Besser als das Spiel: The Last of Us – Folge 3 – Es geht um Liebe, nicht um Labels

Besser als das Spiel: The Last of Us – Folge 3 – Es geht um Liebe, nicht um Labels

Die Serie zu The Last of Us ist in der dritten Episode besser als die Vorlage. Die Geschichte von Bill und Frank ist Poesie, die mit schmerzvoller Schönheit eure Herzen bricht.

Achtung! Der Text beinhaltet Spoiler zu Episode 3 und dem Spiel.

Noch nie habe ich ein Interview schneller zugesagt, als ich das Angebot bekomme, mit Peter Hoar sprechen zu dürfen. Er ist der Regisseur der dritten Folge von The Last of Us. Für mich ist diese Folge eine der besten, die ich je in einer Serie gesehen habe.

Diese Episode schreibt ihre eigene Geschichte und löst sich von ihrer Vorlage, spinnt sie weiter. Sie ist mit Bill und Frank zwei Charakteren im Spiel gewidmet, die dort eine relativ kleine Rolle spielen. Hier geht die Serie sogar den Schritt, die Hauptcharaktere weitestgehend zu ignorieren, um uns etwas zu erzählen, was uns das Spiel nicht erzählen konnte. Die Folge bestätigt etwas, worüber die Fans der Spiele seit mehr als 10 Jahren spekulieren.

Bill liebt Frank.

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Liebe aus Nichts geschaffen

Wir kennen Frank aus dem Spiel nur als Leiche, die von der Decke baumelt. Ellie findet einen Abschiedsbrief, in dem Frank mit Beschimpfungen gegenüber Bill um sich wirft.

Im Spiel brauchen wir Bill, um an ein fahrendes Auto zu kommen. Bill ist ein verbitterter, zynischer Mann, den man als “Prepper” bezeichnen würde. Das sind Menschen, die sich gezielt auf eine Katastrophe vorbereiten und das zu ihrem Lebensinhalt machen. Bill ist ein Tüftler und hat ausgeklügelte Systeme entwickelt, um sich Fremde und Infizierte vom Leib zu halten. Joel gehört zu den wenigen Ausnahmen an Menschen, denen er vertraut. Zumindest ein bisschen.

Als Spielerin erfahre ich erst, dass Bill schwul ist, nachdem ich mich von ihm verabschiede und mit seinem Auto meine Reise fortsetze.

Was ich an meiner Episode schon beim Lesen des Scripts geliebt habe: Ich kannte Bill. Ich wusste, wer er ist und welche Funktion er im Spiel erfüllt. Aber seine Story versteht man erst in der Retro-Perspektive. Man versteht es erst, wenn Joel und Ellie wegfahren und Ellie den Stapel [Schwulen-]Pornos unterm Sitz findet. Unsere Story führt genau das weiter aus.

Peter Hoar

Dass Frank und Bill in einer Beziehung waren, ist stark im Spiel angedeutet. Die Frage war all die Jahre:

War der Hass von Frank auf Bill wirklich so groß, dass es zu dem bösen Brief kam oder hat er versucht, die Gefühle von Bill zu beschützen und den Brief deshalb so harsch formuliert?

Die Serie findet eine Antwort, die die Story der beiden so viel besser macht als im Spiel. Bill und Frank empfinden eine innige Liebe zueinander, die einen fast vergessen lässt, dass um sie herum die Menschheit zu Grunde geht. Alles um die beiden fühlt sich so echt an. Wer selbst in einer Beziehung lebt oder lebte, kann die kleinen Momente der beiden Figuren nachempfinden: Der erste Sex, ihre Streitereien, wie die Liebe langsam in Bills Herz findet. 

Ich glaube Nick Offerman als Bill und Murray Bartlett als Frank alles. Jeden liebevollen Blick, das genervte Augenrollen, die Angst um Verlust seiner Liebe.

Um dieses Level an Authentizität zu erreichen, braucht es die richtigen Schauspieler. Nick Offerman ist in vieler Hinsicht perfekt für die Rolle von Bill. Peter Hoar nennt ihn als einen der entscheidenden Faktoren, warum sich die Beziehung von Bill und Frank so echt für uns anfühlt.

Ich weiß nicht, ob Nick jemals einen romantischen Charakter spielte. Er war etwas nervös, diesen Schritt zu gehen. Es gab also Zeiten, in denen Murray [der Schauspieler von Frank] Nick wirklich zeigen musste, wie man so eine Rolle angeht. Im Bett direkt neben Murray Bartlett liegen, was nebenbei eine tolle Gelegenheit ist, da hat Nick natürlich vorher gesagt: Sowas habe ich noch nie gemacht.

Etwas von dieser echten Nervosität hat es authentisch in die Serie geschafft. Und Murray war dabei so behutsam und nett. Wir haben außerdem die richtige Atmosphäre für die beiden kreiert. Wir hatten das Set, diese riesige Stadt, die nur für uns gebaut wurde. Viel, was wir gedreht haben, waren einfach zwei Menschen. Zwei Menschen, auf winzigen Raum, die miteinander reden.

Peter Hoar

Nick Offerman ist vor allem bekannt für seine Rolle als Ron Swanson in “Parks & Recreation – Das Grünflächenamt”. Da spielt er einen sehr männlichen Mann, der Holz und Fleisch liebt und engen Kontakt zu anderen Menschen wie die Pest meidet. 

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Bill würde sich nicht als schwul identifizieren

Seit einigen Jahren wird die Diskussion geführt, ob man schwule Rollen nicht nur an schwule Schauspieler verteilen sollte. Offerman selbst ist hetero und mit der Schauspielerin Megan Mullally verheiratet.

Wir haben lange überlegt und diskutiert, wie sich Bill identifizieren würde. Ich glaube, Bill würde sich nicht als schwul identifizieren. Er ist in einer Welt, in der er all diese Dinge nicht zugelassen hat. Wenn man dringend ein Label draufpacken will, könnte Bill genauso gut sein ganzes Leben asexuell gewesen sein, bis zu diesem Moment.

Er fühlt Liebe und es fühlt sich richtig an. Das passiert ihm eben zufällig mit Frank. Es ist eine wunderschöne Geschichte darüber, die wahre Liebe deines Lebens zu finden, ungeachtet dessen, wer sie ist und woher sie kommt. Mit dieser Perspektive ist Nick perfekt.

Peter Hoar

Genau das macht die Folge so stark. Am Ende ist egal, wer da zum ersten Mal nach 20 Jahren im Sonnenuntergang gemeinsam Erdbeeren isst. Spielt es eine Rolle, wer die Liebe seines Lebens bis ins hohe Alter und in Krankheit pflegt? Es ist nicht wichtig, wer mit genau dieser Liebe sich dafür entscheidet, den Tod als Freund zu begrüßen und zu gehen.

Am Ende zählt, dass zwei Menschen sich geliebt haben, in einer verwüsteten Welt. Damit fängt die Folge die Kernessenz von The Last of Us ein. Es ging auch im Spiel schon immer um Liebe und wie sie in der Apokalypse gedeiht.

Die Sache mit dem Fenster am Schluss…

Wenn die Kamera am Schluss durch das Schlafzimmer von Frank und Bill gleitet und auf das Fenster hält, packt mich die Melancholie so richtig. Sofort meine ich das Fenster aus dem Startbildschirm des Spiels zu erkennen und wenn ihr das gleiche Gefühl habt, liegt ihr damit genau richtig.

Es gab einen Punkt, da wollte Craig [der Co-Schreiber], dass jede Folge das Motiv [des Fensters] hat. Er hatte sich sowas vorgestellt, dass man bei HBO Max auf das Fenster klickt wie im Spiel und dann die Episode startet.

Aber wir dachten, dass unsere Story so anders ist, dass es sich komisch angefühlt hätte, mit dem Fenster zu beginnen. Wir haben ihm dann vorgeschlagen es so zu machen, wie wir es gemacht haben und er hat’s geliebt. Es ist so schön, die Story nochmal zurück zu Bill und Frank zu bringen, mit dem Bild an der Wand und den Blumen, die Frank dahingestellt hätte.

Peter Hoar
Das Bild zeigt einen Screenshot vom Startbildschirm von The Last of Us. Zu sehen ist ein Fenster.
Das Fenster im Startbildschirm von The Last of Us hat eine eigene Magie für sich.

Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber ich habe für mich entschlossen, dass das jetzt der Kanon ist. Das nächste mal, wenn ich den ersten Teil des Spiels wieder spiele und mich das vertraute Fenster begrüßt, werde ich an Bill und Frank denken.

Und ich werde an die Liebe denken, in einer zerrütteten Welt.

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Das Interview wurde via Zoom in Form eines Roundtables geführt, an dem mehrere Journalisten und Journalistinnen aus der ganzen Welt teilnahmen. Die Zitate von Peter Hoar wurden zwecks besserer Verständlichkeit stellenweise gekürzt.

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Guppigoldfisch

Hab mir die Folge gerade angeschaut und ich fühle deinen Artikel so sehr, Leya. Ich hab das Spiel nie gespielt, deshalb wusste ich nicht was mich hier erwartet.

Normalerweise finde ich Liebesgeschichten in Filmen immer etwas zu fantastisch und kitschig dargestellt, was mich selten abholt. Und um ehrlich zu sein, war ich anfangs echt erst irritiert, dass Bill, der als harter Kerl eingeführt wird, sich plötzlich in einer gleichgeschlechtlichen Romanze wiederfindet, von einer Szene zur nächsten. Ganz aus dem Nichts. Und ich muss zugeben, mich hat das erst ein wenig aus dem Konzept gebracht, aber meine Güte lag ich da falsch..
Ich glaube ich habe selten durch Filme oder Serien SO SEHR mit der Beziehung zweier Menschen mitgefühlt wie hier. Und wie du in deinem Artikel sagst, könnte ich es nicht besser sagen. Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Rolle gespielt was für eine Art von Beziehung dargestellt wird, sondern ich glaube jeder der schonmal eine liebende Beziehung geführt hat oder es tut, konnte das wirklich nachempfinden. All die kleinen Dinge, wie das gemeinsame Erbeeren teilen, und dabei so glücklich zu sein über diesen einen Moment, bis hin zum gemeinsamen Ende.. puh. Ich hab während dem Gucken gerade jedenfalls mehrmals vor Freude,Trauer und Nostalgie geheult wie ein Schlosshund und ich, “als harter hetero Mann”, heule wirklich nicht oft. Das hätte ich von der Last of Us Serie wirklich niemals erwartet und das kam so aus dem Nichts für mich. Respekt an die Schauspieler und das Drehbuch. Das war wirklich schön, und irgendwie auch traurig, aber schön.

Alex

Das war mit Abstand die authentischste und ungekünstelte Männliche Homosexuelle Beziehung die ich je in einer Serie gesehn habe, wunderschön, keine Sekunde gezwungen. Einfach eine wundervolle Liebesgeschichte die mich von vorn bis hinten mitgenommen und bewegt hat. Alleine dafür hat sich die Serie schon gelohnt.

jesthan

Ohne das Spiel zu kennen, finde ich die Episode 3 großartig! Ist auch für mich eine der besten Einzelepisoden, die ich jemals gesehen habe (und ich habe schon seehr viel gesehen). Hat mich ähnlich kalt erwischt, wie die letzte Episode der letzten Staffel aus His Dark Materials (ähnliche Stimmung und ohne Tränen kommt man nicht aus, kleine Empfehlung an der Stelle).

Die ersten zwei Epsioden fand ich als Einstieg in die Serie/das Setting ganz in Ordnung und auch die Protagonist*innen haben meiner Meinung nach einen sehr guten, wenn auch (noch) nicht großartigen Job bisher geleistet.

Freue mich auf jeden Fall auf jede folgende Episode und hoffe, dass sich die Qualität hält.

K-ax85

Das war wirklich ganz großes (Serien) Kino – die Folge war einfach von Anfang bis Ende perfekt und hat einen emotional abgeholt, die Charaktere absolut glaubhaft. Ich finde die Serie bisher phänomenal – noch nervt Ellie mich etwas, aber ich vermute auch sie wird in der Serie noch Ihre “Heldenreise” machen – Joel wird hingegen (für mich) vortrefflich von Pedro Pascal gespielt.

no12playwith2k3

Die Serie schafft einiges mit dem Zuschauer, was das Spiel mit dem Spieler geschafft hat: Ihn emotional mitzunehmen. Und das schafft die Serie tatsächlich auch mit einem Spieler des Spiels. Hochachtung!

Mich hatte der Prolog in Folge 2 bereits richtig mitgenommen. Diese rational antwortende indonesische Professorin, die nach ihrer Empfehlung einfach nur bei ihrer Familie sein möchte. Gänsehaut!

Ich hätte nie gedacht, dass das noch allzu sehr getoppt werden könnte. Aber Folge 3 gestern: Unfuckingfassbar! Die Bilder, die Musik, die Story. Herzzerreißend!
Dazu noch eine Liebesbeziehung, die nicht künstlich für das Medium Fernsehen aufgesetzt wirkt und die man wirklich nachvollziehen kann.

Ich behaupte, die Folge “Left behind” wird ähnlich emotional.

Damian

Die Nonchalance und Selbstverständlichkeit mit der die Beziehung zwischen den Beiden erzählt wurde, hat mich total berührt. Ich mag es sehr, wenn die Auswirkungen der Katastrophe auch anhand anderer Figuren den Zuschauern vor Augen geführt werden.

David

Auch ich gehöre zur Fraktion Bella Ramsay sieht nicht wie Ellie aus, aber ich glaube da haben viele etwas missverstanden. Bella ist von ihrem schauspielerischen Können sicher nicht schlecht, aber wird Ellies Charakter keinesfalls gerecht…..Ellie war nie ein kleines angepisstes Mädchen in ner Identitätskrise mit masochistischen Neigungen wie in besagter Serie. Hätte für mein empfinden eher die Idealbesetzung für Abby sein müssen. So und nun zum eigentlichen Thema….ich fand sowohl folge 2 als auch 3 wirklich sehr gut gemacht, auch wenn ich jetzt nicht so tun muss als wäre hier das Rad neu erfunden worden. Die Gefühle wurden definitiv rübergebracht auch wenn sowas immer subjektiv ist. Als Meisterstück würde ich diese für hbo typischen Lückenfüllerfolgen nun nicht bezeichnen wollen. Im Endeffekt hat die Serie nur dafür gesorgt, dass die Absatzzahlen erhöht wurden, businesstechnisch alles richtig gemacht. Ob es diese spezielle Folge nun wirklich gebraucht hätte um Liebe, Verlust, den Glauben an die Liebe in einem postapokalyptischen Szenario wage ich zu bezweifeln…..kennt man aus dutzenden anderen Filmen und Serien. Und das Spiel hat mich da eher abgeholt seinerzeit 2013. Aber wie gesagt, von beiden besagten männlichen Protagonisten super Arbeit, muss und sollte man anerkennen!

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von David
TiDAL

grossartiges kino. 12/10!

auch wenn online viele am haten sind weil ramsay nicht wie ellie aussieht, bin ich der meinung sie wird die show auch in staffel zwei rocken. zudem wird diese folge bestimmt auch einige hater hervorbringen – welche diesen teil des spiels gänzlich nicht verstanden haben.

ich hoffe die macher anderer serien wie beispielsweise resident evil lernen davon.

es macht mich glücklich solch ein absulutes masterpiece von spiel als serie wieder erleben zu dürfen. ich denke auch teil 2 wird der absolute hit.

danke für den bericht!

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von TiDAL
lIIIllIIlllIIlII

Ich gebe zu, ich gehöre zu denjenigen, die der Cast nicht gecatched hat.

Ich sehe den Cast und bin angepisst. Ich kann es nicht ändern. Es ist nicht rational. Es ist einfach so.

TiDAL

ich kann deine meinung akzeptieren. für mich persönlich ist die serie ein absolut unerwartetes meisterstück. die sets, der sound, atmosphäre, cast, bis anhin einfach auf einem top level. selbst wenn ich den cast ignorieren könnte, wäre es für mich ein cineastisches meisterwerk. das ist wie guter wein, etwas zum geniessen 🙂

hbo/sony/naughtydog kann so etwas einfach.

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von TiDAL
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