Vampires Dawn war die große Liebe, wegen der ich selbst Spiele entwickeln wollte

Vampires Dawn war die große Liebe, wegen der ich selbst Spiele entwickeln wollte

MeinMMO-Dämon Cortyn schwelgt etwas in den Erinnerungen der Vergangenheit und berichtet von einem Spiel, das langfristige Folgen hatte – perfekt für die Find Your Next Game: Love Edition.

Wie wir alle zu unserer „Gaming-Liebe“ gekommen sind, ist bei jedem anders. Meine Kolleginnen und Kollegen haben das bereits in einem sehr emotionalen Video zusammengefasst, was mich letztlich zu diesem Artikel hier inspirierte.

Ähnlich wie unser Toffi habe ich auch Final Fantasy IX damals geliebt. Ich hatte selbst keine PlayStation, aber ein Freund – und hatte ihn an seinem Geburtstag davon überzeugt, sich von seinem Geburtstagsgeld das Spiel zu kaufen. Zum Glück hat er es nicht bereut.

Doch richtig „eingetaucht“ in die Welt der Spiele bin ich ganz anders, nämlich über ein Spiel, das keinen großen Publisher hatte und sogar nur in deutscher Sprache existierte.

Einige der Älteren von euch erinnern sich vielleicht noch an die „Bravo Screenfun“. Das war eine Zeitschrift, in etwa wie die „Computerbild Spiele“ – nur eben in cool. Auf einer der Heft-CDs lag damals das Spiel „Vampires Dawn“ bei, begleitet von einem sehr langen Workshop-Artikel zum „RPG-Maker 2000“.

Vampires Dawn Titelbild
Allein dieses Titelbild zu sehen, macht mich noch heute nostalgisch.

Vampires Dawn erzählt die Geschichte von drei Vampiren, nämlich Asgar, Alaine und Valnar. Bis zum Start der Handlung war Valnar ein Mensch, der von Asgar zum Vampir gemacht wird und ihm künftig dienen soll. Valnar hasst Asgar allerdings und sieht sich selbst noch immer mehr als Mensch, während sein Erschaffer darum bemüht ist, Valnar langsam an sein Dasein als Vampir zu gewöhnen und ihm die Menschlichkeit auszutreiben. Alaine wiederum ist die Verlobte von Asgar und ebenfalls ein Vampir. Sie versucht die Konflikte der beiden immer wieder zu schlichten, auch wenn das oft nicht gelingt.

Ich will gar nicht zu sehr auf die Story eingehen, denn die solltet ihr selbst erleben. Das ursprüngliche Vampires Dawn hat zwar „Pixelgrafik“, die an das Niveau der früheren Final-Fantasy-Teile erinnert, doch das macht den Charme aller RPG-Maker-Spiele aus.

Wie in einem JRPG reist man durch die Welt, bekämpft Feinde, lernt neue Fähigkeiten und kann mehrere Entscheidungen treffen. Die Welt strotzt nur so vor Nebenaufgaben und hat einen recht erwachsenen Charme, der mir schon damals gefallen hat. Blut und Gewalt ist – wenn auch in Pixelgrafik – auf dem Niveau von Witcher und auch eher „fragwürdige“ Themen wie Hinrichtungen, Bordelle und Machtmissbrauch sind Thematiken des Spiels.

Vampires Dawn Asgar Talking Screenshot
Zimperlich ging es in Vampires Dawn nicht zu. Da wurde gerne geköpft, halbiert oder Köpfe halbiert.

Ich war begeistert von der Spielwelt und den Möglichkeiten. Nicht nur konnte man die Welt mit Dutzenden Städten und versteckten Orten frei bereisen, sondern auch unheimlich viele Entscheidungen treffen. Fast jeden NPC im Spiel konnte man nach Wunsch aussaugen, töten oder einfach in nützliche Gegenstände verwandeln. Wer wollte, konnte eine ganze Stadt auslöschen, um sich selbst daran zu bereichern.

Die Implikationen waren groß. Denn wenn man einen Charakter tötete, konnte der natürlich später keine Nebenquest mehr anbieten. Was heutzutage in Spielen wie Skyrim oder Witcher III schon fast zum Alltag gehörte, war für mich damals unglaublich interessant. Auch dass Vampires Dawn mehrere mögliche Enden hatte, die von den Entscheidungen des Spielers abhingen, war damals noch eine Seltenheit.

Klar, in einigen Punkten ist Vampires Dawn ein bisschen schlecht gealtert. So gibt es durchaus ein paar „Grind“-Passagen, in dem man eine Weile lang Mobs farmen muss; wie es eben in JRPGs der damaligen Zeit üblich war. Auch kann man nicht immer speichern, sondern muss dafür eine begrenzte Ressource ausgeben – ebenfalls eine Entscheidung, die man heute wohl nicht mehr so treffen würde.

Ich habe zwar schon vor Vampires Dawn gerne Spiele gespielt, doch kein Spiel davor oder danach hat mein Interesse für „Games an sich“ so geweckt.

Vampires Dawn war ein “1-Mann-Projekt” – Das wollte ich auch

Was mich damals fasziniert hat und es noch heute tut: Vampires Dawn wurde im Alleingang von Alexander „Marlex“ Koch erschaffen. Für mich war die Vorstellung komplett überwältigend, dass eine einzige Person mit dem RPG-Maker in der Lage war, ein Spiel zu bauen, in das man mehrere Dutzend Stunden investieren konnte.

Morgens in der Schule nutze ich die kurzen Pausen (und die ein oder andere Stunde Geographie, Deutsch und Religion), um in meinem College-Block Karten von Häusern und Städten zu zeichnen, die ich später am Nachmittag dann in den RPG-Maker übertragen konnte. Ich überlegte mir, wie die Story in einem Dorf verlaufen sollte, welche Nebenquests es gab, welche Belohnungen und Geheimnisse. Zuhause angekommen stürmte ich förmlich an den PC. Während ich mich von Rammstein und den Ärzten beschallen ließ, arbeitete ich Stunde um Stunde am RPG-Maker.

RPG Maker VX Ace Screenshot
Ein Screenshot aus dem “moderneren” RPG-Maker VX Ace. Der “RPG-Maker 2000” war noch deutlich unübersichtlicher.

Es war ein Ausmaß an Euphorie und Tatendrang, den ich davor von mir nicht kannte und auch danach selten wieder erlebt habe. Es hielt über Wochen und Monate. Ich opferte selbst die geliebten Sommerferien, um mehr und mehr über den RPG-Maker zu erfahren und langsam besser zu werden.

YouTube gab es damals noch nicht, oder zumindest nicht in dem Umfang wie heute. Wenn ich also etwas lernen wollte, das ich nicht verstand, dann musste ich „Vampires Dawn“ von meinem Idol Marlex in den RPG-Maker laden und mir anschauen, wie der „große Meister“ das gemacht hatte.

Ich habe Stunden und Tage das Spiel durchforstet, habe mir abgeschaut, wie NPCs unterschiedliche Dialoge haben, was „Switches“ und „Variablen“ können, wie man eigene Zauber-Effekte erschaffen konnte und wie man mit übergroßen Pixel-Bildern verschiedene Helligkeitseffekte anwenden konnte. Marlex war mein großer Lehrmeister, auch wenn er das nie wusste und wohl nie erfahren wird.

Manch einer könnte nun sagen, dass ich weit über ein Jahr verschwendet habe. Immerhin wurde mein eigenes Spiel niemals fertig. Es hatte zwar schon eine Spielzeit von rund 10 Stunden, bestand aus über 400 verschiedenen Karten – scheiterte doch an meinen unrealistischen Vorstellungen.

Jung, naiv und übermotiviert wie ich war, wollte ich natürlich ein Spiel machen, das noch größer war – und mir letztlich über den Kopf wuchs. Schlimmer noch: Da ich mich über Monate immer mehr verbesserte, merkte ich, dass die Qualität meines Spiels drastisch schwankte.

RPG-Maker Gathering in the Forest Map

Die ersten Karten und das Intro des Spiels waren von so unterirdischer Qualität, dass ich eigentlich hätte von vorne anfangen müssen. Auf der einen Seite war das unglaublich erfüllend zu erkennen, wie krass ich mich verbessert hatte. Doch auf der anderen Seite war das Projekt, das ich eh schlecht geplant hatte, so noch größer geworden und es verlief sich irgendwann im Sande.

Mit vielen Jahren Abstand denke ich heute: Beim Nether, die ersten Stunden meines Spiels sind schrecklich gewesen. Voller Klischees, voller hässlicher Karten und schrecklicher Dialoge. Niemand sollte das je zu Gesicht bekommen. Doch auf die späteren Spielstunden bin ich noch immer stolz. Ich sehe noch heute, wie stark ich mich in etwas verbessern kann, wenn ich mich richtig reinknie.

Die Zeit damals hat auch geholfen, bei mir mehr Verständnis für Entwickler und Bugs zu entwickeln. Wie leicht das Beheben eines Fehlers an einer ganz anderen Stelle einen neuen Fehler hervorruft, merkt man mit dem RPG-Maker alle paar Minuten.

Außerdem konnte ich mein Können im RPG-Maker Jahre später noch verwenden, um für meine Pen&Paper-Gruppe kleine Videos zu erstellen, welche die Abenteuer der letzten Spielrunden immer wieder parodierten und nochmal ins Gedächtnis riefen. Die Videos haben ebenfalls einen extrem hohen “Cringe”-Faktor – und sind doch unvergessliche Erinnerungen für mich.

Aber bevor ich noch weiter abschweife, will ich den Kreis langsam schließen. Vampires Dawn und mein daraus resultierendes Interesse am RPG-Maker hat mich und meine Liebe zu Games nachhaltig geprägt und in weiten Teilen überhaupt erst geformt. Seit Vampire’s Dawn bin ich neugierig darauf, mehr zu erfahren, wie Spielwelten erschaffen werden und wie Mechaniken aus Entwicklersicht funktionieren. Ich liebe es, eigene Geschichten zu erzählen und Storys zu erschaffen, was mich letztlich auch zu meiner Leidenschaft für Rollenspiel – egal ob Pen&Paper oder in einem MMORPG – geführt hat.

Vor einigen Jahren ist sogar der 3. Teil von Vampires Dawn auf Steam erschienen – knapp 2 Jahrzehnte nach dem ersten Spiel.

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Ich muss gestehen, dass das vollkommen an mir vorbeigegangen ist. Aber nachdem ich davon erfahren habe, wurde das Spiel sofort gekauft. In meinem nächsten Urlaub werde ich es garantiert durchzocken, um noch einmal in das Universum von „Marlex“ einzutauchen und herauszufinden, wie der Krieg zwischen Menschen und Vampiren mit jeder Menge Pixelblut in die nächste Runde geht.

Indirekt verdanke ich Vampires Dawn: Reign of Blood sehr viel. Ich weiß nicht, ob ich ohne Vampires Dawn heute den Beruf hätte, den ich habe – oder ob mein Interesse an Spielen noch immer so groß wäre, hätte der RPG-Maker nicht eine solche Anziehungskraft auf mich gehabt.

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Scathach

Wow, das weckt so viele Erinnerungen. Ich erinnere mich auch an einer der Melodien direkt am Anfang als man aus dem kerker flüchtete und im Dorf mit Asgar rumlief. Das war die Melodie von FRaz – Warten auf dich, nur etwas langsamer 😀 . Habe beide Teile Inhaliert und lade die mir auch gleich wieder runter (sind kostenlos zurverfügung). Den 3. Werde ich mir zeitnah direkt kaufen.

Danke für den Beitrag, lass sich toll. Ich habe auch damals Karten, Monster und Quest erstellt. Nur nich mit dem RPG Maker sondern TibiaMaker. 😀
Ach ja.~ 8)

Danny85

Tipp: Auf vampiresdawn.org Forum Fanprojekte findest du die verschiedenen Special Editions von VD1 und 2. Schönen Abend nu und viel Spaß🙂

Danny85

VD1 bekam ich auch über die Screenfun damals. 5 Jahre später kam ja dann VD2. Aber was ist jetzt? Kurz vor der Veröffentlichung von Vampires Dawn 3 überschlugen sich die Ereignisse in der Form das es plötzlich ein Remake vom 2 Teil gab (VD2-Everlasting Blood)und vom ersten Teil eine Special Edition, die dann kurz darauf durch eine Aysha-Special Edition Everlasting Reign stark erweitert wurde. Wobei man sagen muss dass die Special Edition durch die zwei Schwierigkeitsgrade (normal und Schwer) wirklich noch Mal eine Steigerung der Schwierigkeit von VD1 ist. Der Vorteil der Special Edition ist jedenfalls dass man jedenfalls nicht mehr so grinden muss wegen den vielen unsichtbaren Gegnern die sind jetzt sichtbar man kommt um sie Rum. Die Quests geben dafür mehr Erfahrungspunkte. Das schöne bei der Ayshaedition ist das jedenfalls das man nun rausfinden kann was passiert währe wenn Aysha nicht verrückt geworden währe und das ist extrem cool gemacht worden. Auch Everlasting Blood istgut gemacht hat allerdings auch eine sehr lange Spielzeit über1200 Maps) aber ist extrem kurzweilig. Und jetzt nach VD3 gibt es eine Entwicklerin die für die ersten beiden Teile einen Mod entwickelt hat bei der man Zuneigungspunkte für Alaine sammeln kann und viele neue Quests und auch eine neue Stadt jeweils besichtigen kann. Coole Sache jedenfalls.

Fluffy-Lord

Your Reputation with Cortyn has increased to Best Friend. 😀
Ich glaube ich habe immernoch sehr viele halbe/unfertige Spiele vom RPGmaker 2000 auf der Platte. Das erinnert mich ebenfalls an früher, ich habe gefühlt unendlich Zeit darein investiert aber nie etwas beendet. Wie du schon so schön schreibst, war man jung und hatte das Gefühl, man muss das nächste AAA Spiel entwickeln. War trotzdem ein sehr schöne Zeit. RIP Squarenet und die alten Foren wer sie noch kennt 😀

wickleind

Schön das solche Spiele auch mal ihre Anerkennung bekommen 🙂
Wurde ja nur von ihm selbst alles programmiert, also so wie bei Stardew Valley.

Und gerade bei solchen Spielen merkt man das Herzblut reingesteckt wurde!
Als Kind war ich zwar ziemlich oft lost und wusste nicht was abgeht, was ich machen soll, usw. Aber hab das als Erwachsener dann nachgeholt und die Story war schon echt gut finde ich 🙂
Vielleicht sollte ich die Teile auch mal wieder spielen, aber die Zeit fehlt leider 😀

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Agravain
Alexthecat

Screenfun war damals eine Goldgrube für solche Spiele, Vampires dawn war eines meiner ersten wirklich eigenständig gezockten games, hab sogar zum Silber farmen damals heimlich den PC angelassen. 😅

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Alex
homestriker

Witzig. Ich bin auf gleichem Wege zu diesem Spiel gekommen. Das war einfach so unglaublich gut gemacht. Ich habe es so sehr geliebt und war genauso Motiviert mich am RPG-Maker zu versuchen…allerdings mit weit mäßigerem Erfolg 😂
Das weckt erinnerungen.

Meine Tochter verdankt dem Spiel übrigens ihrem Namen 😁

Fluffy-Lord

Hoffentlich hast du nicht Asgar genommen 😅

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