Das neue Survival-Game der Frostpunk-Macher deprimiert mich auf die gute Art

Das neue Survival-Game der Frostpunk-Macher deprimiert mich auf die gute Art

Chefredakteurin Leya war zu Besuch bei 11 Bit Studios und spielte dort ihr neues Sci-Fi-Game The Alters. Das löst in ihr eine deprimierende Melancholie aus, die sich gleichzeitig gut für sie anfühlt.

Ich denke oft darüber nach, was passiert wäre, wenn ich den Job bei MeinMMO nicht angenommen hätte. Ich wäre nicht nach München gezogen, würde wahrscheinlich immer noch in Holland leben und hätte dort in den letzten fünf Jahren ein ganz anderes Leben geführt.

Wer wäre ich heute?

Mit genau solchen Fragen beschäftigt sich das neue Spiel der polnischen 11 Bit Studios, die durch This War of Mine und Frostpunk bekannt geworden sind. In ihrem neuen Spiel The Alters wacht ihr verwirrt auf einem fremden und gefährlichen Planeten auf. Ihr wisst, dass ihr irgendwie von dort entkommen müsst, denn hier können sogar Sonnenstrahlen tödlich sein.

Ihr spielt dabei Jan Dolski, ein einfacher Mann, der jetzt in der Klemme steckt.

Das Besondere an The Alters ist, dass ihr mehrere Alter Egos von euch erstellen müsst, die verschiedene Aufgaben für euch erledigen. So erhöht ihr eure Überlebenschancen. Dazu steht euch eine wandernde Basis zur Verfügung, die ihr weiter ausbauen könnt und müsst.

Wie bekommt ihr diese Alter Egos? Ganz einfach! 

Ihr manipuliert die Erinnerungen von Jan Dolski und trefft alternative Entscheidungen in seinem Leben, die Jan zu einer anderen Person mit anderen Fähigkeiten machen. Geht Jan auf die Universität und schlägt eine akademische Laufbahn ein, wird er Wissenschaftler. Bleibt er zu Hause, um seine Mutter zu unterstützen, macht er eine Ausbildung und wird Mechaniker. Der eine kann für euch forschen, der andere die Basis weiter ausbauen und reparieren. 

Die Technik dafür liefert eine ominöse Organisation, mit der ihr telefonisch verbunden seid. Diese lässt euch aber so ziemlich im Dunkeln tappen, wer sie genau sind und was ihr überhaupt für sie machen sollt.

Irgendwann hütet ihr ein Rudel voller Jans, die alle verschiedene Bedürfnisse und Erwartungen an euch als leitender Jan haben. Hier liegt natürlich ziemlich viel Konfliktpotential, das es zu lösen gilt.

Klingt alles ziemlich abgedreht, oder? Ist es auch. Deshalb bin ich nach Warschau gefahren, um auf Einladung von 11 Bit Studios The Alters zu spielen. Denn auf genau so abgedrehte Konzepte, stehe ich unheimlich.

Wer schreibt hier? Leya ist seit 2021 Chefredakteurin von MeinMMO und verantwortlich für Redaktion und Content-Strategie. Sie würde wahrscheinlich durchdrehen, wenn sie mit vielen anderen Leyas auf engstem Raum eingesperrt wäre. Sie liebt Science Fiction und dystopische Szenarien. Bis heute ist Battlestar Galactica eine ihrer Lieblingsserien und sie versucht, jedem das Buch „Der Astronaut” von Andy Weir aufzuschwatzen.

The Alters konfrontiert mich mit meinem eigenen Leben

Zusammen mit anderen Journalisten und Influencern werde ich in einen großen, dunklen Raum voller PCs geführt. Wir haben etwa zwei Stunden Zeit, um The Alters zu spielen und uns einen Eindruck zu verschaffen.

Es dauert keine fünf Minuten und The Alters hat mich in seinen Bann gezogen. Das Mysterium um Jan Dolski und seine Mission macht mich neugierig. Nach und nach erfahren wir zusammen mit Jan mehr.

Schon früh werde ich dahin geleitet, Klone von Jan zu erschaffen und in seinen Erinnerungen zu wühlen, sie zu manipulieren. Sofort fange ich an, über meine eigenen Lebensentscheidungen nachzudenken.

Vor allem Jans Jugend ist voller Schuldgefühle. Warum das so ist, will ich nicht spoilern. Es lässt auch in mir Schuldgefühle aufkommen, denn einige Entscheidungen, die Jan treffen musste, sind verdammt nah an meinen eigenen Erfahrungen. Ich gehe davon aus, dass es für jeden Themen in Jans Leben geben sollte, die der eigenen Basis irgendwie nahe kommen.

Auch der Synchronsprecher von Jan ist anwesend. Alex Jordan ist vor allem bekannt als „der Typ, der die Sexgeräusche in Baldur’s Gate 3 gemacht hat”. Er liefert als Jan eine grandiose Leistung ab.

Das Thema Schuld geistert beim Spielen in meinem Kopf herum. Nach etwa einer Stunde Spielzeit, werde ich in einen kleinen Nebenraum geführt und kann dort für eine Weile mit dem Lead Designer von The Alters sprechen. Ich frage mich, ob Schuld so etwas wie das Hauptthema in The Alters ist und Rafał Włosek gibt mir Antwort.

Ich glaube, das ist eine der Ebenen. Ich muss etwas mehr Kontext geben, um das zu erklären. Wir wollten ein Spiel zum Thema „Was wäre wenn” machen. Wir wollten ein Spiel über Entscheidungen machen. Es sollte die Spieler dazu anregen, über ihre eigenen Lebensentscheidungen nachzudenken.

Mit Jan wollten wir einen Charakter schaffen, der dieses Ziel erreichen kann. Wir mussten sein ganzes Leben gut durchdenken. Ich glaube, er hatte ein hartes Leben. Er hatte einen schwierigen Start und musste auch schwierige Entscheidungen treffen. Mehr als ich zum Beispiel in meinem Leben. Deshalb fühlt er sich vielleicht schuldig für viele Dinge, die er getan oder nicht getan hat.

Aber das ist nur ein Teil von ihm. Jedes von Jans Alter Egos hat einen anderen Schwerpunkt. Es gibt so viele Themen wie: Will ich allein leben oder mit anderen? Will ich versuchen, meine Ehe zu retten? Will ich im Leben viel erreichen oder bin ich mit wenig glücklich? Will ich anderen helfen oder vor allem mir selbst? Das sind alles unterschiedliche Fragen, die man in den verschiedenen Alter Egos sehen kann.

Beim Mechaniker geht es viel um die Probleme seiner Jugend, und da sind viele Schuldgefühle drin. Aber ich würde nicht sagen, dass das das Hauptthema des Spiels ist.

Rafał Włosek, Lead Designer von The Alters, über das Spielkonzept

Rafał fährt fort, dass ihre Tester und sein Team dazu neigen, Lieblings-Jans zu haben. Das kann ich mir gut vorstellen, und ich glaube, dass man sich zu den Jans hingezogen fühlt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie man selbst – oder zu den Jans, die man sein möchte.

Survival-Mechaniken als Unterstützung für Storytelling

Neben dem ganzen Klonen und den Selbstgesprächen mit euren Alter Egos, gibt es noch eine zweite Ebene des Spiels. Hier liegt der Gameplay-Loop.

Ihr müsst eure Basis weiter ausbauen, dafür um euch herum Ressourcen sammeln. Der Planet steckt voller Gefahren und ihr kämpft gegen die Zeit, bis alles kollabiert und euch killt. Und schon haben wir die Grundlage eines Survival-Games.

Der Planet ist gefährlich und eure Basis, die einem Rad sehr ähnlich sieht, kann euch helfen zu entkommen. Dafür müsst ihr sie weiter ausbauen und Ressourcen sammeln.

The Alters ist aber im Kern kein Survival-Spiel.

Geht nicht mit der Erwartung heran, dass ihr hier ein nächstes No Man’s Sky bekommt. Aber was mir beim Spielen auffällt, ist, dass es unglaublich entspannend ist, auf diesem gefährlichen Planeten herumzulaufen. Normalerweise bin ich bei Survival-Spielen total gestresst, weil einen alles umbringen kann und man kaum Zeit hat, sich ums Überleben zu kümmern.

In der kurzen Zeit, habe ich nicht ganz verstanden, warum ein so bedrohliches Szenario gleichzeitig so entspannend ist. Auch bei dieser Frage kann mir Lead Designer Rafał helfen.

Am Anfang wollten wir ein Spiel machen, bei dem es um Entscheidungen geht. Dann haben wir uns gefragt, wie wir diese Elemente verpacken können und sind bei einem Survival-Game gelandet. Es dauerte ein paar Konzept-Durchläufe, bis wir unsere generelle Idee hatten. Das war ganz am Anfang, als wir das Spiel noch auf Papier gespielt und Brettspiel-Prototypen gebaut haben.

Langsam fingen wir an, die Mechaniken hinzuzufügen, die unsere Grundidee der Story und des Überlebens unterstützen. Unser Hauptaugenmerk lag auf der Story.

Eines der Dinge, die unser Gesamtkonzept stark unterstützen, ist die Erkundung der Welt. Die Welt ist zwar sehr gefährlich, und je weiter man geht, desto gefährlicher wird es. Aber es ist auch ein guter Ort, um über sich selbst nachzudenken. Wenn sich alle Probleme auf deiner Basis stapeln und du müde wirst, kannst du einfach in diese wilde und gefährliche Welt gehen, aber du bist allein. Während du also nach Ressourcen suchst, hast du viel Raum, um über die Geschichte, die Abzweigungen und dich selbst nachzudenken.

Wenn es zu gefährlich wird und du zum Beispiel zu viel Energie verloren hast oder die Strahlung zu hoch wird, kannst du dich in die Sicherheit der Basis zurückziehen. Dort ist es warm, es gibt etwas zu essen, aber auch dort gibt es wieder Probleme.

Das ist natürlich ein typischer Gameplay-Loop an sich, aber es unterstützt die ganze Story.

Rafał Włosek, Lead Designer von The Alters, über den Survival-Gameplay-Loop

Der Fokus liegt also ganz klar auf dem Storytelling und der Geschichte von Jan. Nach den ersten Spielstunden habe ich den Eindruck, dass diese Mischung aus Survival-Game und Story-Fokus funktioniert und gut zusammenpasst.

Ich hätte noch lange weiterspielen können, weil es so entspannt ist. Dafür wird der philosophische Teil meines Kopfes sehr angeregt.

The Alters ist innovativ und wird seine Fans haben

Das Spielen von The Alters löst in mir eine deprimierende Melancholie aus, aber das macht das Spiel für mich so gut. Jans Schicksal berührt mich und ich möchte dem armen Kerl in all dem Chaos helfen.

Das ist schließlich das Wichtigste in einem Spiel, das sich so sehr auf eine einzige Figur und ihren Lebensweg konzentriert. Bei den Survival-Mechaniken bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht irgendwann eintönig werden.

Aber Lead Designer Rafał hat mir versichert, dass sich die Umgebung außerhalb der Basis im Laufe des Spiels noch stark verändern wird. Sie soll sogar eine symbolische Komponente für die Story haben.

Bis jetzt hat 11 Bit Studios nicht enttäuscht und ich erwarte, dass The Alters qualitativ so gut wird, wie es am Anfang aussieht.

Ob The Alters an die Erfolge von This War of Mine und Frostpunk anknüpfen kann, bleibt abzuwarten. Das Konzept ist ziemlich abgefahren und das muss man natürlich mögen. Ich denke aber, dass es eine treue Fangemeinde geben und die The Alters als besonderes, innovatives Spielerlebnis weiterempfehlen wird.

Mein Kollege Fabiano von der GameStar ist ebenfalls davon überzeugt, dass es sich hier um ein ungewöhnliches Spiel handelt. Schaut doch auch mal in seine Preview: The Alters ist das ungewöhnlichste Survivalspiel, das ich je gespielt habe

Ich bin gespannt, ob euch das Konzept von The Alters anspricht und ihr es auf eure Watchlist setzt? Der Release ist immer noch für 2024 geplant.

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