Nach dem überraschenden Ausstieg von Blizzard-Chefin Jen Oneal ist die Sexismus-Debatte beim Spiele-Entwickler Blizzard (WoW, Diablo, Overwatch) neu entbrannt. Die ehemalige Technik-Chefin von Blizzard sagt: Es gab 2020 kurzzeitig 3 Frauen in Führungs-Positionen. Alle 3 hätten 2021 die Firma verlassen.
Wer spricht da? Der Tweet kommt von Amy Dunham, sie war zuletzt Technical Director bei Blizzard, also die Technik-Chefin.
Dunham hat einen beeindruckenden Lebenslauf, seit 20 Jahren arbeitet sie als Programmiererin oder Technikerin in leitenden Funktionen an wichtigen MMOs und MMORPGs, wie aus ihrem Linkedin-Profil hervorgeht (via linkedin):
- Dunham hat das legendäre PvP-MMORPG Dark Age of Camelot entscheidend entwickelt, war an 6 Erweiterungen und 27 Patches beteiligt. Am Ende brachte sie das Studio so in Form, dass man das Ding noch an EA verkaufen konnte.
- Dann hat sie 2006 und 2007 an Warhammer Online mitentwickelt.
- Danach war sie 7 Jahre lang an The Elder Scrolls Online beteiligt und leitete dort das Engineering Team von Tag 1.
- 2014 ging sie zu Blizzard, arbeitete dort an Heroes of the Storm, an einem neuen Spiel, das noch nicht vorgestellt wurde und an der Technik.
Fragt euch: Warum hauen eure wichtigsten Frauen ab?
Das sagt Durham: Nachdem bekannt wurde, dass die Blizzard-Chefin Jen Oneal das Studio nach nur 3 Monaten verlässt, schreibt Dunham über Twitter:
Schaut euch an, wen eine Firma in die Entscheidungs-Position beim „Kern“-Geschäft stellt. 2020 gab es eine kurze Zeit bei Blizzard, in der drei Frauen Führungs-Positionen bei Blizzard hielten – Director-Rollen. Es waren Julia, Jen und ich.
Und alle 3 von uns waren die ersten Frauen in diesen speziellen Rollen, und wir waren außerdem die erfahrensten und höchstgestellten Frauen in der Firma in unseren Bereichen. Wir alle haben dieses Jahr die Firma verlassen. Bevor ihr versprecht, mehr Frauen einzustellen (meistens welche, die am Anfang ihrer Karriere stehen und kaum Möglichkeiten haben, Gelegenheiten auszuschlagen), solltet ihr erst Mal rausfinden und den Grund beheben, warum sich all eure erfahrenen Frauen dazu entscheiden, zu gehen.
Amy Dunham
Wer sind die 3 Frauen, die sie meint? Dunham meint:
- Jen Oneal – die Chefin von Vicarious Visions war knapp ein Jahr bei Blizzard. Zuerst war sie bei Blizzard für die Entwicklung neuer Spiele zuständig, bevor sie zur Chefin wurde. Im November 2021 kündigte sie an, Blizzard zu verlassen, und sich an anderer Stelle für die Stärkung der Frauen in der Videospiel-Industrie einzusetzen.
- Julia Humphreys war 10 Jahre bei Blizzard. Zuletzt war sie „Production Director” für Overwatch und Overwatch 2 – sie ist im Oktober 2021 zu Ben Brodes neuer Firma „Second Dinner“ gewechselt.
- Amy Dunham war 7 Jahre bei Blizzard. Zuletzt als Technical Director. Es ist nicht klar, wann sie Blizzard verließ und was sie jetzt macht.
Verliert Blizzard seine wichtigsten Köpfe?
Das steckt dahinter: Dunham nennt die Gründe nicht, warum die Frauen sich entschieden haben, von Blizzard wegzugehen. Mittlerweile sind ihre Tweets auf privat gestellt und man kann sie nicht mehr einsehen.
Aber es scheint, als gäbe es bei Blizzard immer noch einiges, was im Argen liegt, obwohl sich die Firma in den letzten Monaten dazu bekannt hat, Frauen besser zu behandeln und stärker zu fördern.
Nach Dunhams Ausführungen verlassen aber jene Frauen die Firma, die eine Wahl haben, während “neu eingestellte Frauen” oft jede Chance nutzen müssen, die sich ihnen bietet.
Im Lichte der Entwicklung sieht man, dass einige Blizzard-Mitarbeiter zu den Firmen gewechselt sind, die ehemalige Blizzard-Köpfe wie Ben Brode oder Mike Morhaime gegründet haben. Das könnte dazu beitragen, dass bei Blizzard seit 5 Jahren keine neuen Spielen erschienen sind und die nächsten beiden, Diablo IV und Overwatch 2, auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben wurden.
Dass gerade die wenigen Frauen in Führungspositionen 2021 die Firma verlassen haben und alle 3, nachdem die Änderungen bei Blizzard angekündigt wurden, wirkt seltsam.
CEO Bobby Kotick zieht Konsequenzen aus dem Skandal bei Activision Blizzard
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.
Lese ich da jetzt richtig heraus, dass es wohl dann bei TESO und selbst noch viel, viel früher bei DAoC nicht (so) schlimm war? Dort hat es ja (im Falle des Ersteren) 7 Jahre lang gereicht, und sie musste nicht (wie laut ihr auch alle anderen Frauen) innerhalb kürzester Zeit wieder “leaven”.
Ich habe mich ja immer ein bisschen damit “beruhigt” (scheiße das klingt so falsch…), dass es bestimmt leider auch in den meisten anderen Firmen nicht viel besser für Frauen aussah. Also ein Systemproblem sozusagen.
Wenn es aber jetzt gerade bei Blizzard so schlimm sein soll… es ist so schwer zu verstehen… Die ganzen moralischen Geschichten, die Blizzard erzählt hat… und das genaue Gegenteil wäre der Alltag für die Mitarbeiterinnen gewesen… Unfassbar schwer für mich, zu glauben. Oder zu verarbeiten.
Aber gerade deshalb auch: Warum postet man solche Tweets so vage und komplett ohne konkrete Aussage? Macht mich irgendwo auch wütend. Wenn dann mal richtig den Mut haben und das Kind auch beim Namen nennen!
So bringt das niemandem was. Was soll das?
Edit: Aber toller Artikel! Nicht falsch verstehen. 😉 Habe mich auch schon mit dem Thema Oneal in den letzten Tagen befasst und es scheint bisher sonst keine weiteren handfesten, wissenswerten Details dazu zu geben.
Egal, wie inklusiv und tolerant man sich gegenüber der Öffentlichkeit geben mag, wenn es unter der Oberfläche brodelt, kommt es irgendwann ans Licht.
Und aktuell sieht es für mich als Außenstehender einfach so aus, als sei das ganze Gerede zur Besserung der Firmen- und Mitarbeiterpolitik einfach nur PR-Gewäsch, man macht im Kern trotzdem so weiter wie zuvor. Die, die können, gehen, und die, die es sich nicht erlauben können (egal ob nun Mann oder Frau), müssen bleiben und die Miserie mit ansehen bzw. hautnah erleben.
Ist ja auch logisch. Es sind ja die selben Menschen, größten Teils, die da arbeiten. Wieso sollte sich da irgend etwas ändern.
Du kannst natürlich von oben eine Agende vorgeben, aber deswegen ändern sich ja nicht plötzlich das Wesen aller Angestellten.
Das hast du in jedem Transformationsprozess. Wenn du ein klassisches Unternehmen zu Agil umbaust und das auch erfolgreich machen möchtest, dann musst du meistens 40 – 60 % der Stellen neu besetzten. Angefangen von ganz oben bis ganz unten. Anders gehts nicht. Leute die gerne Top Down arbeiten verändern nicht ihren Charakter nur weil der Chef das so beschlossen hat.
Die Unternehmen die nicht erfolgreich sind, sind diese: Verkündung dass sich alles ändern wird. Kein Stein bleibt auf dem anderen, alles wird neu Gedacht. Die Herausforderung des Jahrzehnt für das Unternehmen. Ein Raunen geht durch die Menge, besorge Blicke, Angst um Arbeitsplätze keimt auf. Moment, machen sie sich keine Sorgen! Warten sie die Veränderung erstmal ab. Für sie verändert sich wahrscheinlich garnicht so viel!
Da werden Prozesse umbenannt, neue Begriffe eingeführt, vielleicht ändert sich mal ein Türschild – aber das wars. Eine Änderung ohne Änderung. Aber viel getöse, meistens Medienwirksam aufgeführt.
Ja da hast du absolut Recht. So ein frauenfeindliches Bild sitzt halt tief im Inneren der Menschen drin. Solche Moralvorstellungen können nicht von heute auf morgen einfach so “ausgebessert” werden.
Und je mehr Menschen in guten Positionen gehen, weil sie nicht länger damit leben wollen, desto geringer ist die Chance, dass sich überhaupt etwas ändert. Am Ende bleiben nur diejenigen übrig, die gar keine Veränderung wollen oder die keine Perspektive haben.
Hab von Anfang an gesagt das es nur PR-Gewäsch ist
Ich finde es wirklich Schade das Blizzard seine weiblichen Mitarbeiter scheinbar so gering schätzt. Was ist aus der Firma geworden die einmal so kreativ war und cool rüber kam? Ich bin enttäuscht und etwas traurig über die Entwicklung die das ganze nimmt…
Ich gebe dir schon recht, gebe aber auch zu bedenken, dass diese Vorfälle teilweise lange Zeit zurück liegen und auf einer jahrelangen Kultur fußen.
D.h. das von dir erwähnte “alte Blizzard” ist ein frauenverachtender Schweinehaufen der Mitarbeiter drangsaliert 😛 – nur wusste damals keiner was davon und wir waren alle happy…unwissend und happy
Jo, die schlimmsten Vorfälle soll es angeblich in der “goldenen Ära” gegeben haben. Das betrifft aber nicht nur Blizzard. Du wirst kein großes Gamingstudio finden, bei dem es nicht ähnliche Geschichten aus den letzten 10-20 Jahren gibt. Bei Riot und Ubisoft gab es auch ähnliche Berichte oder eben auch harter Crunch bei Produktionen wie Red Dead Redemption 2. Von den Anfängen von Twitch wissen wir auch von solchen Geschichten. Die Liste ist lang.
Das stimmt. Aber 2x Unrecht ergibt nicht 1x Recht.
Umso schlimmer das andere es machen – dennoch mildert dies nicht diese Vorgehensweise 😉
Ich glaube, ich habe nirgends gesagt, dass es das abmildert. Das verdeutlicht eher, dass es lange Zeit ein systematisches Problem in der Spieleindustrie war, an dem heute noch geknabbert wird. Man muss mal sehen, wie das ganze dann 10 Jahre weiter aussieht.
Ein Problem das in dieser Form in allen Industriebereichen zu finden ist. Ich wusste nicht das es vor 10 Jahren schon so schlimm war, denn da war ich noch Recht jung und hatte kein Bewusstsein für solche Themen.
Schade das gerade auch bei so manchen älteren MA von Konzernen die geistige Reife und das Verantwortungsbewusstsein nach wie vor fehlt.
Genau. Wieso sollte das nur ein Problem in der Spieleindustrie sein? Wird höchstwahrscheinlich überall ein Problem sein, wo es um viel Geld geht und größtenteils (bis ausschließlich) Männer das sagen haben.