Gaming-Seite wird von IGN gekauft, verliert letzte Redakteurin, sendet netten Gruß

Gaming-Seite wird von IGN gekauft, verliert letzte Redakteurin, sendet netten Gruß

Gestern wurde bekannt, dass eine Reihe von englischsprachigen Gaming-Seiten, aber auch die deutsche Eurogamer, von IGN übernommen werden, hinter dem der Medienkonzern Firma Ziff Davis steht. Einige Stellen wurden noch am selben Abend abgebaut. Das will man sich nicht überall gefallen lassen. Die Strategie-Seite Rock Paper Shotgun schickt heute, am 22.5., einen netten Gruß an die neuen Eigentümer.

Das war die Nachricht:

  • Es war schon länger bekannt, dass das „Gamer Network“ zum Verkauf steht. Die Muttergesellschaft ReedPop wollte ihre Gaming-Seiten rund um Eurogamer verkaufen.
  • Gestern Abend meldete man dann Vollzug: Ziff Davis hat für eine „nicht bekannte Summe“ die Seiten von Gamer’s Network übernommen, darunter GamesIndustriy.biz, Eurogamer und seine 6 Lokalausgaben, dazu Rock Paper Shotgun, VG 247 und Dicebreakers.

Die Seite Rock Paper Shotgun ist auf PC-Spiele spezialisiert, vor allem auf Rollenspiele und Strategiespiele wie Crusader Kings 3:

Noch am Abend des Kaufs kamen Nachrichten über Entlassungen

Das war die nicht so schöne Nachricht: Relativ schnell kamen Nachrichten, dass langjährigen Redakteuren der Seiten gekündigt wurde. Die Stellen bei Eurogamer und Digital Foundry waren offenbar sicher. Aber es kostete Arbeitsplätze bei GamesIndustry.biz und der Strategie-Seite Rock Paper Shotgun. Die Mitarbeiter berichteten: Offenbar wurden viele, vielleicht sogar alle Mitarbeiter gefeuert, die nicht in Großbritannien ansässig waren (via aftermath).

Aftermath berichtete kritisch: Die Übernahme sei zwar schon lange im Gespräch gewesen, aber die Nachricht, dass Leute gehen mussten, sei neu gewesen. Einigen Mitarbeitern sei vorher ausdrücklich versichert worden, ihre Stellen seien sicher.

Die letzte Redakteurin eines Spielemagazins muss gehen – Rechnete nicht damit

Die Entlassung schmerzt besonders: So musste Alice Bell gehen, eine Redakteurin des Strategie-Magazin Rock Paper Shotgun.

Das auf PC-Spiele spezialisierte Magazin mit Fokus auf Strategie und Rollenspiel war 2007 gegründet worden, die Gründer hatten die Firma aber nach und nach verlassen. Die letzten gingen 2019. Gamer’s Network hatte die Seite im Mai 2017 gekauft.

Alice Bell war 6 Jahre lang, seit Juni 2018 bei Rock Paper Shotgun, und hielt dort als „Deputy Editor“ noch die Stellung. Zum Verhängnis wurde ihr, wie sie glaubt, dass sie in Irland lebt. Sie rechnete nicht damit gekündigt zu werden, weil sie die einzige Redakteurin war, die noch bei Rock Paper Shotgun arbeitete. Ohne sie gäbe es dort keine Redaktionsleitung. Daher überraschte sie ihre eigene Entlassung besonders.

Sie verabschiedete sich am Tag der Übernahme auf Twitter, am 21.5., mit: „Ratet mal, wer zwei Daumen hat und überflüssig wurde, nachdem meine Firma neue Besitzer hat“ und schickte zwei Daumen.

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Artikel veröffentlicht Liste als subversiven Gruß

Wie reagiert das Magazin? Rock Paper Shotgun hat heute einen Artikel veröffentlicht, mit dem Titel „Die besten Alices in PC Games“ (via rockpapershotun). Der Artikel ist der herausstechende Artikel der Seite im Feature-Bereich.

Leicht subversiv sagt man, ohne die Redakteurin zu erwähnen: Bei Rock Paper Shotgun möge man Alices. Wenn man eine Alice trifft, müsse man sie respektvoll begrüßen und „Alice“ zu ihr sagen. So eine Alice sollte man nicht leicht nehmen und sie nicht unbeaufsichtigt lassen. Mit einer Alice müsse man rechnen.

Dann zählt man einige Alices aus Videospielen auf, natürlich „Amerika MCGee’s Alice“, dazu drei weitere und endet mit: Das seien alle Alices, die einem einfallen.

Man fügt eine Umfrage ein, ob Leute noch Rock Paper Shotgun unterstützen, mit einigen garstigen Antwortmöglichkeiten wie “Ich hab’s mal unterstützt, aber kann es grade nicht rechtfertigen” und “Nein, aber ich werde vielleicht, jetzt wo es billiger ist als vorher.”

Man fragt die Leser zudem, ob die noch eine Alice kennen, die sie vielleicht feiern möchten.

Der Kommentar mit den meisten Likes sagt dann: „Das fühlt sich etwas redundant an“ – eine klare Anspielung auf die Entlassung der Redakteurin.

So kann man subtil gegen die herrschenden Bedingungen auf einer Webseite rebellieren. Bei MeinMMO hat auch mal jemand den Aufstand geprobt, der konnte aber rasch und erbarmungslos niedergeschlagen werden: Cortyns Arbeitsalltag – ein geknechteter Dämon packt aus

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Duraya

das Bild tut auch weh, hätte gerne ein Alice 3 gehabt

Monfyre

IGN ist auf YouTube quasi ein Zombie. Sie haben 18Mill Abonnenten, hauen zig Videos am Tag raus, deren Inhalte möglichst einfach produziert werden können und wenig Klicks bekommen. Die meisten Klicks dort werden mit kopierten Shortvideos gemacht.
Spieleseiten haben Probleme und der Kaufpreis war bestimmt günstig, um so ein paar Konkurrenten einzufangen.
Kotaku versucht es anscheinend, über die Provokationsschiene irgendwie im Gespräch zu bleiben (anders kann ich mir die Kommentare teilweise nicht erklären) und hat wahrscheinlich auch nur noch 4 Leute dort sitzen, die Artikel verfassen.

Monfyre

ok, danke für die Info.
Es kam mir da in letzter Zeit so vor, dass einige Autoren gerade bei Twitter unterwegs sind, um mit jedem Mittel Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Dachte, das wäre eine Strategie, um ihren Job bei Kotaku zu rechtfertigen.
Zuletzt gab es dort ja Vorgaben, dass eine gewisse Anzahl von Spiele-Reviews auf der Seite pro Autor vorhanden sein soll. Dann gab es Gespräche mit dem Vorstand und es wurde für einige rückgängig gemacht. Die Seite hatte zu Zeiten von Skandalen die höchsten Zugriffszahlen. Daher machte die Schlussfolgerung für mich Sinn, dass neue Skandale gut für die Zahlen der Seite seien.

Zuletzt bearbeitet vor 23 Tagen von Monfyre
lIIIllIIlllIIlII

Was ist aus Schreier geworden?

Antiope

Ich verstehe nicht warum eine Alyssa Mercante mit offensichtlich sexistischem Tatoo, polarisierenden, den Journalismusethos missachtenden Artikeln, noch nicht gefeuert wurde. So wie sie mit dem Farmfolksentwickler umgegegangen ist, war würde- und geschmacklos. Sie schürt nur das Feuer im Kulturkampf. Das finde ich bedenklich.

Antiope

Am meisten stört mich dass dadurch eine gesunde Debattenkultur ein Stück weit kaputtgemacht wird. Ich finde es schade, dass häufig nicht mehr wohlwollend interpretiert wird, sondern der Kulturkampf im Vordergrund steht, den die meisten Menschen einfach nicht wollen. Es schadet auch dem Ansehen des Spielejournalismus. Es gibt jedenfalls immer mehr Journalismusverdrossenheit und das finde ich schade, weil Spielejournalisten wichtig sind, damit sich Konzerne mit ihren Kunden nicht alles erlauben können.

Antiope

Maurice Weber sagt mir nichts, aber Shurjoka ist mir ein Begriff. Sie leistet mit ihrer Undifferenziertheit jedenfalls einen Bärendienst an der progressiven Linken und zieht sie insgesamt ins Lächerliche und befeuert damit auch den Kulturkampf und stärkt nur das Gegenlager bzw. führt halt zu mehr Lagerdenken bzw. Bubblebildung.

edit: Ach er ist scheinbar von der Gamestar. War mehr der 4players-Typ als noch Jörg Luibl da war.

Zuletzt bearbeitet vor 23 Tagen von Antiope
Antiope

Ja, das stimmt wohl. An Journalisten werden deutlich höhere Ansprüche gestellt, wohingegen Influencer mehr Nachsicht zugestanden wird. Die hohen Ansprüche finde ich gut, jedoch sollten sie sich auch auf die Influencer ausweiten, zumindest etwas mehr.

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