Rollenspiel in einem MMORPG – Die Charaktererstellung

Rollenspiel in einem MMORPG – Die Charaktererstellung

Das Spiel wurde bereits ausgewählt, in welchem du dich im Rollenspiel versuchen möchtest, doch dir fehlt der Zugang oder du hast Angst bei deinen ersten Gehversuchen, einen schlechten Eindruck zu hinterlassen? Damit schaffen wir jetzt Abhilfe! Thematisch wird es sich heute um die Erstellung deines ersten, rollenspieltauglichen Charakters drehen, doch schon vorweg sagen wir: Diese Tipps sind keine in Stein gemeißelten Regeln, werden dir aber den Einstieg massiv erleichtern.

Die Charakterstellung ist das Fundament deiner Rollenspielerfahrung, hier entscheidet sich bereits vieles für die Zukunft, deswegen sollte man sehr sorgfältig vorgehen, um sich nicht schon am Start selber Steine in den Weg zu legen. Die Erstellung ist nicht zwingend zeitintensiv, aber ein paar Notizen sollte man sich machen und im Kern muss man fünf Fragen beantworten können, damit der Charakter sich in das Spielgeschehen stürzen kann.

Aber gehen wir im Detail auf die einzelnen Punkte ein:

1. Was hat mein Charakter bisher erlebt? (Familie, Freunde, Hintergrund)

Für die Beantwortung dieser Frage ist es unerlässlich, sich bereits ein wenig mit der Hintergrundgeschichte der Spielwelt auszukennen. Meistens lassen sich diese Informationen kostenlos aus dem Internet beziehen, ansonsten fragt man in Foren nach Details, die man für wichtig erachtet – oder man fragt diesen einen “Lore-Nerd”, den wir alle in unserer Freundesliste haben. Auf keinen Fall sollte man eigene Wissenslücken durch Vermutungen füllen, das führt im Regelfall zu Komplikationen.

Ein Beispiel gefällig? Man könnte in WoW auf den Gedanken kommen, eine Draenei zu spielen, die bei den Menschen aufgewachsen ist. Erfahrene Spieler werden weinend die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen, denn das Volk der Draenei hat erst seit wenigen Jahren Kontakt zu den Menschen.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Geschichte: Bleibe bodenständig! Nichts ist langweiliger, als eine Hintergrundgeschichte, die erklärt, warum dein Charakter ein absoluter Superheld ist. Es mag stimmen, dass du in einer Raidinstanz schon 19 Drachen und 254 Untote besiegt hast – das hat aber im Rollenspiel nichts zu suchen.

Die Rolle eines einfachen Bäckers, eines eher tollpatschigen Söldners oder eines einfachen Bauernjungen hat viel mehr Potenzial und sie verschreckt andere Spieler nicht. Niemand ist im echten Leben perfekt und niemand sollte es im Rollenspiel sein, denn das macht nur eines: einsam.

Handel in Dragon's Prophet

Doch auch das andere Extrem ist unglaublich langweilig: Neulinge tendieren oft dazu eine Hintergrundgeschichte auszuarbeiten, die vor Dramatik nur so trieft. Der Vater des Charakters wurde von deinem persönlichen Erzfeind ermordet, die Mutter starb bei der Geburt und jetzt musste sich das gebrochene, hilflose und gutgläubige Mädchen durch die Straßen der Städte betteln, wo sie immer wieder auf böse Männer und deren Versprechungen reingefallen ist.

Es ist sehr verlockend in einer Fantasiewelt etwas ganz Besonderes spielen zu wollen, doch auf die Idee sind leider auch schon Tausende vor dir gekommen und haben die Rollenspielserver geflutet. Es ist langweilig und sorgt nur für Frustration bei euren Mitspielern.

Besonders einfach fällt der geschichtliche Einstieg aber, wenn du ihn zusammen mit einem Freund ausarbeitest. Eure beiden Charaktere könnten Brüder oder gute Freunde sein – arbeitet ein paar gemeinsame Erinnerungen aus, die eure Charaktere verbinden und schon kann es losgehen.

2. Wo liegen die Stärken meines Charakters? (Fähigkeiten, “Soft Skills”)

Wie schon zuvor erwähnt, ist es ungeheuer eintönig, wenn euer Charakter in allem was er anstellt, der Beste ist. Niemand kann der legendäre Drachentöter, der weltgrößte Schmied, der erfolgreichste Frauenheld, der eleganteste Zeichner und standhaftester Kampftrinker gleichzeitig sein. Wähle am besten ein bis zwei Dinge, die dein Charakter wirklich gut kann, das muss nicht einmal etwas Weltbewegendes sein. Kleine Dinge wie “Er kann gut mit Kindern umgehen” oder “Sie bleibt immer ruhig, auch im hitzigsten Streit” machen einen Charakter um ein Vielfaches interessanter als “Er ist unbesiegbar und tötet jeden Feind in zwei Sekunden”.

Bei der Auswahl der Stärken solltest du dein Augenmerk aber auch auf ein weiteres Detail richten: Wähle nur Stärken, die du als Spieler auch selber darstellen kannst! Es ist einfach nicht sehr überzeugend, wenn dein Charakter ein “sehr guter Schmied” ist, du als Spieler aber keine Ahnung hast, was z. B. eine Esse ist. Das macht deinen Charakter unglaubwürdig und führt für dich zu frustrierenden Momenten. Die goldene Regel, die sich aus dem LARP hier übertragen lässt, ist: Spiele nur, was du auch darstellen kannst.

3. Wo liegen die Schwächen meines Charakters? (Schlechte Angewohnheiten, Defizite)

Genau so wichtig wie die Stärken, sind auch die Schwächen deines Avatars. Im Grunde gelten hier die gleichen Regeln wie bei den Stärken: Wähle ein paar Dinge, die dein Charakter einfach nicht gut kann. Das muss nichts Handwerkliches sein, auch soziale Nachteile sind denkbar. Um wieder ein paar Beispiele zu nennen: Ein stattlicher Schmied, der Angst vor Hunden jeder Größe hat, oder aber eine Spicehändlerin, die nicht anders kann als gut aussehenden Twi’lek-Männern immer einen viel zu hohen Rabatt zu gewähren.

Vielleicht eine adelige Dame, die aber einen ungeheuer schlechten Modegeschmack hat? Alles ist denkbar und jede Stärke kann gespiegelt eine Schwäche ergeben – die Palette ist nahezu grenzenlos. Hinzu kommt, dass dein Charakter seine eigene Schwäche vielleicht noch gar nicht kennt, weil sie sich bisher in keiner Situation gezeigt hat – möglicherweise zeigt sie sich erst im Laufe des RPs.

4. Was für Ziele hat mein Charakter? (Vor allem langfristig)

Dieser Punkt ist besonders wichtig, um deinen eigenen Spielspaß zu gewährleisten. Hierfür ist es nicht notwendig, einen ganzen Aufsatz zu verfassen, was dein Charakter erreichen möchte oder wie er es erlangen will – ein einzelnes Stichwort kann vollkommen genügen. Zu diesem Zweck unterscheiden wir Ziele in langfristig und kurzfristig. Das langfristige Ziel ist das Wichtigste, denn es hilft vor allem dir als Spieler, in schwierigen Situationen den “roten Faden” deiner eigenen Geschichte wieder aufzunehmen und bietet dir eine Entscheidungshilfe.

Natürlich muss dein Charakter nicht nonstop dieses Ziel verfolgen, es ist aber ungemein wichtig für seine Lebensplanung. Und ein großer Vorteil: Ziele müssen nicht realistisch sein. Dein Schmiedelehrling kann ruhig das Ziel haben, irgendwann die Rüstung des Königs schmieden zu dürfen oder der beste Schmied der Welt zu werden – auch wenn du als Spieler weißt, dass er das niemals erreichen kann. Auch ein eher grober Begriff wie ein “freies Leben” wäre ein legitimes Ziel, welches ein Charakter anstreben kann.

Kurzfristige Ziele sind, wie der Name vermuten lässt, eher spontaner Natur. Meistens ergeben sie sich einfach aus dem Rollenspiel und benötigen kaum eine weitere Erklärung. Für die Stadtwache außer Dienst könnte es ein Ziel sein, die süße Kellnerin da vorne noch ein wenig anzugraben und vielleicht ihren Wohnort herauszufinden, wohingegen die Kellnerin versuchen könnte, einfach so viel Trinkgeld wie möglich aus diesem offensichtlichen Lüstling herauszupressen.

Zuletzt sei gesagt, dass Ziele sich ändern können, sie sind nicht fest oder unersetzlich. Das Rollenspiel selbst formt deinen Charakter immer weiter, und auch wenn dein Söldner immer von einem freien, ungebundenem Leben träumte, kann es ja sein, dass nach einigen Wochen diese eine hübsche Magierin ihm den Kopf so verdreht hat, dass er vielleicht lieber heiraten und sesshaft werden will.

5. Wie sieht mein Charakter aus? (Muskulös, schmächtig, vernarbt)

Guild Wars 2 Charaktererstellung

Für das Aussehen deines Charakter müssen alle vorherigen Punkte in Betracht gezogen und miteinander verwoben werden. Wenn dein Charakter ein Schmied ist, dann ist es nur logisch, wenn er einen muskulösen Körperbau hat; ebenso wie der Magierlehrling eher schmächtig ist, da er eventuell nie schwerer als seine Schulbücher heben musste.

Achte darauf, dass deine Hintergrundgeschichte, die Stärken, die Schwächen und (nicht immer) auch die Ziele das Aussehen deines Charakters widerspiegeln. Das Aussehen ist das erste, was andere Spieler von deinem Avatar zu sehen bekommen – es sollte grob reflektieren, was ihn ausmacht. Niemand wird es dir abnehmen, wenn du eine kampferprobte Söldnerin darstellen willst, sie aber eine so makellose und narbenfreie Haut hat, sodass man meinen könnte, ihre einzige Anstrengung wäre es bisher gewesen, jeden Abend in Milch zu baden.

Viele Spiele machen es uns Rollenspielern dort relativ schwierig, da die Möglichkeiten der Charaktergestaltung begrenzt sind. Oft hat man pro Rasse und Geschlecht genau ein Körpermodell, wer also eine etwas dickliche Elfe oder eine groß gewachsene Menschenfrau darstellen will, der hat erst mal ein Problem. Du solltest dich von einer geringen Auswahl an Gestaltungsmöglichkeiten aber nicht abschrecken lassen oder dein Charakterkonzept verwerfen – das Aussehen muss nicht zu hundert Prozent deckungsgleich mit dem tatsächlichen Aussehen sein – Kleinigkeiten wie Über/Untergewicht oder Narben kann man auch ohne Probleme im Rollenspiel selbst erwähnen.

Natürlich gibt es vorteilhafterweise auch Online Rollenspiele, wie etwa Aion oder Guild Wars 2 (Bild oben), die mit einer recht umfangreichen Charaktererstellung daherkommen und dir ein breites Spektrum an Möglichkeiten bieten.

Abschluss

Wenn du diese fünf Fragen ausreichend beantworten kannst, dann solltest du dein Konzept mit einer anderen Person besprechen – am besten mit einem Rollenspieler, der das jeweilige Setting gut kennt. Wenn du niemanden in deinem Freundeskreis hast, auf den das zutrifft, dann kannst du auch einfach in den entsprechenden Foren nach Meinungen und Hilfen fragen – als Neuling hast du nichts zu verlieren und die Leute werden dir zumeist gute Ratschläge geben, was du ändern oder noch einmal überdenken solltest.

Denke einfach daran: Du wirst bald mit diesen Leuten spielen, von daher ist es auch ihnen ein wichtiges Anliegen, dass du gut vorbereitet bist und keine Last, sondern eine Bereicherung für die Spielwelt darstellst.

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