Die Sprecherin hinter dem Persona-5-Charakter Futaba hat ihren Twitter-Account gelöscht. Der Grund dafür: Ein KI-Video, das ihre Stimme verwendet hat.
KI ist gerade dabei, viele Bereiche zu revolutionieren. Das erlaubt nicht nur das recht einfache Erstellen von Kunstwerken, sondern ist auch geeignet, um Leuten Worte in den Mund zu legen, die sie nie sagen würden. Immerhin haben schon Millionen gesehen, wie Donald Trump, Biden und Obama zusammen Minecraft spielen oder eine „Anime Waifu Tier List“ erstellen.
Doch nicht alle empfinden es als angemessen, wenn ihre Stimmen für solche Späße missbraucht werden. Die Synchronsprecherin Erica Lindbeck hat sich aus vielen sozialen Medien nun zurückgezogen – weil man ihre Stimme verwendet hat.
Woher kennt man Erica Lindbeck? Erica Lindbeck dürften die meisten aus Videospielen oder Anime kennen. Eine ihrer berühmtesten Rollen ist Futaba Sakura aus Persona 5. Andere kennen sie vielleicht aus der YouTube-Serie Helluva Boss, wo sie Loona spricht. Sie ist aber auch in den englischen Synchros der Anime Sword Art Online, Kakegurui Twin oder Your Lie in April zu hören.
Was ist passiert? Vor einigen Tagen hat der YouTuber „themusicalcreeper7584“ ein Video hochgeladen. Dabei handelt es sich um das Lied „Welcome to the Internet“ von Bo Burnhams (Link zu YouTube), allerdings gesungen mit der Stimme von Futaba, also Erica Lindbeck.
Lindbeck erklärte daraufhin, dass sie nicht mit solchen Videos einverstanden sei und bat den Ersteller, das Video wieder offline zu nehmen. Dieser kam der Aufforderung auch rasch nach.
Warum will Lindbeck solche Videos nicht? Laut Lindbecks (inzwischen gelöschten) Tweets sieht sie solche Videos, die ihre Stimme verwenden, als „übergriffig“ an.
Hinzu kommt, dass solche mit KI generierten Stimmen auch für Probleme sorgen können, da man damit Leuten einfach Worte in den Mund legen kann, die sie nie gesprochen haben. Man stelle sich nur vor, jemand erstellt ein Video, in dem Erica Lindbeck behauptet, dass sie „Persona gar nicht mag“ oder „Helluva Boss blöd findet“. Auch Aufnahmen, in denen sie einfach Schimpfwörter von sich gibt – wie eben in dem Lied „Welcome to the Internet“ sind unangenehm.
In einem Tweet sagte sie:
Es geht nicht um *dieses* Video oder *diesen* Creator an sich. Ich hatte Content Creator, die haben ein KI-Video gemacht, in dem mein Charakter die Sendung herabwürdigt, in der er vorkommt. Mir werden da Worte in den Mund gelegt, die man sehr leicht für meine eigenen halten könnte.
Als Künstlerin ist das so beängstigend. Ich glaube absolut, dass diese Leute diese Dinge aus Spaß erstellen und sich nicht ganz der negativen Konsequenzen bewusst sind, die solche Inhalte auf die Leute haben können, deren Stimmen sie verwenden.
So reagierte „das Internet“: Wie einige – leider zu recht – schon vermutet haben, reagierte ein Teil der Online-Community mit wenig Verständnis. Viele luden das Video anschließend wieder hoch und gaben ihm dann Titel wie „Mich kriegst du nicht dazu, das zu löschen“. Andere warfen Lindbeck vor, eine „Hasskampagne“ gegen den ursprünglichen Video-Ersteller gestartet zu haben, während wieder andere meinen, sie „solle sich nicht so anstellen“.
Viel Zuspruch gab es hingegen von anderen Synchronsprechern, besonders aus dem Persona-Kosmos. Erika Harlacher-Stone (Stimme von Ann Takamaki) sagte:
Erica Lindbeck ist fantastisch und süß und herzlich und ist in den letzten Jahren durch die Hölle gegangen. Wie könnt ihr KI-Typen sie aus Social Media mobben, nur weil sie euch gesagt hat, dass ihr nicht ohne ihre Zustimmung ihre Stimme stehlen dürft??? Ihr seid schrecklich und ich hoffe, ihr habt einen schlechten Tag.
Auch Robbie Daymond (Stimme von Goro Akechi) sagte zu dem Vorfall:
Wegen Erica Lindbeck. Was zur HÖLLE ist falsch mit euch Leuten? Haben soziale Medien und das Internet ihren Sinn für Anstand komplett vernichtet? Ihr Gehirn in Brei verwandelt? Die Empathie weggebombt, sie von der Realität losgelöst und ihren bösartigen Narzissmus auf 11 gedreht? Das macht mich verdammt wütend.
Erica Lindbeck hat ihren Twitter-Account als Folge aus den Vorfällen inzwischen gelöscht.
Das ist nur einer der Vorfälle, bei denen KI und dessen Verwendung für Probleme gesorgt hat – und es wird sicher nicht der letzte gewesen sein.
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Es ist ja nicht erst seit dem Aufkommen von KI so, dass Leuten falsche Worte in den Mund gelegt werden (Zusammenschneiden/Editing etc.) oder Fotos etc. manipuliert werden. Propaganda funktioniert seit Ewigkeiten so.
Nur verstehe ich die Dame hier vollkommen. Es ist beängstigend, weil mit einer KI einfach jeder Stan sowas bewerkstelligen kann. Ohne großes Talent oder Vorkenntnisse. Das macht es so bedenklich. Endlose Optionen ohne moralische Grenzen.
Mal ganz davon ab, dass es ohne Einverständnis einfach grundsätzlich nicht in Ordnung ist.
Jeder, der sie da anpampt, sollte am Besten selbst mal in diese Situation kommen. Idealerweise mit irgendwas mit deren Stimme und politisch extremen und/oder xenophoben Ansichten.
Und dann kann man ja mal schauen, ob die Kritiker von ihr das dann noch so witzig und “unbedenklich” finden, wenn sie der Internetmob dreimal quer durchs Internet gecancelt hat und sie ihren Job verloren haben oder sich Freunde abwenden. An so Blödsinn können schwerwiegende Konsequenzen dranhängen und am Ende wills wieder keiner gewesen sein.
Dieses ganze KI-Thema ist interessant, man kann es sicherlich auch sinnvoll nutzen. Aber unsere Spezies ist jetzt leider nicht so bekannt dafür, in Herden das Hirn zu nutzen.
Schade.
Und das ist der Grund wieso KI ein Fehler war.
Die meisten Menschen heutzutage sind zu Dumm um gewissenhaft mit sowas umzugehen.
In einem zweiten, nachfolgenden Tweet entschuldigt sich Robbie Daymond für die harte Wortwahl des ersten Tweet. Ich finde, er hat zwar nicht zimperlich formuliert, reflektiert damit aber auch wunderbar die extrem toxische Twitter Community.
Ich selbst kann Twitter auch nur noch in Wochen/Monatsdosen ertragen, wenn das dortige Social Media, ein Sammelsurium an Selbstherrlichkeit, Besserwisserei, Fake News, Lügen, Beschimpfungen etc die Menschheit widerspiegeln soll, spricht im Grunde genommen auch nichts dagegen, das das Anthropozän das letzte Zeitalter der Menschheit ist, ein Asteroid oder der Klimawandel diesen immer größer werdenden Mangel an Anstand und Respekt seine Grenzen aufzeigt, uns langsam mal wieder erdet. Twitter ist nicht deshalb ein Ort mangelnden Anstands, weil „typisch Social Media“, sondern weil es unter Musk inzwischen gänzlich ohne Kontrolle, ausser Kontrolle läuft. Es spiegelt wider, wie weit wir uns tatsächlich seit der Steinzeit weiter entwickelt haben >>> Null. Eine einfache, verständliche Bitte um Löschung, die der Contentbetreiber nachkommt und die Twittergosse eskaliert, eklig.
Ich glaube die Anonymität bei Twitter fördert ein egoistisches Verhalten, wo es nur um die eigenen Interessen geht. Und das ist eigentlich “nicht menschlich”, weil wir ja durch Zusammenarbeit erfolgreich geowrden sind.
Gibt doch so Experimenete, wo man Kinder und Schimpansen antreten lässt, die im Team arbeiten müssen für eine Belohnung, die nur einer bekommt.
Und die Kinder arbeiten zusammen, holen die Belohnung und teilen sie.
Bei Affen macht nur der Affe was, der was bekommen würde, und der andere streikt. Und dann kriegen beide nix.
Und auf Twitter scheint dieses “WIr”-Denken total abzuschalten, sondern es ist dann nur: “Ich will dieses Video sehen – was du findest ist mir scheiß egal. Du schränkst in irgendeiner Form mein Leben ein, du bist der Feind.”
Dass sich dieses Muster dann auch auf die Politik und das Zusammenleben überträgt, finde ich extrem gefährlich. AUch wenn mir Twitter echt wurscht ist, man merkt ja, wie diese Art der Kommunikation und wie die Denkmuster in den Alltag einsickern und auch in den politischen Diskurs.
Das ist so ein rein kurzfristiges Handeln, ohne irgendwie die Konsequenzen zu bedenken, nicht mal bis zur nächsten Ecke wird da gedacht.
Ich bin erstaunt, ein aussergewöhnliches Experiment und Ergebnis, kann man das irgendwie reproduzieren, im menschlichen Geiste verfestigen?
Ich hänge (leider) eher der Theorie William Golding‘s nach, das wir Menschen über eine angeborene Gewaltbereitschaft verfügen, immer zum Faustrecht, Recht des Stärkeren tendieren, wenn man sich in einem gesetzlosen, rechtsfreien Raum wähnt – auf Twitter zeigt sie sich nur in verbaler Form, in den erschaffenen Bubbels, in denen die „einzige Wahrheit“ zelebriert wird, Andersdenkende mundtot gemacht werden – eben ein weiteres „Herr der Fliegen“ Szenario.
Edit: Und ja, die zunehmende Einflussnahme auf das „reale“ Leben, auf die Aussenwelt, finde ich auch gefährlich.
Es wird immer mehr eine egozentrische Denkweise gefördert. Es zählt immer mehr, was man darstellt. Und das optimiert man in allen Lebenslagen und andere sind nur dazu da, um dies und sich zu bestätigen.
Es sind aktuell bestimmt nicht übermäßig viel mehr als vor der Zeit sozialer Medien, die sich so verhalten. Das Verhalten wird aber gefördert und ich denke, es werden die irgendwann benachteiligt, die sich nicht danach richten (wollen).
Wundert mich, dass es noch keine Urheberrechte allgemein auf die Stimme gibt.
ja wäre auch mein Ansatz, gibt einige Klagen aktuell zu KI