Wie ein Programmierfehler zu einer brillanten Mechanik in einem der größten Spiele aller Zeiten führte

Wie ein Programmierfehler zu einer brillanten Mechanik in einem der größten Spiele aller Zeiten führte

Obwohl manche Entwickler anderer Meinung sein mögen, kommen einige der lustigsten oder geistreichsten Dinge, die man in Videospielen tun kann, von Fehlern. Spiele wie Skyrim haben uns gezeigt, dass Bugs sehr interessante und komische Situationen schaffen können, aber es gibt Titel, die das noch weiter treiben.

Im Laufe der Zeit entwickeln sich einige dieser Fehler zu Markenzeichen von Spielen und wenn ich über diese Art von Fehler nachdenke, ist es für mich unmöglich, nicht an Quakes „Strafe-Jumping“ zu denken.

Ausgehend von einem Programmierfehler veränderte dieser Fehler nicht nur das Verhalten seiner Spieler in Online-Spielen, sondern verursachte auch Meinungsverschiedenheiten zwischen der Spiele-Community und ihren Schöpfern id Software.

Aber was ist das für eine zufällige Mechanik und warum ist sie wichtig? Heute schauen wir uns den Fehler genauer an, der eine ganze Generation von Spielern und das beliebteste PC-Spielgenre geprägt hat und dessen Auswirkungen Jahrzehnte später sogar aktuelle und beliebte Titel wie Counter-Strike: Global Offensive oder sogar Apex Legends zu spüren sind.

Wenn ihr euch das Video anseht, werdet ihr feststellen, dass Quake-Spieler auf hohem Niveau etwas sehr Merkwürdiges tun:

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Wenn es darum geht, sich über die Map zu bewegen, tun sie dies, indem sie springen. Obwohl es den Anschein haben mag, dass nicht mehr dahintersteckt, gibt es Erklärungen und eine Geschichte hinter den Vorteilen, sich auf diese Weise zu bewegen.

Es sind keine bloßen Sprünge. Es ist eine Technik mit eigener Evolution und Hintergrund-Studien: das Strafe-Jumping.

Bei dieser Bewegungstechnik geht es nicht nur darum, sich vorwärtszubewegen, während man willkürlich springt. Strafe-Jumping ist eine Möglichkeit, die maximale Bewegungsgeschwindigkeit der Charaktere zu überschreiten, indem drei Faktoren verwendet werden:

  • Fehlende Reibung beim Sprung
  • Diaogonale Fortbewegung
  • Führung der Kamera

Es ist eine komplizierte Technik, bei der Leute die mathematischen Hintergründe ergründet haben, die denen, die sie beherrschen, einen beeindruckenden Vorteil gegenüber anderen Spielern verschafft.

Und wisst ihr was? id Software hat es nicht entworfen, sondern es ist ein Programmierfehler. Ein Fehler, der zu einem entscheidenden Vorteil im Wettbewerb mit der Konkurrenz wurde und den andere Ego-Shooter dann übernommen haben.

Diese zufällige Mechanik hat ihren Ursprung schon vor dem Release von Quake. Allerdings braucht es für die Technik, wie der Name „Stafe-Jumping“ schon sagt, Sprünge zur Durchführung. In den Jahren vor dem 3D-Shooter Quake gabs es sowas in Ego-Shootern jedoch noch nicht. Die Maus wurde nicht einmal zur Kamera-Drehung eingesetzt.

Hier kommt der Vorgänger des „Jumpings“ ins Spiel: „Strafe-Running“. Die Technik wurde 1993 in Spielen wie Pathways into Darkness (übrigens von Entwickler Bungie) und dem ersten Doom entdeckt. Spieler erkannten, dass man durch diagonales Laufen schneller vorankam.

Die Entwickler reagierten darauf nur langsam oder gar nicht. Im Fall von Doom gestand der legendäre Entwickler John Romero, dass er erst ein Jahr nach der Veröffentlichung von dem Fehler „Strafe-Running“ und seinen Folgen erfahren hat.

Netflix High Score John Romero Titel
John Romero hat unter anderem an Wolfenstein 3D, Doom und Quake gearbeitet. Quelle: YouTube

Später wurde der Fehler als Feature akzeptiert und die Entwickler von neuen Maps und Mods berücksichtigten die Mechanik. Spieler mussten ab diesem Zeitpunkt wissen, dass „Strafe-Running“ möglich ist, um Herausforderungen im Spiel zu packen.

Mit dem Release von Quake 1996 dauerte es nicht lange, bis Ego-Shooter-Fans einen Weg fanden, um diese Art von Technik im neuen Spiel zu replizieren.

„Wenn wir in Doom durch diagonale Bewegungen extreme Geschwindigkeiten erreichen konnten, die über das Erlaubte hinausgehen, wer sagt uns dann, dass dies hier nicht möglich ist?“, war eine logische Überlegung. Und ein beliebtes Spiel hat große Mengen an Fans, die sich mit den Mechaniken beschäftigen, um der Bewegung mehr spielerische Tiefe zu verleihen.

Während Strafe-Jumping anfangs eher per Augenmaß durchgeführt wurde, begann eine Diskussion darüber, warum es so funktionierte, wie es funktionierte und wie es optimiert werden könnte.

Auf dem Papier gibt die perfekte Ausführung unter Berücksichtigung von Bewegungsvektoren, Winkel und einer Vielzahl von Faktoren – ebenso präzise wie kompliziert, um eine optimale Durchführung zu gewährleisten.

Doch die perfekte Ausführung gibt es nur in der Theorie. Es ist quasi unmöglich und auch ein wenig unpraktisch, die Berechnungen auf das Spiel anzuwenden. Es gibt also keine Möglichkeit, es zu 100 % hinzukriegen. Und doch wurde die Technik zu einem wichtigen Eckpfeiler in der Multiplayer-Shooter-Community.

Die Verantwortlichen von Entwickler id Software haben sich sogar mit der Community über diesen Fehler gestritten und wollte den Fehler entfernen.

So sagte John Carmack, damals Chefprogrammierer bei id Software: „Strafe-Jumping ist ein Fehler. Die Tatsache, dass Leute viel geübt haben, um es auszunutzen, rechtfertige die Existenz nicht […] wenn ich online spiele, macht es mir mehr Spaß, wenn ich rennen und ausweichen muss, anstatt zu hüpfen. Das ist meine persönliche Vorliebe, und die zählt nun einmal viel“.

Selbst heute finden sich noch Überreste der Mechanik in Spielen:

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Wenn man sich den Quellcode von Quake 3 ansieht, kann man sehen, dass sie tatsächlich versucht haben, den Fehler für das dritte Spiel der Reihe zu beheben. Aber das Ergebnis war alles andere als zufriedenstellend.

Ironischerweise konnten Spieler bei der Veröffentlichung von Quake Live, der ursprünglich kostenlosen Version von Quake 3, eine ziemlich große Veränderung feststellen.

In Quake Live braucht es zwar immer noch einige Kenntnisse darüber, wie das Strafe-Jumping funktioniert. Aber Entwickler id Software hat dafür gesorgt, dass die Geschwindigkeit beim Laufen und Springen nicht mehr ganz so stark ansteigt wie bei der früheren Version.

Das nordamerikanische Studio ist sich seinem Erbe bewusst und weiß, dass Strafe-Jumping ein Teil seiner Geschichte ist. Man wollte den „Fehler“ nicht komplett wieder einführen und dazu eine Alternative für diejenigen bieten, die diese Technik nicht beherrschen.

Am Ende hat id Software trotz Carmacks Beschwerden akzeptiert, dass ein kleiner Programmierfehler bereits Teil der Geschichte eines ihrer wichtigsten Spiele ist, anstatt gegen den Strom zu schwimmen und ihr Spiel auf rein technischer Ebene zu perfektionieren.

Dies geschah im Übrigen nicht in der kleinen Studio-Bubble. Titel, die dieselbe Engine wie Quake verwendeten, wie das erste Call of Duty oder Wolfenstein: Enemy Territory, waren ebenfalls vom Strafe-Jumping betroffen, wodurch alle möglichen unbeabsichtigten Strategien in ihren Online-Spielen entstanden.

Andererseits waren davon auch Spiele betroffen, die von Quake abgeleitete Engines verwenden. Werke wie Half-Life, Team Fortress 2 oder auch Titanfall 2 und Apex Legends mussten Maßnahmen zur Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit ihrer Spieler einführen, um die Macht dieser Technik zu kontrollieren.

Dennoch ist es etwas, das nie richtig korrigiert wurde und noch heute kann man Überbleibsel dessen sehen, was einst die Star-Mechanik der kompetitiven Shooter war.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf der Gaming-Seite 3DJuegos, unserem Partner. 3DJuegos gehört wie MeinMMO, GameStar und GamePro zum Webedia-Netzwerk. Wir haben ihn ins Deutsche übersetzt.

Quelle(n): 3DJuegos
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Rahmaron

Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster – es gab auch Spiele in denen Sprung+Bewegung von Nachteil war. Beispiel World of NoobCraft. Ich will es nicht beschwören, aber bis Ende WotLk galt für die Berechnung folgendes: wenn man sprang, dann setzte die Wegpunkt-Berechnung ein, aber man war nie wirklich in der Luft, das gaben die Server nicht her, sondern man stand so lange am Ausgangspunkt bis man mehr als die Hälfte des Sprungs zurückgelegt hatte; erst dann “stand” der Charakter am Zielpunkt. Deshalb war es in ICC effektiver aus Voidzones heraus zu laufen statt zu springen. Das ging natürlich selten in die Köpfe der Spieler, denn optisch war man ja raus aus dem Feuer 😀 Die Leute lagen dann grafisch neben dem Brennpunkt und wollten oder konnten nicht verstehen warum.
Es ist möglich das sich dies in einem der letzten drölf Addons geändert hat, aber damals, in den guten alten Tagen, da war das so.

Klabauter

Quake 3 wird immer meine absolute Shooter Liebe sein. SO viele gute Erinnerungen an die Zeit. Ich bin glücklich das ich dabei sein durfte… der erste Sieg von Schroet Kommando gegen Ocrana bleibt mir heute noch im Kopf. Auch wenn ich selber immer Ocrana Fan war.

Team Eisregen ftw

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Klabauter
Todesklinge

Oder das schnelle Wechseln vom Scharfschützengewehr zum Messer und wieder zurück in Counter Strike.
Damit konnte man die Nachladeanimation etwas umgehen, womit es schnellee ging. Dies wurde auch mal gefixt.

Bei dem Strafe Jump war der Multiplikator die fallende Physik. Da die Spielfigur schneller fällt als sich fortbewegen kann, ergibt das in Kombination (springen beinhaltet fallen) die erhöhe forwäets Geschwindigkeit.

Daniel

Ist in vielen Spielen noch drin. Doom 2016 und Doom Eternal ein muss, auch viele Retro Shooter haben das drin.
Man stelle sich vor es wäre in Doom Eternal nicht möglich, wie lange man für einen Giant bräuchte….

Todesklinge

In heutigen Spielen gibt es das in ähnlicher/anderer Form. Wenn man eine collision hat, kann es passieren das man wie ein Blitz zur Seite geschossen wird.
Das kommt dem Strafe Jump von der Logik näher, aber nicht so extrem.

Wobei ich den Strafe-Jumo noch unter dem Begriff “Bunny Hopping” kenne. Zwar nicht mit dem speed booster, aber trotzdem nich zügiger als normal.

Bernd Rumpp

Ne Bunny Hopping ist noch etwas anderes da geht es um schnelle Sprünge nacheinander unabhängig von der Richtung

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Bernd Rumpp
Björn Lauströr

Ahaaaaa, das wusste ich tatsächlich noch nicht. Und ich bin ein absoluter Doom und Quake Liebhaber. Also das Strafe-running und – jumping so an sich kenne ich, weil man es irgendwann mal durch Zufall gemerkt hat, dass man ziemlich flott unterwegs ist und das mache ich heute noch, vor allem bei Doom. Es ist irre witzig wie viel schmackes man drauf hat, wenn man allein bei Doom das always run aktiv hat und dann Strafe-running in großen arealen ausführt. Die Gegner wissen überhaupt nicht wie ihnen geschieht. 😂

Visterface

Das ist Mathematisch gar nicht so komplex. Die Laufrichtung ergibt sich aus einem Vector, also aus der x und y Koordinate. (0,0) wäre zum Beispiel stehen bleiben. Bewegt man sich in eine Richtung, ändert sich die Koordinate. Ein (1, 0) wäre so die Richtung nach rechts. Die Möglichen Richtungen wären also (1, 1), (1, 0), (0, 1), (-1, 1), (1, -1), (-1, 0), (0, -1), (0, 0). Die jeweilige Richtung wird dann mit der Geschwindigkeit multipliziert. Das Phänomen mit der doppelten Laufgeschwindigkeit tritt dann auf, wenn es zwei Zahlen gibt die mit der Geschw. multipliziert werden also bei (1, 1) (-1, 1) (1, -1) (-1, -1) und zwar weil beide Werte auf addiert (bzw. weiterverarbeitet)werden. Bei den horizontalen/vertikalen Richtungen passiert dies nicht, da mindestens 1x mit 0 multipliziert wird (deswegen bleibt man bei (0, 0) auch stehen).
Das Phänomen tritt z. B. auch bei Diablo 1 auf.

Ich gebe keine Garantie auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

Das ist Mathematisch gar nicht so komplex

Und dann kommst du mit Vektoren…
Bin aber auch selbst schuld. Mathe war immer Freitags und an diesen Tage hüpfte ich immer den Asphalt platt und mein Fett weg.

Aber jetzt ernsthaft. Finde es immer wieder interessant wie viel Mathe hinter den ganzen Spielen stecken. Nicht nur das was du oben beschrieben hast sondern auch die physikalischen Berechnungen. Und irgendwann arbeitet alles zusammen aber nicht so wie gedacht und es entstehen lustige Fehler.

Aroes

Gut erklärt!

Wenn man etwas in Mathe aufgepasst hat und mal ein X1,X2,X3 Koordinatensystem, also dreidimensional, gezeichnet hat, versteht man es 🙂

ephikles

Ist es nicht “einfach” so:
Wenn man nur nach vorn drückt, bewegt man sich mit der Geschwindigkeit v nach vorn, wenn man nur nach rechts drückt mit v-x nach rechts (Annahme: seitwärts laufen ist langsamer als vorwärts Laufen).
Wenn man beides gleichzeitig drückt, bewegt man sich gleichzeitig mit v nach vorn und v-x nach rechts.
In Summe bewegt man sich aber diagonal mit der Wurzel aus v²+(v-x)² (Pythagoras), und das dürfte für alle Werte von 0<x<v größer als v sein.

Können wir uns darauf einigen, dass es in erster Linie scheisse aussieht, wie ein Hase durch die Welt zu hüpfen?

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