Warum können die Hüter nicht aufhören Destiny zu spielen? In einem Artikel vor einigen Jahren beschreibt der jetzige Kopf der Forschungsabteilung von Bungie Methoden, um Spieler ans Game zu fesseln und nennt hier Beispiele aus Laborversuchen mit Ratten und Schimpansen.
In 2001 erschien auf Gamasutra, einer Seite, die sich vor allem an Entwickler richtet, ein Artikel von John Hopson darüber, was im Kopf der Spieler bei Belohnungen und Ausbleiben von Belohnungen vorgeht. Heute ist Hopson „Head of user research at Bungie Studios“ und damit wahrscheinlich der Typ, der genau weiß, wie die User in Destiny ticken und wie man sie dazu bekommt, am Spiel zu bleiben. Der Artikel ist deshalb so besonders, weil er einen offenen Blick in die Denkprozesse auf der “anderen” Seite des Bildschirms erlaubt.
Der Artikel zeigt dabei, wie viel Forschung und Aufwand betrieben wird, damit die Spieler gar nicht aufhören können, das Spiel zu zocken – und welcher Wissenschaft man sich dabei bedient. Und wie die jüngsten Zahlen belegen, scheint Destiny diese Formel perfektioniert zu haben. In den Kritiken taucht häufiger der Satz auf: Destiny habe Probleme, aber trotzdem spiele man es jeden Tag. Der Grundstein dafür könnte vielleicht schon vor mehr als zehn Jahren in dem Artikel zu finden sein.
Als Grundlage des Artikels dient eine Form der Verhaltenspsychologie, die vor allem an Tieren wie Ratten, Schimpansen und Tauben entwickelt wurde. Entstanden sei sie, als dem Experimentator Futterkügelchen ausgingen und er sich entschloss, um den Weg in die Stadt zu sparen, entschloss, die Ratten nur noch bei jedem zehnten Mal zu belohnen, wenn sie den Schalter drückten. Dadurch entstanden einige interessante Resultate. Kommt Euch bekannt vor?
Hier einige weitere Auszüge aus dem Artikel:
Bei einem Experiment waren zwei Tauben in einem Käfig, eine war angebunden, die andere konnte sich frei bewegen. Alle 30 Sekunden wurde Futter in den Käfig gelassen. Die freie Taube konnte es erreichen, die festgebundene nicht. Die freie Taube aß fröhlich alle 30 Sekunden das ganze Futter. Nach einer Stunde hörte das Futter auf und die freie Taube checkte alle 30 Sekunden den Futterausgang. Als ihr klar wurde, dass kein Futter mehr käme, griff sie die andere Taube an.
Das Interessante ist: Die festgebundene Taube weiß gar nicht, wie das Futter schmeckt. Die freie Taube hat keinen Grund anzunehmen, dass die andere Taube dafür verantwortlich ist, dass das Futter aufhört. Die Frustration ist irrational, aber vorhanden.
Ein Schimpanse drückt einen Schalter und bekommt etwas Salat, den er dann isst und ganz gerne mag. Bei einem zufälligen Drücken des Schalters kommen Trauben heraus, auf die er wirklich steht. Beim nächsten Drücken kommt wieder ein Salatblatt. Das verärgert den Schimpansen und er wirft den Salat auf den Experimentator.
Eine Ratte erhält in unregelmäßigen Abständen einen kleinen Stromschlag. Der lässt sich für 30 Sekunden vermeiden, wenn die Ratte einen Hebel drückt. Die Ratte lernt schnell den Hebel in regelmäßigen Abständen zu betätigen, damit der Schlag ausbleibt.
Scheint als hätte Bungie eine gute Formel gefunden, um Belohnung, die Pause zwischen den Belohnungen und das Ausbleiben der Belohnung in eine funktionierende Balance zu kriegen.
Nur um das klar zu stellen: Es liegen 13 Jahre zwischen dem Artikel und heute. Und sicher nutzen andere MMOs auch Erkentnisse aus der Verhaltenspsychologie, die nunmal an Tieren erforscht wird, um ihre MMOs und Belohnungs-Systeme zu designen. Nur bei Destiny klappt es wohl noch etwas besser als anderswo.
In nicht völlig unzusammenhängenden News … hier ist ein Spieler, der 50 Engramme decodiert:
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Man kann davon ausgehen, dass solche Experimente nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Wer die psychologischen Mechanismen der menschlichen Natur vollends verstanden hat, der hat die Kontrolle darüber. Die Spiele heutzutage sind doch erst der Anfang. Wartet mal ab, was da noch kommen wird in 20-30 Jahren, hehe.
Heute sind Computerspiele bei Menschen über 50 weitgehend verpönt, weil die bürgerliche Nachkriegsgeneration im Zuge des Wirtschaftsbooms der 60er noch voll auf den protestantischen Ethos abfährt, der ihnen den materiellen Wohlstand gebracht hat. Sie vertrauen auf die Demokratie in den Industrienationen, ohne zu begreifen, dass die Einführung der Menschenrechte und der freiheitlichen Verfassungen keine Errungenschaft menschlicher Bewusstseinsentwicklung sind, sondern lediglich ein scheinheiliges Zugeständnis, um den Unterjochten die Illusion der Freiheit durch hedonistische Selbstverwirklichung unterzujubeln, ermöglicht über den enormen Effienzgewinn durch technologische Innovationen.
Der menschliche Geist in seiner egozentrischen “Haben-wollen”-Orientierung ist nach wie vor tiefstes Mittelalter, und wird mit der globalen Durchsetzung des Konkurrenzprinzips auch weiterhin in diesem Zustand gehalten. Dachte nun im Umkehrschluss etwa irgendjemand, dass in den pseudo-kommunistischen Diktaturen jemals so etwas wie ein sich seinen Neigungen und Begierden vollständig gewahrseiendes Bewusstsein entstehen könnte? Wer im Kapitalismus mit engelshafter Geduld und Beharrlichkeit systemkonform zurechtkorrumpiert wurde, wurde hinterm eisernen Vorhand kurzerhand weggemeuchelt.
Wofür die meisten, die sich im Wettbewerb hochgekämpft haben, völlig blind sind, ist das Faktum, dass es einen gewissen Kreis von Menschen gibt, die schon seit vielen, vielen Jahrzehnten (und womöglich noch viel weiter zurückreichend, manche Dissidenten gehen sogar bis in das feudale Zeitalter zurück) vollkommen losgelöst von diesem Wettbewerb sind. Diese Menschen profitieren permanent, egal wer im Wettbewerb und in den daraus hervorgehenden Kriegen gewinnt oder verliert. Wer glaubt, dass diese Menschen einfach nur noch mehr Geld wollen, ist naiv. Jeder weiß, wie großartig es sich anfühlt, Macht über Menschen zu haben. Was wäre die größte Befriedigung solchen Machtstrebens, wenn nicht die Kontrolle über das menschliche Bewusstsein selbst?
Viele, vor allem diejenigen, die ihr Glaubensbekenntnis dem von Kapitalinteressen geleiteten Wissenschaftsapparat gegeben haben, sind nach wie vor der Ansicht, dass alles was sie sehen, Resultat der menschlichen Natur ist. Egal wie schlimm die humanitären Katastrophen noch werden mögen, für diese Menschen werden sie stets notwendig und naturgegeben sein. Was diese Menschen ebenfalls nicht sehen wollen, ist der Tatbestand, dass das wissenschaftliche Selbstverständnis des gewöhnlichen bürgerlichen Bewusstseins unserer Zivilisation auf den Theorien von Darwin, Russell, Smith und Konsorten begründet ist. Hat irgend jemand geglaubt, dass das Wissenschaftssystem anders funktionieren würde als das Ökonomische? Der Wissenschaftsapparat ist natürlich ebenso von der Nutzenkalkül-Logik präformiert, wie das bürgerliche auf Wettbewerb getrimmte Bewusstsein selbst.
Die von der Machtelite gewollten Theorien werden gratifiziert, alternative Konzepte hingegen nicht. Auf ihnen konnte sich der ausdifferenzierte, scheinbar wertneutrale Wissenschaftsapparat gründen, dem die Masse der Menschen heute blind vertraut. Dachte irgendjemand, dass die Religion trotz Säkularisierung in der westlichen Welt aus dem öffentlichen Diskurs verschwunden wäre? Die Mutter aller Lügen, und zwar die von der Werturteilsfreiheit in der Wissenschaft, wurde von den gläubigen Massen widerstandslos hingenommen und auf die übrigen Lebens- und Gesellschaftsbereiche übertragen, so wie einst der Glaube an die Vergebung der Sünden im Mittelalter. Gut, der sich als aufgeklärt wähnende, zivilisierte Mensch, wollte noch ein paar mehr Argumente für die Untermauerung seines neuen Glaubens. Hat er dann ja auch bekommen, und zwar in Form von materiellem Wohlstand.
Wundert sich denn keiner darüber, warum es heutzutage keine kritischen Dialektiker mehr gibt, die im politischen oder wissenschaftlichen System aktiv sind? Wurden sie etwa alle hingerichtet, wie es unter Stalin oder Hitler der Fall gewesen wäre? Nein, die Eliten arbeiten viel subtiler: Sie wurden schlicht und ergreifend nicht gratifiziert und gefördert. Und jeder weiß: Wer kein Geld für seine Forschung bekommt, der kann auch nicht daran arbeiten, hehe.
Ich weiß, ich weiß, so etwas zu hören, bereitet weder Freude und Spaß. Und beides haben wir uns nach dem harten Berufs-, Uni- oder Schulalltag doch redlich verdient, nicht wahr?
In dem Sinne also, spart Euch die Kraft, mich verbal hinzurichten. Ich bin nur ein armer Tropf ohne gesellschaftlichen Status oder Reputation. Außerdem könnt Ihr Eurem Gewissen gut zureden, da ich keine wissenschaftlichen Beweise für diese Thesen habe und auch niemals Geld dafür bekommen werde, um diese jemals zu erbringen, hahaha.
Dennoch befürworte ich das Spielen von Computerspielen und Mmorpgs in außerordentlichem Maße, denn sollte ich und andere meines Schlages Recht behalten, kann nur derjenige standhalten, der sich aktiv und bewusst an den autoritären Kontrollmechanismen, denen das menschliche Bewusstsein von morgen gegenüberstehen wird, abarbeitet.
Großartig! Du hast doch Potential! Such dir eine Plattform und mach deine Gedanken einer breiteren Masse zugänglich, dann brauchst du auch kein Budget…
Wenn man das Taubenbeispiel in einem etwas anderen Kontext sieht, zeigt es aber auch erschreckende (mögliche) Folgen – frei übersetzt und interpretiert: Kriege ich meine notwendige Dosis an XYZ (z.B. seltener Loot) nicht, entwickle ich losgelöst von der Ursache Aggression gegen meine Umwelt. Hier so leidige Themen – ja fast schon Klischees – wie “Wer Shooter spielt hat die Tendenz zum Amokläufer” oder “Spiele mit brutalen Elementen beeinflussen den Spielenden negativ außerhalb der Spielwelt” in diesen Zusammenhang zu bringen, ist sicherlich fehl am Platz. Trotzdem erscheinen diese stark polarisierenden und verallgemeinernden Aussagen mir dadurch in einem etwas anderen Licht…
Das mit dem Taubenbeispiel – hast in jeder traurigen Familiengeschichte. Der Vater ist unzufrieden mit seinem Leben und dann lässt er seine Aggressionen an Frau und Kindern aus, weil sie eben da sind.
Ich fand von den Beispielen das mit den Schimpansen am interessantesten. Dass es nicht darum geht, was du kriegst, sondern dass es darum geht, was du erwartest und was du dann bekommst.
Das war, wenn man so will, das große Problem, was beim Kryptarchen passiert ist – im Prinzip. Du drückst 10 mal auf den Schalter und erwartest Trauben (lila), kriegst aber nur Salat (blau), aber auf dem Schalter Trauben sind abgebildet(lila Engramm).
Jetzt haben sie es geändert, dass du 10mal auf den Schalter drückst, da ist Salat abgebildet (blaues Engramm), also erwartest du Salat (blau) und kriegst dann eine Traube ab und an mal und freust dich (lila).
Die haben an der tatsächlichen Verteilung, wie viele Legendäre Gegenstände aus den Engrammen kommen im Prinzip nix gedreht, die haben die Etikettierung am Schalter geändert und damit die Erwartung angepasst.
Es geht nicht um Realität oder um Fakten, sondern um unser Gefühl dabei, um unsere Wahrnehmung davon. Das Ding an sich ist doch eigentlich, es geht nur um das Gefühl, das es in uns auslöst.
Das erinnert mich an das Video, das vor einer Weile durchs Netz ging, wo der eine Affe immer mit Trauben und der andere mit irgendwas nicht so leckerem belohnt wurde. Der zweite wäre vermutlich auch nicht so ausgerastet, wenn er den ersten nicht gesehen hätte.
…wobei, um das Beispiel weiter zu spinnen, der zweite Affe Trauben kennen muss, um entsprechende Emotionen zu zeigen. Kennt er nur Salat, ist er damit sicherlich auch zufrieden – so vermissen einfachste Stämme im tiefsten Afrika auch nicht den Luxus eines klimatisierten PKWs, einer Highspeed-Internetverbindung oder von Pizza-Lieferservice frei Haus 😉
die Erkenntnis ist schon 100 Jahre älter
http://de.wikipedia.org/wik…
allerdings hat der Mensch die Fähigkeit der Selbsterkenntnis
und kann sich deshalb daraus befreien
und es dann dem Hersteller heimzahlen 😉
Der Pawlowsche Hund Experiment ist was anderes, da es sich mit Verhaltenskonditionierung befasste. Das hingegen war die Fortführung und Analyse wenn man der Konditionierung ein umgekehrtes Resultat entgegen stellt. Die Perplexität über dieses im 1. Moment als absolut falsches Ergebnis der Realität wahrgenommenen Umstandes unterminiert die Selbsterkenntnis und lässt uns mit mehr als irrationalen (aber interessanter Weise vorhersehbaren) Aktionen reagieren.
Aus meiner Sicht ist das eher eine Verfeinerung in Richtung auf komplexere Mechanismen. Es geht bei beiden Sachen um Verhaltenskonditionierung. Aber wie auch immer, dass die auf Pawlow aufbauen ist sicher.
Bei der Selbsterkenntnis muss ich dir allerdings widersprechen. Im Unterschied zum Tier hat der Mensch die Selbsterkenntnis. Dh ein Tier (es gibt da auch Ausnahmen) kann sich nicht daraus selbst befreien, ein Mensch schon und er tut es auch.
Wir reden ja hier von MMO’s und der Einsatzort sind Loot und Dailys. Ich kann aus eigener Perspektive (und auch aus der Gilde) sagen dass das geht 😉 .
Mit dem 2. Spiel was sowas gezielt macht setzt die Selbsterkenntnis natürlich schneller ein, es sei denn die Mechanismen wurden weiter verbessert. Ein Stück weit lassen sich Menschen natürlich auch bewusst darauf ein.
Im Grunde genommen funktionieren wir einfach nicht grundsätzlich anders. Ich behaupte, hätte man das Experiment mit dem Salat und der Traube mit einem Menschen gemacht, hätte man ähnliche Ergebnisse. Er hätte seine Emotionen vermutlich nicht so stark gezeigt und mit Dingen geschmissen, aber enttäuscht wäre er vermutlich genauso gewesen. Natürlich sind wir wesentlich intelligenter und können dadurch Regelmäßigkeiten (auch in unserem Verhalten) besser erkennen und versuchen diese auszunutzen. Ist das System aber gut genug ausgeklügelt, werden auch wir gar nicht merken, wie wir manipuliert werden. Wer von uns läuft schon den ganzen Tag herum, hinterfragt alles was er so macht und durchleuchtet jede Entscheidung, ob die nun wirklich objektiv und unbeeinflusst getroffen wurde.