Vom Schulhof bis zur Meisterschaft: Profispieler berichtet über sein Leben mit dem Kartenspiel Magic

Vom Schulhof bis zur Meisterschaft: Profispieler berichtet über sein Leben mit dem Kartenspiel Magic

In einem Interview mit MeinMMO berichtet Content-Creator und Profispieler Thoralf „Toffel“ Severin über seine Erfahrungen und Erfolge mit dem beliebten Kartenspiel Magic.

Wer ist Thoralf „Toffel“ Severin? Thoralf „Toffel“ Severin ist ein in der Community bekannter Profispieler und Content-Creator des Kartenspiels Magic. Bekannt ist er allerdings nicht nur für sein sympathisches Lächeln, sondern ebenfalls für seine Erfolge im Spiel. 2019 gewann er die Mythic Championship in Barcelona.

In einem Interview hatte MeinMMO-Chefredakteurin Leya Jankowski jetzt die Möglichkeit, mit ihm über seine Reise und seine Erfahrungen in der Magic-Szene zu sprechen.

Von den Anfängen bis zu den Karriere-Highlights

Wie bist du zum ersten Mal mit Magic: The Gathering in Berührung gekommen und was hat dich dazu motiviert, auf professionellem Niveau zu spielen?

Toffel: Das erste Mal kam ich mit Magic in Berührung, als ich 13 war. In der Schule hatten Klassenkameraden die Karten dabei und spielten auf dem Schulhof, in der Mensa – einfach überall. Es gab klassenübergreifendes Spielen, was mich damals echt beeindruckt hat. Die Jüngeren spielten mit den Großen. Das kam sonst nie vor. Irgendwann hörten viele Leute auf, aber ich wollte weitermachen.

Also suchte ich mir einen Laden in Berlin, der regelmäßig Turniere veranstaltete. Das war „Der andere Spieleladen“, der noch heute existiert. Das Internet war damals noch nicht so verbreitet, also kam man wirklich zum Spielen und Tauschen zusammen. Sonst gab es nicht viele Orte, an denen man Magic spielen konnte.

Ich fing an, kleinere Turniere zu spielen und arbeitete mich zu größeren Events hoch. Es hat mich extrem gereizt, auf Sieg zu spielen, also die Turniere auch wirklich zu gewinnen, um am Ende sogar die Preisgelder der großen Turniere mitzunehmen.

Was betrachtest du als deinen größten Erfolg in deiner Magic-Karriere und warum?

Toffel: Das ist einfach: Ich habe die Mythic Championship 2019 in Barcelona gewonnen. In der Szene ist das etwas, wofür ich bekannt bin. Aber auch meine Arbeit als Content Creator sehe ich als großen Erfolg. Unsere Inhalte und kreativen Leistungen auf dem YouTube-Kanal erreichen viele Menschen in der Magic-Welt. Ich habe das Gefühl, dass Magic wahrscheinlich die größte Nische der Welt ist. Kann gut sein, dass ich eher für meine Arbeit in der Community und auf YouTube bekannt bin als für meine Leistungen bei Turnieren.

via magic.gg

Mit Vorbereitung und der richtigen Strategie zum Erfolg

Kannst du uns einen Einblick in deine Trainingsroutine geben? Wie bereitest du dich auf internationale Turniere vor?

Toffel: Ich habe mich schon immer intensiv auf Turniere vorbereitet. An entspannten Tagen spielte ich acht Stunden, an Durchschnittstagen zwölf und kurz vor Turnieren auch mal 16 Stunden. Vor der Online-Ära trafen wir uns an Turnierorten, mieteten eine Wohnung und testeten dort sämtliche Decks und Karten.

Die Vorbereitung begann zwei Wochen vor dem Turnier und war geprägt von massiver Denkarbeit und der ständigen Frage, ob man genug getan hat. Fand ein Turnier beispielsweise in San Francisco statt, waren wir schon mindestens eine Woche vorher da und haben in einem Airbnb gewohnt. Mittlerweile finden etwas weniger Turniere statt, aber in der Liga, in der wir damals gespielt haben, stand fast alle zwei Wochen eine Veranstaltung an. Diese Zeit war sehr intensiv.

Gibt es bestimmte Strategien oder Spielphilosophien, die du verfolgst? Wie entwickelst du deine Decks?

Toffel: Das beste Deck zu spielen ist entscheidend, aber „das beste” ist oft subjektiv. Du wirst niemals mit einem Deck erfolgreich sein, das vielleicht auf dem Papier sehr stark ist, mit dem du aber nicht gut klar kommst. Es gibt Leute, die gerne mit aggressiven Decks spielen, dann wieder Leute, die gerne Kontrolldecks spielen oder eine Mischung aus beidem. Um die passende Strategie zu finden, braucht man viel Zeit, aber auch Wissen. Wissen über die Karten und Mechaniken. Unwissenheit und Zeit sind die größten limitierenden Faktoren.

Ich muss gestehen, ich war nie besonders gut darin, die Decks am Ende auch zu bauen. Meine Disziplin lag eher darin, Strategien für die Spiele zu entwerfen. Am liebsten habe ich aber mit Kontroll- oder Kombodecks gespielt. Mit Kontrolldecks kannst du das Spiel besser in die Länge ziehen und dir stehen auf lange Sicht mehr Entscheidungen zur Verfügung als bei aggressiven Decks. Im Team haben wir uns beim Deckbau und Spielstrategien gut ergänzt.

12-Stunden-Matches und ein immer komplexer werdendes Spiel

Welche Herausforderungen triffst du als professioneller Spieler, besonders auf internationaler Ebene, und wie gehst du damit um?

Toffel: Magic ist ein Spiel mit hoher Varianz, viel mehr als bei anderen Kartenspielen, und es gibt immer Faktoren, die man nicht kontrollieren kann. Du weißt nicht mit Sicherheit, wie dein Gegner reagieren wird. Es kam oft vor, dass ich gut laufende Matches verloren habe, weil ich plötzlich keine guten Karten mehr gezogen habe oder mein Gegner auf einmal eine Glückssträhne hatte.

Die psychologische Komponente, der Umgang mit Niederlagen, die Konzentration über lange Turniertage hinweg und Teamarbeit sind entscheidend. Bei internationalen Turnieren stehen häufig bis zu zwölf Stunden lange Spiele an. Das muss man erstmal mental durchhalten.

Die Herausforderungen sind vielfältig und umfassen auch logistische und finanzielle Aspekten. Ab einem gewissen Punkt braucht man Sponsoren oder das nötige Kleingeld, um mit den anderen mithalten zu können. Auch die Anreise zu Events und eine Unterkunft für das Team müssen organisiert werden. Das kostet alles viel Zeit und Geld.

Im Laufe der Jahre hat Magic immer mehr Mechaniken bekommen, die das Regelwerk gerade für Neulinge schwer zu überblicken machen. Wie gehst du als Profi damit um?

Toffel: Magic wird immer komplexer, es kommen ständig neue Karten hinzu. Als Profi habe ich den Vorteil, auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen zu können. Die Erfahrung mit älteren Karten und Mechaniken hilft enorm, besonders in komplexen Spielsituationen oder beim Deckbau. Es gibt sicher viele Leute, die die meisten Karten, mit denen ich spiele, gar nicht mehr kennen oder nie kennengelernt haben.

Als ich im Jahr 2000 mit Magic angefangen habe, war das Spiel bereits seit sieben Jahren auf dem Markt. Gerade junge Leute haben oft ein besseres Auffassungsvermögen und lernen schneller. Ich habe gesehen, dass dadurch mangelnde Erfahrung bei Magic durchaus kompensiert werden kann.

Um herauszufinden, welche Karten wie miteinander funktionieren oder welche Karten gut zu einem selbst passen, gibt es eigentlich nur einen sinnvollen Weg für alle Altersklassen: möglichst viel Magic spielen.

Wie wichtig ist für dich die Magic-Community und der Austausch mit anderen Spielern?

Toffel: Die Community ist extrem wichtig. Mein Ziel war es immer, dass sich Spieler willkommen fühlen und Spaß am Spiel haben. Über die Jahre habe ich viel Content erstellt und gemerkt, wie sehr die Leute das schätzen. Wir zeigen Magic, wie es gespielt wird – in all seinen Facetten und mit der Möglichkeit, das Spiel auf persönliche Weise zu entdecken und zu genießen.

Natürlich werden große Magic-Turniere mit hochentwickelten Decks und nach festen Regeln gespielt. Aber das ist für mich nur ein Teil von Magic. Mein Interesse war immer, den Menschen da draußen zu zeigen, wie Magic noch gespielt wird. Nämlich mit vielleicht nicht ganz so perfekten Decks und nach Hausregeln.
Das Wichtigste ist, dass wir die Community abholen, indem wir zeigen, wieviel Spaß wir mit Magic haben.

„Wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Weg im Spiel findet“

Wie siehst du die Zukunft von Magic: The Gathering, sowohl als Spiel als auch als Sport? Welche Veränderungen oder Entwicklungen erhoffst du dir?

Toffel: Magic ist momentan extrem erfolgreich und ich glaube, das wird sich so schnell nicht ändern. Wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Weg im Spiel findet, ohne das Gefühl zu haben, alles überblicken zu müssen. Letzten Endes hoffe ich, dass es immer ein Magic geben wird und dass ich weiterhin auf Turnieren spielen kann.

Welchen Rat würdest du jemandem geben, der gerade mit Magic: The Gathering anfängt und vielleicht selbst einmal auf professionellem Niveau spielen möchte?

Toffel: Wenn mich jemand fragen würde, der gerade neu mit Magic anfängt, würde ich wahrscheinlich erstmal sagen: Überleg dir gut, ob du das willst. Magic auf hohem Niveau zu spielen, ist anspruchsvoll und fordernd.
Abseits davon: Nutzt die Ressourcen, die es gibt, baut euch ein Netzwerk auf und lernt von anderen. In Magic gibt es immer etwas zu lernen. Und nie vergessen: Solltet ihr wirklich Magic auf diesem hohen Niveau spielen wollen, lasst euch nicht von Rückschlägen entmutigen.

Neben Magic, welche anderen Interessen oder Hobbies hast du? Wie findest du Ausgleich zu den Anforderungen des professionellen Spielens?

Toffel: Ich liebe alle Arten von Spielen, besonders die kompetitiven. Das ist vermutlich wenig überraschend. Außerdem treibe ich viel Sport. Mir ist besonders wichtig, meine viele Zeit am Computer mit genügend Offlinezeit auszugleichen.
Musik in unterschiedlichen Formen gehört auch zu meinen Hobbys. Musik hilft mir besonders, wieder runterzukommen, wenn ich mal einen Tag mit viel Denkarbeit hinter mir habe. Gerade in Turnierphasen ist das echt wertvoll.

Dass manche Karten solcher Spiele besonders wertvoll sind, weiß vermutlich jeder, der sich schon mal ein bisschen damit befasst hat. Eine Karte für Magic wechselte für wirklich viel Geld den Besitzer: Jemand hat für eine Karte in Magic: The Gathering 3 Millionen Dollar gezahlt – Ist nur für einen Spielmodus zugelassen

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