Die Vorfahren von WoW und FFXIV stammen aus den 70ern und 80ern – so fing es mit den MMORPGs an

Die Vorfahren von WoW und FFXIV stammen aus den 70ern und 80ern – so fing es mit den MMORPGs an

Das Genre der MMORPGs fasziniert und begeistert seit Dekaden Millionen von Spielern. In einem mehrteiligen Report beleuchtet MeinMMO-Redakteur Karsten Scholz die Wurzeln, den Werdegang sowie die Zukunft der Online-Rollenspiele. Teil 1 dreht sich um die Pioniere der MMORPGs.

Klären wir zuerst die Grundlagen, damit auch die Games-Begeisterten mitkommen, die noch nie ein Online-Rollenspiel gezockt haben. MMORPG steht für „Massively Multiplayer Online Role-Playing Game“, also ein Rollenspiel, das euch in eine persistente Online-Welt führt, in der sich eine große Zahl anderer Spieler herumtreibt.

Der Begriff „persistent“ ist dabei mit Vorsicht zu genießen, da er vor allem meint, dass die Spielwelt, mit ihren Inhalten und Herausforderungen, weiterhin existiert, auch wenn ihr offline seid. Die Persistenz geht jedoch nur in Ausnahmefällen so weit, dass ihr zum Beispiel einen Gegenstand in der Welt platzieren könnt und wenn ihr später zurückkommt, ist dieser immer noch da.

Es begann mit … Dungeons

Wenn Spieler heutzutage über die Anfänge des MMORPG-Genres diskutieren, fallen schnell Titel wie Meridian 59 und The Realm Online aus dem Jahr 1996 oder Ultima Online, das 1997 erschien. Die Wurzeln der Online-Rollenspiele liegen jedoch viel tiefer, und zwar bei den sogenannten MUDs.

MUD steht für Multi-User-Dungeon und damit sind Spiele gemeint, die es mehreren Abenteurern gleichzeitig gestatten, irgendeine Art von Dungeon oder virtueller Welt unsicher zu machen. Das erste seiner Art, MUD1, entstand Ende der 1970er. Der Fokus lag hier noch auf der sozialen Interaktion. Bis zu 36 Spieler konnten gleichzeitig spielen.

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In den 80ern gewann das neue Genre deutlich an Popularität, als bezahlbare Heimcomputer im Handel erschienen. Gleichzeitig kamen die ersten kommerziellen Projekte auf den Markt.

Zu diesen gehört etwa der textbasierte MUD Sceptre of Goth, der auf dem beliebten Pen&Paper-Rollenspiel Dungeons & Dragons basierte, bis zu 16 Spieler gleichzeitig in die Dungeons warf und sogar PvP möglich machte. Kostenpunkt: knapp drei US-Dollar die Stunde.

Island of Kesmai nutzte die ASCII-Darstellung, die auch bei Klassikern wie Rogue zum Einsatz kam.

Ein weiterer kommerzieller Multi-User-Dungeon kam 1985 heraus und hört auf den Namen Island of Kesmai. Das Spiel bot

  • eine Charaktererstellung (mit Wahl von Klasse, Abstammung und Geschlecht)
  • einen Chat-Room
  • eine virtuelle Welt, in der sich bis zu 100 Spieler gleichzeitig tummeln konnten
  • fünf Regionen mit 62.000 Orten
  • etwa 2.500 Kreaturen sowie NPCs
  • über Quests konnte man sich Belohnungen erspielen
  • das Spiel nutzte ASCII-Grafiken, um Spielercharakter, Grenzen der Welt, Gegner und Loot darzustellen

Interessierte konnten Island of Kesmai über den Online-Service von CompuServe erleben, für etwa zwölf US-Dollar pro Stunde. Jap, es waren andere Zeiten.

Avalon: The Legend Lives
Im Jahr 1989 erschien dieses textbasierte Online-RPG von Yehuda Simmons, das bemerkenswerte Systeme für Wirtschaft, Landwirtschaft und Jobs besaß. Obendrauf kam eine von den Spielern gesteuerte Regierung, mit Ministern und Wahlen, aber auch Eroberungskämpfe, in denen ganze Legionen, Schützengräben, Minenfelder und Befestigungen zum Einsatz kamen.

Kurzum: Der Entwickler hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine glaubhafte Welt umzusetzen, in der Spieler ein virtuelles Leben führen können (via Wikipedia). Avalon: The Legend Lives war damit eine Weiterentwicklung von Habitat aus dem Jahr 1986, das in eine vergleichbare Kerbe schlug.

Dungeons & Dragons mal anderes

Der nächste, wichtige Meilenstein für das Genre der MMORPGs kam im Jahr 1991 von Branchen-Veteran Don Daglow, der allerlei Klassiker wie Dungeon (1975), Utopia (1981), Amnesia (1986) oder auch Stronghold (1993) in seiner Vita stehen hat.

Der durfte mit seinem Studio Stormfront ein neues Spiel für das Universum von Dungeons & Dragons entwickeln, und das Ergebnis war Neverwinter Nights, das heute als das erste grafische MMORPG gilt (nicht verwechseln mit Neverwinter Nights aus dem Jahr 2002 von Bioware).

Ein Nachfahre im Geiste von Neverwinter Nights – das MMORPG Neverwinter Online:

Während sich „Neverwinter“ auf die Stadt Niewinter aus dem D&D-Universum bezieht, war das „Night“ eine Anspielung darauf, dass der Online-Service von AOL (und damit auch das Spiel) erst einmal nur nachts und an Wochenenden verfügbar war – aufgrund der hohen Kosten für die Miete der seinerzeit verfügbaren Telekommunikationsleitungen.

Neverwinter Nights nutzte die altehrwürdige Gold-Box-Engine von SSI (bekannt für Eye of the Beholder, Stronghold), besaß aber einen Mehrspielermodus, durch den es möglich war, mit anderen Spielern Gruppen zu bilden, gemeinsam Quests zu erledigen und sich sogar zu Gilden zusammenzuschließen. Die Kämpfe liefen in einer Art Echtzeitsystem ab und es gab einen Chat, um sich abzusprechen.

Das Neverwinter Nights aus 1991 bringt Grafik in den Mehrspielerspaß.

Zuerst unterstützte AOL eine Kapazität von 100 gleichzeitig aktiven Spielern. Aufgrund der hohen Nachfrage musste dieser Wert jedoch auf 500 angepasst werden – wodurch Neverwinter Nights die bis dato bevölkerungsreichste Online-Erfahrung bot. Warteschlangen gab’s dennoch, die sich AOL durch die minutengenaue Verbindungsgebühr vergolden ließ.

Das erste Crafting in einer Online-Welt

Als Rauskicker aus der Ära der MMORPG-Pioniere haben wir noch Legends of Future Past aus dem Jahr 1992 für euch. Der kommerzielle Multi-User-Dungeon wurde nicht mehr nur über einen Online-Dienst wie CompuServer angeboten, sondern auch über dieses neue Ding namens Internet.

Legends of Future Past ist aber noch aus zwei weiteren Gründen erwähnenswert. Das Spiel von NovaLink bot erstmals ein richtiges Crafting-System in einem Online-Spiel. Abenteurer konnten Rohstoffe wie Erze, Felle und Kräuter sammeln und aus diesen Waffen und Rüstungen bauen oder Gegenstände verzaubern.

Darüber hinaus gab es erstmals überhaupt bezahlte Gamemaster, die Events organisierten, Einsteigern halfen und die Community unterstützten.

Im zweiten Teil unseres Reports steigen wir mit den 3D-MMORPGs ein, die den modernen Platzhirschen den Weg geebnet haben. Einen ersten Ausblick auf das, was kommt, findet ihr hier: 12 MMORPGs, die WoW den Weg bereitet haben und immer noch spielbar sind

Quelle(n): Games on the Net Before the Web, Part 2: MUD, Games on the Net Before the Web, Part 3: The Persistent Multiplayer CRPG, History of massively multiplayer online games
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Jalidon

Ein schöner Artikel. Doch da merke ich das ich woll zum Älteren gamer durschnitt zählen. Mir fehlt da etwas herzblut in Artikel bzw da fehlt der zeitgeist Zeuge. Weil grade uo und lord britisch finde ich spielten eine grosse Rolle und ohne dies gebe es sicher nicht eq. Wow etc. Wie wir es kennen. Diese Entwicklungen fehlen mir irgend wie in den Artikel die bis jetzt erschienen sind. bis jetzt jedenfalls. .
Belegen kann ich das nicht und persönlich bin ich da sicher sehr emotional geprägt. Denoch danke für eure Arbeit.

Aranita

Schade, dass ihr Abermud (und seine Derivate) vergessen habt zu erwähnen. Ich habe das jahrelang gespielt.

lrxg

Schöner Artikel und für mich fast ein wenig nostalgisch. Ich bin mir nicht sicher, aber sind die Figuren auf dem Coverbild aus irgendeinem AD&D-Buch?

Wiggleman

Hast teilweise Recht! Es ist von AD&D, aber kein Buch, sondern wirklich vom 1991 Neverwinter Nights Spiel 😀 Ist auch auf dem Wikipedia Eintrag von dem Game zu sehen, auch wenn es für das Cover etwas zugeschnitten ist.

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