Wie konnte eins der teuersten MMORPGs aller Zeiten scheitern?

Wie konnte eins der teuersten MMORPGs aller Zeiten scheitern?

Tabula Rasa war ab 2001 das neue Projekt von Richard Garriot, dem Erfinder von Ultima Online und “Vater des MMORPG-Genres”. Sein neues Spiel war sehr ambitioniert und sehr teuer. Trotzdem konnte es nur einen Bruchteil der Ausgaben einspielen und wurde nach weniger als 2 Jahren wieder eingestellt. Was war da los?

Was machte das Spiel so interessant? Garriot selbst sagte damals, dass er etwas Neues kreieren wollte, was nicht in einer Fantasy- oder Mittelalterwelt spielt. Darum wurde Tabula Rasa ein Sci-Fi-Game mit einem Mix aus Shooter- und MMORPG-Elementen. Für das Projekt tat er sich mit dem koreanischen Entwickler NCSoft zusammen, der damals große Erfolge mit Lineage feierte.

Das grundsätzliche Konzept klang vielversprechend:

  • Die Erde wurde innerhalb von 5 Tagen von einer Alien-Rasse namens Bane überrannt. Alle Menschen arbeiten nun zusammen, um gegen die Bedrohung vorzugehen.
  • Als Spieler startete man als Rekrut und konnte sich dann über verschiedene Klassen immer weiter spezialisieren. Spezialisten konnte am Ende etwa Xenobiologen oder Ingenieure werden, während man als Soldat im Nahkampf als Gardist oder im Fernkampf als Scharfschütze spielen konnte.
  • Insgesamt gab es 8 verschiedene Klassen.
  • Ein Highlight waren die Battlegrounds, allerdings nicht als PvP-Inhalt. In den Gebieten kämpften die Spieler gemeinsam gegen die vorrückenden Aliens. Auch die Quests und Inhalte der Gebiete passten sich dynamisch an die Kampfsituation an. Es gab zudem Quests mit moralischen Fragen, die zum Nachdenken anregten.
  • Das MMORPG fokussierte sich stark auf PvE, was in Zeiten von Ultima Online, Tibia und Dark Age of Camelot eine Besonderheit war. Es gab lediglich ein großes Schlachtfeld fürs PvP sowie Duelle zwischen den Spielern.
  • Das Kampfsystem bot eine Mischung aus Tab-Targeting und Action-Kämpfen. Mit manchen Schusswaffen musste man selbst die Feinde anvisieren.

Tabula Rasa hatte zudem ein großes Budget. Mit 100 Millionen Dollar, die bis zum Release investiert wurden, zählte es auch heute noch zu den teuersten MMORPGs überhaupt. Zum Vergleich: SWTOR gilt – neben Star Citizen – als das teuerste MMORPG. Vom ersten Konzept bis zum Release soll es 200 Millionen Dollar verbraucht haben, so die Los Angeles Times. Allerdings generierte es bisher auch über 1 Milliarde Umsatz.

Doch der Erfolg bei Tabula Rasa blieb aus. Es erschien am 2. November 2007 und wurde schon am 28. Februar 2009 wieder abgeschaltet. Laut den Quartalsberichten von NCSoft spielte es gerade mal etwas mehr als 10 Millionen Dollar wieder ein. Ein Flop also.

Hier könnt ihr euch einen alten Gameplay-Trailer anschauen:

Tabula Rasa – Gameplay Trailer

Vielversprechende Reviews, doch große Probleme im Mid- und Endgame

Wie kam das MMORPG an? Die ersten Reviews von Tabula Rasa klangen sehr positiv. PC Gamer UK gab etwa eine 83 von 100 und auch Eurogamer verlieh dem Spiel zu Release eine 8/10. IGN gab immerhin 75 Punkte und unsere Kollegen von der GameStar gaben eine 80.

Doch relativ schnell wurde klar, dass zwar der Einstieg recht gelungen war, doch im Midgame einige Probleme vorlagen. So gab es kaum Erklärungen zu dem Mod-System, mit dem man die Ausrüstung anpassen und aufwerten konnte und auch ein fehlendes Auktionshaus wurde kritisiert.

Zudem wurden alte Gebiete schnell von den Aliens überrannt, weil die Spieler mit höherem Level in die neuen Gebiete weitergezogen sind.

Im Endgame wiederum bot Tabula Rasa kaum Inhalte. Hier zeigte sich klar, dass das MMORPG zu früh veröffentlicht wurde.

Wie ging es weiter? Relativ schnell nach dem Release gab es erste Entlassungen beim Studio. Garriot erklärte damals, dass dies normal sei, da vor der Veröffentlichung viele Mitarbeiter dazu geholt wurden, um dem Spiel den letzten Feinschliff zu geben.

Solche Entlassungen nach dem Release kritisierte jedoch auch der Chef vom MMORPG Rift, der dies als großen Punkt für das Scheitern seines Spiels sieht.

NCSoft jedoch bezeichnete den Release von Tabula Rasa in ihrem Conference Call als “Katastrophe”. Wenige Monate später hieß es sogar, dass sie nicht daran glauben würden, dass das Spiel jemals profitabel werden könne.

Am 10. Januar 2009 versuchte man das Spiel mit einem Wechsel von Abo-Modell auf Free2Play zu retten. Einige Wochen später wurde es dann ganz eingestellt.

Große Probleme zwischen dem amerikanischen Entwickler und NCSoft

Wie kam es zu diesen Problemen? Garriot erzählte in einem Interview (via Eurogamer), dass es Anfangs große Herausforderungen beim Setting des Spiels gab. So sollte Tabula Rasa ursprünglich ein MMORPG werden, das auch den asiatischen Markt anspricht, der damals als sehr vielversprechend galt. So kam es auch zu der Zusammenarbeit mit NCSoft.

Doch die ersten Jahre scheiterte das Team daran, eine authentische Welt zu kreieren. Garriot erklärte:

Wir haben die ersten Jahre damit verbracht, ein Spiel mit asiatischem Stil und asiatischen Einflüssen zu entwickeln, um sicherzustellen, dass wir in Asien beliebt sind. Aber wir bekamen immer wieder Feedback von unseren koreanischen Kollegen, die sagten: “Wisst ihr was, wenn ihr versucht, asiatische Pagoden oder asiatische Rüstungen oder Waffen zu machen, fühlt sich das nie heimisch an, sondern immer so, als ob ein Ausländer etwas für uns macht.”

Das Problem, wie es uns gesagt wurde, war: “Stellt euch vor, wir würden eine europäische Burg machen: Anstatt die Steinmauern schön und gerade zu bauen, würden wir sie wie eine aufblasbare Burg kreieren, leicht gebogen wie eine Marshmallow-Burg. Wir würden vielleicht nicht bemerken, dass es nicht wie ein gutes Schloss aussieht, aber man würde sofort sehen, dass es eher cartoonhaft als stark und mächtig ist.”

Nach zwei Jahren entschied man sich dann, den asiatischen Look zu verwerfen und den Fokus auf Sci-Fi zu legen. Dazu wurden über 75 % des Codes und auch einige Mitarbeiter ausgetauscht. Gleichzeitig blieb laut Garriot aber der Druck von NCSoft, zu einem bestimmten Datum ein fertiges Produkt zu veröffentlichen.

Daraus resultierte dann ein MMORPG, das vor allem im Mid- und Endgame starke Probleme aufwies, obwohl das Konzept so großes Potential hatte.

Tabula Rasa gehört heute zu den toten MMORPGs, die ihr euch heute am meisten zurückwünscht. Im Ranking belegt es Platz 4, liegt jedoch weit hinter dem ersten Platz zurück.

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Sven B.

Ich habe das Spiel geliebt und bis zum Ende gespielt. Aus meiner Sicht gab es nur einen Grund, warum das Spiel gescheitert ist: Lord Großkotz Richard Garriot.
Anstatt vernünftigen Inhalt zu produzieren, hat er nur an allen zentralen Punkten Statuen von sich aufstellen lassen und Loot produziert, der “Ätsch, ich war im Weltraum und ihr nicht. Ich bin die wichtigste Person auf dem Planeten und weil ich hier Mal gelandet bin, gibt es diese Welt.” schrie.

Ich weiß nicht mehr wie viele von diesen Raketen und Raumkapseln ich entsorgen musste.

Scaver

Vorab: Ich habe nicht direkt ab Release gespielt. Vielleicht war es Beta, mal nen kostenlosen Testzugang oder als es F2P wurde… keine Ahnung. Aber ich weiß, ich hab es nur einmal kurz gespielt, da es mich für nicht eine Sekunde angesprochen hat.

Die Grafik sagte mir damals gar nicht zu für ein SciFi Game. Das lag auch daran, dass mit Crysis relativ zeitgleich ein neuer Meilenstein der Grafik gesetzt wurde.
Egal welches Game Genre, alles was SciFi anbelangte musste sich damit vergleichen lassen.

Davon ab fühlt ich mich als neuer Spieler aber nicht abgeholt. Ich war im Game und wusste oft nicht, was zu tun war. Ich empfand es als zu chaotisch.
Da ich parallel auch WoW gespielt habe, wo mir das Spiel alles gut erklärt hat oder es zumindest massiv externe Quellen gab, gab es für mich keinen Reiz, alles alleine zu erkunden.

Oliver

Was nicht Erwähnt wird im Bericht ist das Garriot 25 Millionen bekommen hat und sich keine 6 Monate nach Release verpisst hat mit dem Geld.So fehlte der Kreativ Kopf des Spiels, und damit ging das Elend los.

Das Spiel Starb nicht am Kontent sondern an der Katastrophalen Patch Politik und an Unbalancten Klassen, so war der Paladin ein 1 Hit Kill Monster, der Techi konnte Ausenposten alleine einnehmen oder Verteidigen mit seinen Waffentürmen.

Und ein Riesen Problem halt die Munition die man sich Kaufen mußte für das erspielte Gold.

Dann wurden 2 Patche Released und danach war 14 Tage Später das Spiel Tod.

Munition wurde auf 1/3 der Kosten reduziert aber die HP der Gegner Verdreifacht.Paladin in den Boden Generft und wieder in den Himmel Gebuffed.

Durch die Munition Kosten war das Spiel Unspielbar auser man war Techniker oder Paladin der mit seinem Speer alles mit einem Hit Getötet hat.

Ansonsten ein Super Innovatives MMO, vor allem mit den Ausenposten die von Npc Armeen eingenommen werden konnten und man wieder zurück Erobern mußte für Bonis etc, man mußte im Endgame auf 1 Karte alle Halten um Zugang zu einer Extra Karte zu bekommen.

Xcoon

Ich hab es gekauft.
Aber ich hab irgendwie nicht so richtig geschnallt, wie das mit den Resistenzen der Gegner funktionierte. Insgesammt fand ich das auch sehr störend dauernd die Waffen zu wechseln oder war es das Moding oder ich einfach zu dumm?
Weis nicht mehr.
Es hat jedenfalls kein Spass gemacht so dass ich genau 4Tage gespielt habe und danach wieder zurück zu WoW gegangen bin was damals ja noch gut im Rennen war.

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Xcoon

Ich habe die Demo oder Open Beta (keine Ahnung mehr) gespielt und war maßlos enttäuscht.
Die Grafik hat damals schon Augenkrebs verursacht und das Gameplay war extrem langweilig. Vielleicht hätte ich eine andere Meinung gehabt, wenn es zu dieser Zeit nicht schon WoW und Eve Online gegeben hätte.

Merudo

ich hatte damals aufgehört da ich keine (ingame)Geld mehr hatte um die Munition zu kaufen 🙁

Damian

Mir hat es gut gefallen, aber sehr lange konnte es mich auch nicht halten. Weiß aber nicht mehr genau, warum. Ich mochte den SciFi-Ansatz inkl. Setting sehr gerne. Würde mir sehr ein Mass-Effect-MMO öder ähnliches wünschen, aber eben nicht als Shooter, weil ich die eher blöde finde…

Xcoon

Oooooh ja ein Mass-Effect-MMO wär krass gewesen, ich habe eh nie verstanden warum Bioware Star Wars gemacht hat und nicht ihr eigenes Universum vorangetrieben, dann hätten sie die Kohle für die Lizenz besser investieren können und was schlaues draus gemacht.

So ein tolles Potential in Mass Effect und die machen fu..ing Star Wars 😣das verzeih ich denen nie.

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Xcoon
Monfyre

War als Coop Spiel für zwischendurch damals nicht schlecht gewesen.
Dieses Beispiel und auch Vanguard SoH zeigen, dass die Macher von Spielen auch nicht immer richtig liegen oder dass deren Projekte einfach schief gehen können, wenn sich die Entwickler und Vertreiber/Betreiber nicht einig sind und Visionen auf Realisierungen treffen.
Da wurde viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Monfyre
fraqment

Ich habe es mit einen Kollegen gespielt.Der Anfang fing gut an aber wurde durch seine spätere Langeweile und unendlichen Wiederholung rausgeschossenen.
Der Bekannte hat dann noch 2 Wochen weiter gespielt und aus demselben Grund aufgehört.
Zum Glück war es nur eine Open Beta Version um zu zeigen wie Toll Das MMO ist.

Hammerschaedel

ich fands damals klasse, aber hatte eine der schlimmsten Erfahrungen mit meiner Kreditkarte bei den Anbieter. Und seid damals zahle ich nichts mehr online mit CC.

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