Doki Doki Literature Club – Grausiger Psycho-Horror in niedlicher Tarnung

Am letzten Tag des Spiels gehen wir wieder alleine zur Schule. Bei Sayori ist das Licht noch aus – wenig verwunderlich. Vermutlich will sie nach der Aufregung gar nicht zur Schule, also lassen wir sie.

Im Club angekommen erwartet uns bereits Monika, die nicht so begeistert darüber ist, dass wir ohne Sayori auftauchen. Immerhin brauchen wir doch alle Mitglieder, um für das Fest vorbereitet zu sein. Außerdem war es doch irgendwie ziemlich gemein von uns, oder nicht? Monika bringt es auf den Punkt:

„Du hast Sayori heute morgen ziemlich hängen gelassen, nicht wahr?“

Mit einem miesen Gefühl im Magen kehrt man also noch einmal zurück und betritt Sayoris Zimmer.

Doch Sayori ist tot. Sie hat sich erhängt und ihre Leiche baumelt von der Decke des Zimmers. Dazu spielt eines der einprägsamsten Musikstücke, das ich in den letzten Monaten zu hören bekam.

Auch unser Charakter bricht zusammen und realisiert, dass er Sayori niemals glücklich machen kann. Niemals. Niemals. Niemals.

“Das hier ist kein Spiel, bei dem ich neu anfangen kann und etwas anders machen kann.”

Und dann ist das Spiel mit einem „ENDE“ auf dem Bildschirm vorbei. Ich war verwirrt und geschockt. Hatte ich etwas falsch gemacht? Hätte ich Sayori doch die Liebe gestehen sollen, um das zu verhindern? Gab es vorher Hinweise, die ich übersehen habe? Ich könnte einfach neu laden und eine andere Entscheidungen treffen …

In der Abschlussgrafik fällt mir ein Fehlercode auf. Genaue Hinweise zum Fehler wären in einer Textdatei namens „Traceback.txt“ hinterlegt. Also minimierte ich das Spiel und suchte den Ordner von Doki Doki Literature Club auf. Mir fällt direkt eine Datei ins Auge: „hxppy thxoughts.png“ Die alleine sieht schon gruselig aus:

Doch auch die „Traceback.txt“ ist unheimlich. Es ist ein langes Log, in dem beschrieben wird, wie das Spiel Dateien aus sich selber löscht. Dazwischen findet sich jedoch die Zeile:

„Oh je, ich hoffe, ich habe nichts kaputt gemacht! Einen Moment, ich kann das bestimmt beheben… Ach, weißt du was? Das wäre bestimmt viel leichter, wenn ich sie einfach lösche. Sie ist eh die, die das Ganze hier so schwierig macht. Ahaha! Auf geht’s!“

Ich tabbe wieder ins Spiel. Das Spiel kehrt zum Titelbildschirm zurück und scheint „verbuggt“ zu sein. Auf dem Titelbildschirm ist Sayori nicht mehr zu finden, stattdessen eine wilde Mischung aus Pixeln, die einem unschönen Grafikkartenfehler gleicht.

Doch kurz darauf kommt der zweite Schock: Sämtliche Spielstände sind gelöscht!

Der Button für „Neues Spiel“ ist ebenfalls kaum noch leserlich. Ist das noch Teil des Spiels?

Die wahre Geschichte von Doki Doki Literature Club

Offenbar ist es das. Denn wenn man nun ein „neues Spiel“ beginnt, dann ist der Start anders als zuvor. Es ertönen Störgeräusche und die Handlung wandelt sich. Es gibt keine Sayori, die uns am ersten Schultag begrüßt. Der Club besteht nur noch aus drei Mitgliedern und alles ist, als wäre Sayori niemals Teil des Spiels gewesen.

Diesen Schock verdrängt man nach einer Weile und wiederholt das Spiel. Wieder schreibt man Gedichte, doch immer wieder tauchen die Störgeräusche auf und merkwürdige „Bonusgedichte“ erwecken den Eindruck, als wäre es nicht die Geschichte, die wir erleben – sondern das Spiel, das uns als Spieler beeinflussen will.

Hier soll meine Erzählung auch enden. Doki Doki Literature Club ist eine schaurige Erfahrung, die mitunter sehr düstere Themen aufgreift. Trotz dieses Textes und der Spoiler bin ich der Meinung, dass das Spiel noch immer eine sehr wertvolle Erfahrung ist, selbst wenn man bisher gelesen hat. Es steckt so viel mehr drin, als ich in diesen Zeilen schreiben kann.

Abschließend kann ich nur sagen, dass Doki Doki Literature Club eine Psycho-Horror-Erfahrung war, wie ich sie so schnell wohl kein zweites Mal erleben werde. Ein Spiel, das aus der Ferne betrachtet verdammt oberflächlich ist und sich dann als vielschichtiger und ungeheuer gruselig erweist und sogar eine Art „Meta-Spiel“ eingebaut hat, bei der man die Ordner des Spiels auf Dateien untersuchen muss, ist einfach eine grandiose Idee.

Ich will mehr davon. Auch wenn ich denke, dass so etwas einzigartig bleiben wird.

Wer zu Halloween ein schönes Spiel will, das den Grusel auf eine ganz andere Art erzeugt, der sollte sich Doki Doki Literature Club noch heute anschauen. Es ist nämlich umsonst.