Videospiele faszinieren viele Menschen auf der ganzen Welt und sind – in unserem Fall – sogar unsere Arbeit. Wir von MeinMMO haben uns gefragt: Warum spielen wir überhaupt? Zwei Forscher der Universität Konstanz haben versucht, uns diese Frage zu beantworten.
Wen haben wir gefragt? Die Frage “Warum spielen wir eigentlich Games?” beschäftigt uns schon eine ganze Weile. Um sie zu beantworten, haben wir uns Hilfe aus der Wissenschaft geholt: von Doktor Markus Spöhrer und MA Harald Waldrich, die an der Universität Konstanz in den Bereichen Medienwissenschaften und Games Studies arbeiten und forschen.
Doktor Markus Spöhrer gibt seit 2012 Seminare zu Film- und Medientheorie und setzt sich seit einigen Jahren auch für die Games Studies in Konstanz ein. Einer seiner Forschungsschwerpunkte sind Theorien und Methoden des digitalen Spielens. Er ist Mitbegründer der Hochschulgruppe „Gaming Uni Konstanz“ und Mitglied des Forschungs-Porjektes „Mediale Teilhabe“. Er bietet regelmäßig Seminare zum Thema Gaming an.
Harald Waldrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz im Bereich Medienwissenschaften mit Schwerpunkt Gaming. Seit 2018 promoviert er in diesem Bereich, hält Vorträge und Seminare zum Thema Gaming und ist ebenfalls Mitbegründer der Gaming-Hochshulgruppe.
Der folgende Text stammt von MA Harald Waldrich mit Doktor Spöhrer als Co-Autor. Redaktionelle Bearbeitung übernahm Benedict Grothaus. Es wurden Einordnungen zur besseren Übersicht eingefügt, Formulierungen, zum besseren Verständnis, geändert, sowie Bilder eingefügt. Inhaltlich wurde nichts geändert.
Worum es beim Spielen geht
Was haben Battlefield, Schach und Lego gemeinsam? Bei allen drei handelt es sich um Spiele! Auch wenn es sehr viele Unterschiede zwischen diesen Spielen gibt, sind sie sich in ihrem Kern als Spiel doch sehr ähnlich.
Es sind Spiele, die gespielt werden und uns damit zum Spielen bringen und so zu Spielern machen. Es ist eben dieses spielerische Moment, dass allen Spielen, so unterschiedliche diese auch sein mögen, und allen Spielern gemein ist.
Zunächst ist es hierbei egal, welchen Zweck das Spielen erfüllt und welchen Wert und Ansehen es gesellschaftlich erfährt. Es geht einzig und allein um die Tatsache, dass wir alle spielen. Spielen verbindet uns, es verbindet Jung und Alt, es verbindet Fremde, es verbindet Freund und Feind.
Warum ist das so? Was ist dran am gemeinsamen Spielen, dass uns über Stunden fesselt und uns die Zeit vergessen lässt? Warum haben Spiele so eine Wirkung auf uns, dass sie uns frustrieren oder euphorisieren können? Diesen Fragen wollen wir auf den Grund gehen.
Was ist Spielen überhaupt?
Eine Definition von „Spielen“: Spielen ist viel mehr als reine Unterhaltung zum Zeitvertreib. Spielen ist ein Prozess und eine Dynamik die uns Menschen innewohnt. Spielen ist ein Teil von uns. Ein Bedürfnis wie soziale Kontakte, Zuneigung, Essen und Trinken.
Bereits Friedrich Schiller reflektierte das Spielen und seine Funktionen für den Menschen. Er kam hierbei zu dem Schluss: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Bei Schillers Aussage geht es vor allem um die Freiheit im Spielen, die wir alle erfahren können. Auch, wenn Spiele durch Regeln und Spielfelder klar definiert und begrenzt sind, sind unsere Taten im Spiel befreit von den Konsequenzen in der alltäglichen Lebenswelt.
So definieren Wissenschaftler „Spielen“: Dieser Meinung war auch der niederländische Anthropologe Johann Huizinga, der mit seinem Buch ‘Homo Ludens’ („Der spielende Mensch“) einen wichtigen Beitrag zur Spieltheorie leistete.
Er beschreibt unter anderem den häufig zitierten Zauberkreis (engl. magic circle), in welchen sich die Spieler begeben und in welchem sich dann das Spiel vollzieht. In diesem Zauberkreis gibt es eigene Regeln und Ziele. Unsere Handlungen werden durch eben dieses Spielfeld bestimmt und dienen keinem Zweck außerhalb des Spiels, sie erhalten ihren Sinn innerhalb des Spiels, wodurch wir als Spieler von äußeren Zwängen befreit werden.
Jedoch geht Huizinga mit seinem Buch noch einen Schritt weiter. Bereits mit dem Titel stellt er ein ganz bestimmtes Menschenbild vor. Der spielende Mensch (Homo ludens) steht im direkten Kontrast zu dem arbeitenden (Homo oeconomicus) und schaffenden Menschen (Homo faber).
Für Huizinga ist Spielen eine grundlegende Eigenschaft des Menschen und der gesamten Kultur. Das heißt, dass wir uns nach Huizinga überall da wo Kultur ist, im Spiel befinden. Kultur ist wiederum überall da, wo Menschen sind. An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu Schiller. Wo gespielt wird, ist der Mensch Mensch und wo der Mensch Mensch ist, wird gespielt.
Was bedeutet das? Das mag an dieser Stelle alles etwas verwirrend und kompliziert erscheinen. Wir wollen versuchen diesen Punkt nochmal mit anderen Worten zu erklären. Spielen ist eine eigenständige Art und Weise der menschlichen Existenz.
Es ist eine eigene Dynamik und Kategorie, die uns innewohnt und die wir in allen Bereichen unseres Lebens wiederfinden. Hierbei geht es in erster Linie darum, dass die spielerische Dynamik den Raum für eine Bewegung eröffnet.
Diese Bewegung wird zwar geprägt durch bestimmte Regeln, jedoch ist das zentrale Moment des Spielens die Offenheit und die Möglichkeit das etwas unvorhergesehenes passieren kann.
Trotz allen Statistiken und Berechnungen, hätte niemand damit gerechnet, dass Brasilien sieben zu eins gegen Deutschland im Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft vor heimischem Publikum verliert.
Warum spielen wir nun?
Das ist das Interessante am Spiel: Es ist eben diese Offenheit des Spielens, welche auch ein sehr produktives Potential birgt, aus welchem Neues hervorgehen kann. So können im Spielen neue Spiele entstehen, sowie sich der spielende Mensch stets weiterentwickelt und neues Lernen kann.
Es ist wohl auch genau dieser Aspekt, warum Kinder bei jeder Gelegenheit mit Spielzeug überhäuft und unter stolzen Augen der Eltern und Großeltern beim spielen beobachtet werden. Wenn Kinder spielen ist das gut, da sich das positiv auf Ihre Entwicklung auswirkt.
Bei Erwachsenen wird das wohl außer Acht gelassen und im weitesten Sinne negativ konnotiert, denn wer Zeit zum Spielen hat, der Arbeitet nicht. Da stellt sich nur die Frage, nach der angemessenen Begründung dieses Urteils.
Das Besondere am Spiel: Warum sollen sich erwachsene Menschen nicht mehr entwickeln und nicht mehr spielen? Spielen ist etwas einzigartiges. Es ist ein Phänomen an dem wir Teilhaben können, das uns Mensch sein lässt und die Möglichkeit gibt, einzigartige Dinge zu tun.
Spielen ist Freiheit und Entwicklung. Es umfasst alle Facetten unseres Seins. Spielen überrascht uns, kann uns zu großen Taten bewegen und motiviert uns, weiterzuspielen und weiterzumachen. Hieran lässt sich ein weiterer wichtiger Aspekt von Spielen beobachten, welchen wir zum Schluss noch kurz erklären möchten.
Warum motivieren uns Spiele dazu, weiterzuspielen?
So ködern uns Spiele: Bei Spielen kann man sich die Fragen stellen: Ist ein Spiel, das uns motiviert, ein gutes Spiel? Warum funktioniert die Spirale aus „Looten und Leveln“ so gut und sorgt dafür, dass wir hunderte Stunden in manche Games investieren?
Eine mögliche Antwort hierauf bietet die „Flowtheorie“ des emeritierten Psychologie-Professors Mihaly Csikszentmihalyi. Die Flowtheorie beschreibt „Flow“ als einen Zustand, in den wir geraten, wenn sich unsere Herausforderungen und mit unseren Fähigkeiten decken und bewerkstelligen lassen.
Sind die an uns gestellten Aufgaben zu hoch für unsere Fähigkeiten resultiert daraus Frustration. Andererseits dürfen die entsprechenden Herausforderungen aber auch nicht zu leicht sein, werden unsere Fähigkeiten nicht gefordert, resultiert daraus Langeweile, was letzten Endes auch zur Frustration führt.
Darum spielen wir immer weiter: Es gilt also besagten Flow zu erreichen. Ein Spieler im Flow ist dazu verleitet, weiterzuspielen, denn erhält eine genau so große Belohnung, wie für seine Fähigkeiten angemessen. Er fühlt sich bestätigt.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Csikszentmihalyi die Flowtheorie nicht als Spieltheorie entwickelt hat, sondern auf das Leben von Individuen anwendet. Die Theorie hat jedoch im Laufe der Jahre auch viele Verfechter innerhalb der Game Studies und der Gaming Industrie gewonnen und beschreibt recht gut, was uns am Spielen so begeistert.
Als Quintessenz ziehen wir aus dem Text von Doktor Spöhrer und Herrn Waldrich, dass …
- wir spielen, weil wir auf eine gewisse Art und Weise dafür belohnt werden.
- wir spielen, weil der Mensch beim Spielen befreit und kreativ sein kann.
- wir spielen, weil es schon im Kindesalter bei uns gefördert und akzeptiert wird
- “gute Spiele” genau so viel Herausforderung bieten, wie wir bewältigen können und uns das motiviert.
- wir spielen, weil wir damit unser Urbedürfnis befriedigen können, mit anderen sozial zu interagieren
Hat Euch der Artikel gefallen?
Nun die Frage an Euch: Fandet Ihr diesen wissenschaftlichen Artikel interessant und wollt Ihr vielleicht mehr davon lesen? Oder ist das Ganze überhaupt nicht euer Fall? Stimmt ab!
Wenn Ihr die Umfrage nicht sehen könnt, folgt diesem Link zur Abstimmung.
Gerne hören wir auch in den Kommentaren, über welche Themen ihr gerne noch mehr erfahren wollen würdet.
Wenn ihr euch jetzt noch mehr Lust auf’s Spielen bekommen habt, haben wir hier ein paar Empfehlungen:
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https://www.youtube.com/wat…
Super Artikel, Danke dafür!
Tjoa, ich leite den Artikel dann mal an meine Frau weiter^^
Muss ich zum glück nicht meine spielt einfach mit ^^
so: https://en.wikipedia.org/wi…
der typ auf dem Bild oben sieht nicht wirklich aus wie ein Doktor …
jo, so sind Muster und Vorurteile
Prestige und Reputation sind halt nicht für jederman was
Horizont erweitern! ????
Ich finde schon, dass der wie ein Doktor aussieht. Zumindest im technischen Bereich sehen die alle so aus ^^
Selbstversuch 😀