„Jede Freundschaft beginnt mit einem Kill“ – Warum das MMORPG EVE Online auch nach 20 Jahren noch begeistert

„Jede Freundschaft beginnt mit einem Kill“ – Warum das MMORPG EVE Online auch nach 20 Jahren noch begeistert

Im Mai 2003 ging das MMORPG EVE Online zum ersten Mal ans Netz. Das ist mittlerweile über 20 Jahre her und genau das feierten die Entwickler gemeinsam mit den Fans auf dem Fanfest 2023 in Island. Unser Autor Mark Sellner war dabei und der Frage auf der Spur, was das Spiel auch nach 20 Jahren noch so richtig macht, dass tausende Leute täglich gebannt dabei zusehen, wie ihre Schiffe zerstört werden.

„EVE Online ist nicht nur ein Spiel, es ist eine Community und eine Gesellschaft für sich alleine“. Mit diesen Worten leitet CCP Hellmar, CEO von EVE, die Abschiedszeremonie des Fanfests ein. Erst zwei Tage zuvor landete ich in Island und durfte mir eine Führung durch die Gebäude der Entwickler anschauen.

Direkt über dem Eingang thront der Schriftzug „Wir erschaffen virtuelle Welten, die bedeutungsvoller sind, als das echte Leben“. In den rund 48 Stunden dazwischen, hatte ich viel Zeit, um mir Vorträge und Analysen anzusehen, und um mit Fans zu sprechen. Ich wollte herausfinden, warum die Weltraum-Sandbox EVE Online auch nach 20 Jahren noch begeistern kann.

Denn dass sie das noch tut, ist keine Frage. Über 1.200 Fans und 250 Entwickler reisten zum größten Fanfest, das EVE jemals feiern durfte, nach Island. Sogar der Präsident von Island selbst Guðni Th. Jóhannesson hielt eine Rede, um die Weltraumhelden von EVE Online zu begrüßen.

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EVE ist bekannt für riesige Schlachten, Bösewichte, Verrat, Intrigen und … Freundschaft?

Ich berichte hier auf MeinMMO schon seit geraumer Zeit immer wieder über EVE Online und die Storys, die in der Community dort passieren. Dabei geht es meist um geniale Pläne, um andere zu hintergehen und ihnen zu schaden.

Egal, ob ein Dieb 20.000 € mit Ingame-Aktien erbeutet, tausende Euro in nur 13 Stunden verloren gehen, weil sich über 6.000 Spieler gleichzeitig die Rübe vom Kopf schießen, oder ob eine Gilde 10 Monate investiert, nur um eine riesige Spielerorganisation zu stürzen. Geschichten sind in EVE so zahlreich wie Sterne am Himmel.

Autor

  • Mark Sellner

    Mark Sellner ist seit Juni 2021 als MMORPG-Autor bei MeinMMO zugange. Dabei hat er in zahlreiche Titel des Genres mehrere tausend Stunden investiert. Aktuell ist er hauptsächlich in Lost Ark und Guild Wars 2 unterwegs.

    @finallyfallen

Oft steht dabei das „Fiese“ und „Böse“ im Vordergrund, doch auf einer kleineren Ebene steckt mehr dahinter. Denn das Geheimnis von EVE Online sind die Freundschaften, die es erschaffen kann. Dabei gehen die Entwickler von CCP sogar so weit, EVE eine „Freundschafts-Maschine“ zu nennen. Und obwohl sich einige der Zuschauer schon hunderte Male im Spiel abgeschossen haben, scheinen alle zuzustimmen.

Auf der Bühne beginnt ein CCP-Mitarbeiter seinen Vortrag mit den Worten „Jede Freundschaft in EVE beginnt mit…“ und die Menge ruft geschlossen: „einem Kill“. Später erklärt mir ein Fan, dass viele Kontakte damit beginnen, dass man als neuer Spieler von einem Veteranen kaltblütig abgeschossen wird.

Häufig kommt es dabei jedoch vor, dass dieser einen danach anschreibt und erklärt, warum man gerade abgeschossen wurde. Manche gehen dabei sogar so weit und ersetzen das zerstörte Schiff. Auch so beginnen Freundschaften in EVE Online, und davon nicht zu wenige.

Rund 72 % der EVE Spieler, die das MMORPG mehr als 10 Stunden gespielt haben, geben an, mindestens einen neuen Freund im Weltraum gefunden zu haben. Diese Statistik präsentieren die Entwickler stolz, denn sie macht das Spiel besonders. Zwar setzen viele MMORPGs auf Community, doch selten funktioniert das so erfolgreich, wie in den Weiten von New Eden.

Dieser starke Fokus auf die Community und die Spieler, wird in vielen Entscheidungen klar, die die Entwickler treffen. Ganz getreu dem Motto „Wenn wir es nicht machen, macht ihr es sowieso. Also werden wir es machen“, so Creative Director CCP Burgur im Deep-Dive zu EVE Vanguard.

Die Liebe zu Community wird spätestens dann deutlich, wenn einem im Herzen Reykjavíks, der Hauptstadt von Island und Hauptsitz von CCP, die riesige EVE-Statue auffällt. Sie wurde zum 20-jährigen Bestehen erweitert und trägt die Namen aller EVE-Piloten auf sich, die jemals eine Omega-Mitgliedschaft hatten. Im Verlauf der letzten 20 Jahre kommen dabei Hunderttausende Namen zusammen.

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Egal, ob Tyrann oder Papst, auf dem Fanfest gehört man zusammen

Einige Spieler vor Ort, mit denen ich gesprochen habe, sind von Anfang an dabei. Das ist nicht überraschend, denn die durchschnittliche Anzahl an Spielstunden der Fanfest-Besucher beträgt lockere 7.600, wie mir CCP verrät.

In all dieser Zeit formen sich feste Gesellschaften in der Community, die durch prägende Menschen geformt wird. Mit dazu gehört das jährliche gewählte „Council of Stellar Management“, in welchem Spieler 12 andere Spieler wählen dürfen, die dann für ein Jahr mit den Entwicklern zusammenarbeiten, um die richtigen Entscheidungen für EVE zu treffen.

Doch auch weniger spielentscheidende Figuren hat die Community selbst erschaffen, wie zum Beispiel den Space-Papst Max Singularity. Er ist eigentlich aus einem Meme entstanden, steht aber nun für Zusammenhalt in New Eden. Das geht sogar so weit, dass er auf dem Fanfest 2018 ein Spieler-Paar verheiratete.

Space-Pope Max Singularity auf dem Fanfest 2023 (Foto: Roger Sieber)

Auf der anderen Seite des Spektrums sind Personen wie The Mittani bekannt in der Welt von EVE Online. Er führte mehr als 10 Jahre lang eine der mächtigen und bösesten Gruppierungen von New Eden in die Schlacht. Doch egal, ob gut oder böse, beide dieser Persönlichkeiten, die exemplarisch für viele weitere stehen, formen die Welt und die Spieler von EVE Online.

Ich kannte die meisten dieser Geschichten, bevor ich auf dem Fanfest ankam und ging, nach so viel Rivalität unter den Gruppierungen, davon aus, dass das auch vor Ort ähnlich laufen würde. Doch ich wurde überrascht.

Zwar trugen die meisten Fans vor Ort Erkennungszeichen, wie Clan-Wappen oder Farben, doch spätestens am letzten Abend lag sich sinnbildlich jeder in den Armen und feierte sich selbst, die anderen und das Spiel an sich.

Ich wurde Zeuge davon, wie Mitglieder verfeindeter Corps und Entwickler selbst gemeinsam sangen und Spaß hatten. Die „Freundschafts-Maschine“ scheint also tatsächlich zu funktionieren. Auch, wenn eine Freundschaft in EVE häufig damit beginnt, vom anderen abgeschossen zu werden.

Langjährige Freundschaften formen sich auch bei den Entwicklern. Wer länger als 10 Jahre dabei ist, bekommt ein eigenes Schwert im HQ der Firma (Foto: Roger Sieber)

Mehr Macht den Spielern, neue Games im Universum von New Eden und der Grundstein für neue Freundschaften

Auch ich würde behaupten, mehr als ein paar neue Freunde durch das Fanfest gefunden zu haben. Egal, ob andere Autoren vor Ort, begeisterte Spieler, die ihren Kindern zur Geburt ein eigenes EVE-Konto anlegen, oder Entwickler. Ich habe mit vielen gesprochen und mich nachhaltig vernetzt, und das, obwohl ich mit dem eigentlich Spiel an sich kaum in Berührung kam.

In Zukunft soll das dann sogar noch leichter werden. Denn die Ankündigungen auf dem Fanfest sprechen dafür, dass EVE sich noch breiter aufstellen und noch mehr Menschen erreichen möchte. Ein Teil davon wird die neue Erweiterung Havoc, die den Fokus darauf legt, den Spielern noch mehr Macht und noch mehr Freiräume zu bieten.

Auch der Shooter im EVE-Universum, Vanguard, könnte die potenzielle Zielgruppe für das MMORPG erweitern. Denn die bisherigen 20 Jahre scheinen, wenn es nach den Entwicklern und Fans geht, erst der Anfang zu sein.

EVE Online lässt euch endlich so richtig böse sein – Trailer zur neuen Erweiterung Havoc

In den Reden und Vorträgen sprechen Entwickler häufig vom „nächsten und übernächsten Jahrzehnt“, statt vom nächsten Jahr. Man möchte sich darauf fokussieren, gute Fundamente für die Zukunft zu bauen und gemeinsam etwas zu erschaffen, das größer ist, als jeder einzelne, so CEO Hilmar.

EVE soll „für immer“ bleiben. Dass es zumindest das Potenzial dazu hat, habe ich selbst spätestens dann gemerkt, als ich vor Ort mit Fans sprach, die jünger sind als EVE Online selbst. Um das zu erreichen, möchte CCP das Universum von EVE Online auch über Vanguard und EVE selbst hinaus vergrößern.

Mit Galaxy Conquest geht in diesem Sinne bald auch ein neues 4X-Mobile-Spiel in New Eden (via CCP) an den Start und selbst ein Brettspiel wurde auf dem Fanfest vorgestellt.

Ist die Community also das Geheimnis hinter 20 Jahren Erfolg? So sehen es zumindest die Entwickler. Und nicht nur die: Wissenschaftler setzen im Rahmen von EVE’s Project Discovery auf die Community, um in der Forschung in Sachen Krebs und Covid weiterzukommen, und das erfolgreich.

Sogar eine Museumsausstellung über die Geschichte der Community von EVE soll bald in Madrid öffnen, wie auf dem Fanfest angekündigt. Die Ausstellung selbst wird dabei ebenfalls von den Spielern organisiert.

Ich habe nach den 3 Tagen in Island am eigenen Leib erfahren, dass die Community und die Möglichkeiten, die ihnen gegeben wird, EVE Online erfolgreich machen. Das MMORPG selbst ist dabei nur das Gerüst für das, was die Spieler erschaffen. Und dem sind praktisch keine Grenzen gesetzt. „Die einzig wahre Sandbox“, wie es ein Fan im Gespräch mit mir bezeichnet. In diese die Entwickler mit Tools und Erweiterungen immer mehr Sand schütten können.

Wie seht ihr das? Habt ihr selbst schon einmal Freunde in EVE Online gefunden? Seid ihr selbst seit 20 Jahren dabei? Was glaubt ihr selbst, steckt hinter der Faszination von EVE? Schreibt es uns gerne in die Kommentare hier auf MeinMMO.

MMORPG EVE Online macht Scherz zu Excel-Tabellen zur Realität – Und alle Spieler lieben es

Quelle(n): CCP, Fotos: Roger Sieber
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