewinnen kann. Die Gier treibt die meisten Menschen dazu immer weiter zu spielen, bis sie alles verloren haben. Bedenklich ist das Staaten für Glücksspiel steuern kassieren und so an dem Elend der Spieler mitverdienen. Ein komplettes Verbot ist wohl kaum durchsetzbar, aber die Werbung für Glücksspiele sollte verboten werden. Und diese Streams sind ja eigentlich nichts anderes als Werbung. Immer daran denken, das Karma findet es Scheiße, wenn ihr am Elend anderer Menschen Geld verdient.
Klar, wenn man das mal durchrechnet ist es ziemlich logisch.
Allerdings ist das menschliche Gehirn ein ziemlich trickreiches Ding.
Es blendet gern mal negative Fakten wegen der damit verbundenen Gefühle aus.
Den Verlust siehts du dann kaum, nur den Gewinn, auch wenn er viel geringer ist.
Es weiß auch jeder, dass Rauchen und Alkohol auf Dauer schädlich sind. Machen trotzdem viele. Menschen handeln selten rational.
Das hat absolut nichts mit Intelligenz zutun!!!
Vollkommen egal ob und wieviel man auf dem Kasten hat können durchweg einfach fast alle gesunden Menschen durch irgendwelche Traumata schlagartig in Geldnot kommen, Verlust der Arbeit/Unfall/Scheidung/Tot etc… oftchmal sind es gerade diese Menschen die anfangen exzessiv zu werden, egal ob trinken, Drogen spielen etc…
Hauptsache raus aus der Realität und das hat NULL mit Intelligenz zutun, sondern tatsächlich in über 90% der Fälle stecken schwere Schicksale dahinter…
Da denkt kaum noch jemand rational, sondern eher, wie schnell kann ich mich von diesem Gedanken befreien/betäuben…
Im Fall Glückspiel zieht eine Mechanik, die das Eingehen eines Risikos belohnt. Und zwar in dem Moment, wo es eingegangen wird, und nicht erst bei Eintritt eines Erfolgs.
Dieser kleine Kick lässt einen immer wieder den “Spin”-Button drücken, da er genau dann eintritt.. das zu unterdrücken ist nicht so leicht, und für Spielsüchtige schlicht unmöglich.
Dazu kommt der Gedanke, das Verlorene könnte man ja mit nur 1x Glück doch auf einen Schlag zurückhaben.. und dann hört man auf, ganz bestimmt, sicher, versprochen!