Hätte man mir vor 6 Jahren erzählt, ich würde Final Fantasy XIV auf dem PC spielen und seither auch nichts anderes, ich hätte denjenigen für total verrückt erklärt. Undenkbar für einen ehemaligen Konsolenspieler, der sich damals noch darüber amüsierte, als das Spiel vor ca. 10 Jahren von Kritikern und Spielern in der Luft zerrissen wurde. Es war eine Totgeburt von Anfang an. Ich lag ja so falsch!
Als Final Fantasy XIV 2010 erschien, litt es an unzähligen Problemen:
- Darunter die öden Kämpfe
- die leeren Gebiete
- fehlende Komfort-Funktionen
- und zu allem Überfluss lief es unter der sogenannten Crystal Tools-Engine, die gar nicht für MMOs ausgelegt war, sondern für den Vorgänger FFXIII. Performance-Probleme waren die Folge.
Nur etwa 2 Jahre später wurden die Server heruntergefahren. Doch es kam zurück. Unter der Leitung von Naoki Yoshida wurde 2013 Version 2.0 unter dem Namen “Final Fantasy XIV – A Realm Reborn” veröffentlicht. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Vergangenheit wurden die Server beim Release förmlich überrannt.
Es wurde sogar so beliebt, dass in den darauf folgenden Jahren noch 3 weitere Add-Ons hinzu kamen: Heavensward, Stormblood und das aktuelle Shadowbringers. Eine Erfolgsgeschichte.
Dabei wirkt es auf den ersten Blick wie die meisten MMORPGs. Das typische “Holy-Trinity” unterteilt die mittlerweile 18 Klassen in Tanks, Heiler und DDs. Hinzu kommen noch 8 Handwerker- und 3 Sammler-Klassen. Gekämpft wird im klassischen Tab-Targeting-System, welches jedoch am Anfang sehr öde sein kann, da die einzelnen Klassen sich meist mit der Maximal-Stufe wirklich rund anfühlen.
Das Endgame in Final Fantasy XIV fängt je nach Inhalt zwischen Stufe 50 und 80 an. Dabei stellt die Main-Story die größte Hürde dar. Allein für für das Endgame der Stufe 50 müssen über 180 Main-Story Quests erledigt werden. Für das aktuelle Endgame sind es zusammengerechnet über 680 Quests, die sich über die Jahre angesammelt haben.
Ein Final Fantasy, wie es sein sollte (Story, Grafik, Sound)
Über den eigenen Echtgeld-Shop kann man diese Hürde zum größten Teil überspringen. Jedoch würde man sich dann sich selbst einer Erfahrung berauben, die das Spiel eigentlich so großartig macht: Die Story. Zugegeben, die Story rund um unseren Helden fängt wenig episch an. Wir sind ein Niemand, ein Nichts. Als kleiner, unbekannter Abenteurer müssen wir erstmal Fuß fassen. Doch das wird nicht so bleiben.
Im Laufe der Geschichte entwickeln wir uns weiter, müssen Rückschläge erleiden und nicht selten uns von anderen Charakteren trennen. Und dabei nimmt sich das Spiel seine Zeit. Es mag teilweise etwas langsames Story-Telling sein, aber es ist gutes Story-Telling. Die gesamte Welt von Final Fantasy XIV steckt voller Geschichte. Alte Ruinen, vergangene Zivilisationen, verschwundene Reliktwaffen – So ziemlich alles hat seine eigene Lore.
Und nebenbei schafft Final Fantasy XIV etwas, was nur wenige MMORPGs schaffen: Eine epische Inszenierung seiner Geschichte.
Die großen Highlights sind die vertonten Zwischensequenzen, in denen unser Held nicht einfach still an der Seite, sondern im Mittelpunkt steht. Die gesamte Inszenierung wirkt so, wie man sie von anderen Final Fantasy Teilen kennt, wobei man gerne vergisst, dass es sich hierbei nicht um eine Singleplayer-Rollenspiel handelt.
Grafisch braucht sich das Spiel trotz seines Alters nicht zu verstecken. Design und Effekte sind wunderschön und in Sachen Gestik und Mimik leisten die Entwickler ganze Arbeit. Hinzu kommt noch der Soundtrack von Masayoshi Soken, der einfach nur bombastisch ist. Jedes seiner Stücke ist sehr abwechslungsreich und doch passend zum jeweiligen Inhalt. Und mit jedem weiteren Patch kommen weitere Stücke hinzu.
Das Disney-World der Themepark-MMOs (Content, Gameplay)
In den letzten 6 Jahren haben die Entwickler ihr Wort gehalten und alle 3-4 Monate größere Content-Patches herausgegeben, die stets mit neuen Dungeons, Raids, Items oder Quality-of-Life-Änderungen gefüllt waren. Neben der Main-Story bietet Final Fantasy XIV mittlerweile unheimlich viel Content aller Art. Und dabei schafft es das Spiel, dass man seine Zeit gerne auch in anderen Bereichen verbringt. So ist man beispielsweise nicht gezwungen beim Leveln von anderen Klassen einen Twink erstellen zu müssen.
Jeder Charakter kann jede Klasse leveln und spielen. Es lohnt sich daher, auch andere Klassen auszuprobieren, da sich diese unterschiedlich spielen und eigene Mechaniken besitzen. Selbst beim Herstellen von Gegenständen oder Sammeln muss man bestimmte Fähigkeiten einsetzen oder Rotationen austüfteln. Der berüchtigte 2,5-Sekunden-Global-Cooldown wird im Endgame zur Nebensache, wenn dazwischen 1-2 Instant-Fähigkeiten eingesetzt werden, während man gleichzeitig Angriffen ausweicht oder Boss-Mechaniken beachten muss.
Dies wird vor allem bei den episch inszenierten und fordernden Bosskämpfen und Raids deutlich. Spätestens dann spielen sich die Klassen gar nicht mehr träge, sondern richtig schnell.
- Aber auch beim Einrichten der eigenen 4 Wände oder der Chocobo-Zucht kann man sich richtig vertiefen.
- Die Hildibrandt-Nebenquests sind eine gelungene, humorvolle Abwechslung vom Helden-Alltag.
- Im Gold Saucer kann man diverse Minispiele absolvieren.
Oder man zieht einfach los und schaut sich die Welt oder Dungeons mal genauer an. Es gibt immer was zu tun und für jeden ist etwas dabei. Lediglich im PvP stößt Final Fantasy XIV an seine Grenzen.
Von Spieler für Spieler (Community, Cross Play)
Auch wenn Final Fantasy XIV kein PvP-MMORPGs, so gibt es auch da eine aktive Community. Zu jedem Bereich hat sich eine eigene Community gebildet. Rollenspieler, PvP’ler, Raider, Handwerker, Monsterjäger, Inneneinrichter und sogar eine große Community um das Screenshot-Feature (die Gruppenpose). Dabei erschaffen Spieler unzählige hilfreiche Tools oder Websites, angefangen vom Raidgear-Calculator, Glamour-Sets, über Sammelstellen-Timer, Housing, bis hin zum Simulator fürs Chocobo-Färben.
Add-Ons wie man sie in World of Warcraft kennt, gibt es jedoch keine. Im Großen und Ganzen sind die Spieler in Final Fantasy XIV nett und hilfsbereit. Dabei sollte man sich nicht scheuen, um Hilfe zu fragen. Das offizielle Forum, Mentoren oder Gilden sind meist die beste Anlaufstelle. Aber auch die Entwickler sind nicht untätig und zeigen in regelmäßigen Abständen Interesse an der Community.
Man hört auf die Community und stellt regelmäßig über sogenannte Live Letter kommende Inhalte vor und beantwortet Fragen. Dazu kommen noch Veranstaltungen wie Fan Gatherings und Fan Festivals.
Die Community besteht aber nicht ausschließlich aus PC-Spielern, denn Final Fantasy XIV unterstützt Cross-Play zwischen PC und PlayStation 4. Das bedeutet, dass PC- und PlayStation 4-Spieler zusammen spielen können. Es macht keinen Unterschied ob man mit Tastatur oder Gamepad spielt. Final Fantasy XIV bietet die beste native Gamepad-Steuerung, die man in MMORPGs finden kann.
Jede Klasse kann problemlos und unabhängig von der Steuerungsmethode gespielt werden. Selbst XBox 360-Controller werden unterstützt. Und über das kürzlich hinzugefügte Weltenreise-Feature können sich sogar Spieler von unterschiedlichen Servern treffen und Inhalte bestreiten, solange sie dem gleichen Datenzentrum angehören.
Fazit
Final Fantasy XIV hat einen langen Weg hinter sich und hat dabei viel richtig gemacht. Zugegeben, der Einstieg wird seine Zeit brauchen, aber das muss nichts Schlechtes sein. Denn es bietet so viel, dass es sich am Ende lohnt.
- Fordernde Kämpfe
- eine epische Story
- ein grandioser Soundtrack
- unheimlich viel Content
- eine nette Community
- und die beste Gamepad-Steuerung in MMORPGs. Ohne Pay-2-Win und ohne Lootboxen
Was will man mehr?
Final Fantasy XIV ist der erste Ableger der Reihe, der mich über mehrere Jahre hinweg immer gut bei Laune gehalten hat. In meinen Augen Grund genug, dass ich es sogar als das beste Final Fantasy aller Zeiten sehen würde. Es vereint so viel aus allen bisherigen Teilen der Reihe, dass es eigentlich den Namen “World of Final Fantasy” verdient hätte.
Final Fantasy XIV ist in meinen Augen das vielleicht letzte gute MMORPG seiner Art. Es ist ein solides, poliertes Abo-MMORPG ohne viel Schnick-Schnack.
P1nhead
Jau! Gut geschrieben und auf den Punkt!