Ich hab in 4 Tagen 50 Stunden mit einem Spiel auf Steam verbracht – Seit 30 Jahren hat mich kein Städtebau-Game so erwischt

Ich hab in 4 Tagen 50 Stunden mit einem Spiel auf Steam verbracht – Seit 30 Jahren hat mich kein Städtebau-Game so erwischt

Eigentlich dachte MeinMMO-Autor Schuhmann, dass das Gaming-Genre des Städtebaus seit den früheren 1990ern nichts Neues mehr zu bieten hätte. Doch das hat sich in den letzten Tagen geändert. Der Steam-Hit Against the Storm findet eine neuen, innovativen Dreh für das Genre: Eine erfrischende Innovation, mit der man kaum noch rechnen konnte.

Das ist meine Vergangenheit Städtebau-Spielen:  Ich hab als Kind und Jugendlicher viele Städte-Bau-Spiele gezockt, damals war das angesagt, gerade bei uns in Deutschland. Wir sind ja ein Volk der Strategiespieler, die gerne auch in ihrer Freizeiten arbeiten und was aufbauen. Es gab 2 Typen von Städtebau-Spielen.

Bei „Missions-Städtebau“ wie Pharao oder Caesar baute man kleine Siedlungen und Städte, die man perfekt gestalten musste, um bestimmte Ziele zu erreichen. Es waren statische Spiele: Man musste die Missionen eigentlich auswendig lernen. Ziel war es, dass Bürger in einem Viertel möglichst alle Bedürfnisse erfüllt bekommen oder dass gewisse Produktions-Quoten eingehalten werden.

Bei „offenen“ Städtebau-Spielen wie Sim City konnte man immer weiter wachsen und dann das, was man gebaut hat, staunend beobachten, wie eine Ameisenfarm. Das war auf die Dauer etwas ziellos.

Ich hab beide Arten von Spielen in den früheren 90ern ausgiebig gezockt. Aber Sim City 2000, das 1993 herausgekommen war, begeisterte mich so 1995, 1996 herum als letztes Spiel im Genre. Das zog mich damals voll in seinen Bann. Daran hab ich noch lebhafte Erinnerungen. Das war meine letzte große Städtebau-Liebe.

Genre wird 30 Jahre lang zwar immer hübscher, aber stagniert

Was war das Problem? Ich hab in den letzten 30 Jahren immer wieder Städtebau-Spiele gespielt, aber so richtig hereingezogen hat mich das Genre nicht mehr. Es war eigentlich immer dasselbe, nur mit einem anderen Anstrich. Aber seit Caesar 1992 und Sim City 2000 im Jahr 1993 stagnierte das Genre.

Den Missions-Städtebau gab es noch in Spielen wie Tropico 1 bis 6, was ich auch mochte, vor allem den El-Presidente-Humor und die Stimmung der Spiele, aber so richtig begeistert hat mich Tropico nie. Bei Tropico gab es eigentlich immer zu wenig Abwechslung: Die Missionen waren, wenn man sie einmal kannte, doch statisch und man konnte jede Stadt gleich aufbauen.

Den offenen Städtebau von Spielen wie City Skylines fand ich dann ziellos. Was sollte man da groß machen? Eine riesige Stadt aufbauen, nur um sie dann von Godzilla oder Tornados zerstören zu lassen, die man selbst per Knopfdruck herbeiruft?

Ja, ich weiß, dass für viele Manor Lords ein großartiges Spiel war – mich hat es kaltgelassen.

Ich hab dann in den letzten Jahren lieber Städtebau-Games mit Rollenspiel-Elementen gespielt, also „Kolonie-Simulationen“ wie Rim World oder gleich 4x-Strategiespiele wie Civilization oder Crusader Kings 3.

Mir hat im Städtebau die Innovation gefehlt, das konnte ein hübscher Skin wie bei Tropico nicht ausgleichen.

Against the Storm weckt ein Genre aus seinem Schlaf

Das hat sich geändert: Nachdem Kollege Grothaus seit einem Jahr davon schwärmt, was ich aber erfolgreich ignorieren konnte, hab ich mir am Samstag nun doch noch „Against the Storm“ geholt. Das Spiel kam im Dezember 2023 auf Steam und hat dort irre gute Bewertungen. Kostet in der „Complete Edition“ auch nur 30 €.

Ich hab über das Spiel nichts gehört oder mir zumindest nichts gemerkt, außer dass es sehr gut ist: Ich ging also ohne große Erwartungen in „Against the Storm“ und das Spiel hat für mich jetzt den Städtebau revolutioniert.

Ich hab seit Samstag, in 4 Tagen, etwa 50 Stunden mit dem Spiel verbracht und bin wie gefesselt davon.

Der Gag ist es, dass „Against the Storm“ ein PvE-Spiel ist, also „Spieler gegen Umgebung“, aber es gar keine wirklichen Feinde im Spiel gibt, sondern nur die unerbittlich tickende Uhr und einzelne Herausforderungen, die negative Auswirkungen haben, solange sie aktiv sind.

Dabei ist jede Karte im Prinzip relativ gleich: Man beginnt auf einem winzigen Fleck und muss Bäume abholzen, um weitere Bereiche der Karte und damit Ressourcen und neue Herausforderungen freizuschalten. Die Herausforderungen starten häufig einen Timer. Aber es gibt „variable“ Elemente auf jeder Karte, bestimmte Modifikationen, Einschränkungen oder Varianten, die ein anderes Spiel möglich machen. Das fängt schon damit an, welche 3 Völker man für eine Karte zur Verfügung hat:

  • Sind Biber dabei, wird man seinen Fokus auf Holzproduktion legen können und müssen, denn die Nager bauen rasch Holz ab und wohnen in Hütten, die rein aus Holz gebaut sind
  • Hat man aber Frösche als Start-Volk verschiebt sich der Fokus total auf Stein
  • Echsenwesen hingegen brauchen ganz dringend Fleisch, sonst meckern sie – Und wenn sie meckern, sind sie kurz davor, das Spiel zu zerstören, denn jeder verlorene Dorfbewohner kostet Zeit und erhöht den Druck auf den Spieler

Against the Storm hat das dynamische Element, das dem Genre fehlt

Diese Varianten klingen auf den ersten Blick nicht nach viel Abwechslung, aber sie sind das dynamische Elemente, das dem Genre gefehlt hat: Es sorgt dafür, dass sich jede der 90 Minuten dauernden Partien gerade so verschieden und individuell anfühlt, dass man von seinem gewohnten Plan abweichen und improvisieren muss.

Das ganze Spiel besteht daraus, seinen eigentlichen Plan auf die aktuellen Umstände anzupassen: Dafür sorgen zahlreiche Zufallsfaktoren. Denn ich kann nicht einfach immer nach dem optimalen Schema F bauen: Kornfeld – Mühle – Bäckerei. Sondern ich muss beim Auswürfeln Glück haben und darauf hoffen, dass mir das Spiel die richtigen Baupläne gibt und ich nicht bei Kornfeld – Kupferbrennerei – Teehütte herauskomme und dann praktisch gar nichts bauen kann.

Die Spiel-Systeme von Against the Storm sind clever gemacht: Es gibt hier keine gegnerische Fraktion, sondern das Spiel ist so gestaltet, dass Spieler trotz des Zufallsfaktors immer effizientere Städte bauen müssen, um die Herausforderungen zu meistern, die einem das Spiel entgegenwirft.

Im Prinzip sagt dir das Spiel: „Bau deine Stadt so auf, dass du sie innerhalb einer kurzen Zeitspanne so umfunktionieren kannst, dass sie Produkt X 20-mal herstellt“ und man muss dann sicherstellen, dass die Stadt mit ihren Produktionsketten so aufgebaut ist, dass sie das Produkt X in kurzer Zeit herstellen kann.

Das hört sich abstrakt an, übt aber einen wahnsinnigen Sog aus.

Extrem befriedigende Lernkurve

Dadurch entsteht die Sog-Wirkung von Against the Storm: Against the Storm hat so viele clever ineinander verschachtelte Produktionsketten und Systeme, dass es eine unglaublich befriedigende Lernkurve darstellt, das Spiel zu lernen und die Abläufe immer besser zu optimieren.

Als ich nach viel zu vielen Spielstunden endlich herausgefunden habe, wofür ich das ganze Regen- und Geysirwasser nutzen kann, war das ein Durchbruch. Aufgaben, die mir vorher unlösbar erschienen, waren plötzlich lösbar.

Zudem gibt es noch einen leichten Rollenspiel-Touch und den so wichtigen dauerhaften Fortschritt, der mir in Sandbox-Spielen fehlt: Denn nach jeder abgeschlossenen Partie, kann man sich wieder einen kleinen Vorteil für den Account kaufen, vielleicht ein Grundgebäude freischalten oder dafür sorgen, dass die Einwohner noch 2 % schneller laufen.

Ich hab jetzt 50 Stunden mit Against the Storm verbracht und Level 13 von 20 erreicht – bis jetzt ist es für mich eine bleibende Spiel-Erfahrung, die ich so noch nicht mal in Ansätzen in einem anderen Spiel hatte.

Durch die „Roguelite“-Elemente, dass es immer wieder neue Variationen der Karte und der Missionen gibt, kommt nicht dieses „Auswendig-lernen“-Gefühl von anderen Missions-Spielen auf und dadurch, dass man immer ein Ziel hat, fehlt dieses Irrelevante, was Sandbox-Städtesimulation für mich immer hatten.

Von mir eine klare Kauf-Empfehlung. Against the Storm steht aktuell bei 95 % positiven Bewertungen auf Steam. Fans von Strategiespielen sollten sich das echt mal anschauen, auch wenn sie – so wie ich – mit Städtebau eigentlich vor langer Zeit abgeschlossen haben. Das letzte Strategie-Spiel, das ich euch auf Steam empfohlen habe, war fast 10-mal teurer als Against the Storm nun: Ein Spiel auf Steam kostet sogar im Sale 272 €, wenn ihr es komplett wollt, doch die beste Kampagne ist kostenlos

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Nexis

Sim City 2000 und Sim City 4 waren meine letzten großen echten Lieben.

Sim City 5 begeisterte mich zwar auch lange Zeit, jedoch hatte das manchmal 2 Gamebreaking Bugs.
Entweder haben die Resourcen das Groß-Projekt nie erreicht, wodurch man quasi die ganze Region wegwerfen konnte, ergo umsonst gespielt hatte. Oder beim Uni-Upgrade wurden Studenten nicht gezählt, wodurch man die Uni manchmal nicht maximal upgraden konnte. Auch dann konnte man srine Uni-Pläne zumindest für diese Stadt in die Tonne kloppen.

Der EA-Support nahm Bugmeldungen zwar zur Kenntnis, Problemlösungen oder Bugfixes gab es jedoch nie.

Einen Logik-Fehler hatten aber alle SimCity-Spiele: Man gab unmengen Geld aus für Öffentliche Verkehrsmittel. Doch diese verursachten ausschließlich Ausgaben, niemals Einnahmen (durch Fahrkarten).
Ich konnte die schönsten und effektivsten öffentlichen Verkehrsnetze bauen, mit Einschienenbahnen, Zügen und Bussen etc. Doch da ich das alles quasi für eine Bevölkerung von Schwarzfahrern baute, endete alles immer relativ schnell in einer wirtschaftlichen Vollkatastrophe.

Das letzte Aufbauspiel das mich seit Sim City begeisterte, war Manor Lords 🙂

Smeller86

In was für einem Genre würdest du dann die Anno-Reihe sehen?

TonyGradius

Klingt interessant, ich lade mal die Demo herunter. Habe keinen Gaming-PC mehr,mal sehen, wie das auf dem NUC läuft.

Wie auch immer, was mich etwas skeptisch bleiben läßt, ist folgende Anmerkung:

Denn ich kann nicht einfach immer nach dem optimalen Schema F bauen: Kornfeld – Mühle – Bäckerei. Sondern ich muss beim Auswürfeln Glück haben und darauf hoffen, dass mir das Spiel die richtigen Baupläne gibt und ich nicht bei Kornfeld – Kupferbrennerei – Teehütte herauskomme und dann praktisch gar nichts bauen kann.

So was kann ich bei kurzen Spielen akzeptieren, bei einer Aufbausimulation, die ich mehrere Stunden spiele, da empfände ich solche Sackgassen als Abtörner.

Sazi

Es gibt immer Grundbaupläne, mit denen du erst mal den Grundstock bauen kannst. Die besseren Baupläne machen die Sachen dann effizienter. Unmöglich ist mir noch nie passiert. Außerdem hast du beim Auswürfeln ja immer noch die Möglichkeit, dich zwischen Optionen zu entscheiden. Somit ist ab dem zweiten Würfeln klar, worauf du aufbauen kannst … Die Entscheidung ist ja auch nur für eine relativ kurze Partie. Und du wirst viele solcher Entscheidungen treffen müssen innerhalb der Partie. Diese Partien sind eingebettet in eine größere Aufgabe. Und je nachdem, wie gut du diese abschließt, desto mehr Belohnungen gibt es. Die du für Aufwertungen einsetzt, welche die Aufgabe das nächste mal einfacher macht bzw. dir schwerere Aufgaben ermöglicht .. Ich find das System recht gut.

TonyGradius

Habe mir die Demo heruntergeladen und jetzt mal einige Stunden gespielt, bin aber noch ziemlich lost.
Muss auf Full HD runterstellen, dann läuft es recht flüssig, keine Ahnung ob das so bleibt, wenn später größere Siedlungen entstehen.
Nach den ersten beiden Siedlungen gab es im Tutorial den Auftrag, allein loszuziehen und erneut eine Siedlung zu errichten, diesmal mit sehr viel mehr und komplexeren Aufträgen. Habe da soum die zwei Stunden munter vor mich hergespielt und so etwa zwei Drittel der Aufträge erledigt, als plötzlich das Spiel zuende war, da ich die Gunst der Königin verloren hatte. Hab wohl zu lange gebraucht. Wo sieht man denn dieses Zeitlimit?
Macht schon Spass, das Spiel…

VonGestern

Against the Storm gibt es aktuell auch im Januar Humble Choice.

Off

Was ich noch hinzufügen möchte ist die sehr angenehme Dauer einer Partie. In 30 bis 60 Minuten ist eine Runde im Grunde abgeschlossen.

kscholz

Fand Against the Storm auch toll, hab in wenigen Wochen fast 135 Stunden in dem Spiel versenkt.

p1ddly

ich find das auch ziemlich cool. Aber würde zu diesem Genre Städtebau mit Twist nicht auch sowas wie Frostpunk oder Timberborn zählen?

Vor allem letzteres mit seiner Wasserdynamik kann schon ganz schön spicy werden

Off

Ich find den Begriff Survival eigentlich ganz passend weil es eben ein Wettlauf gegen die Zeit und anderen Einflüssen ist. Am Ende hast du Überlebt… oder halt nicht.

MSW112

Ich habe das Spiel seit Release auf immerhin 370h gebracht, inkl. DLC.
Es gibt regelmäßig größere Patches mit mal mehr mal weniger neuen Inhalten, die mich dann immer wieder an den Rechner gehieft haben.

Fast so eine geniale Perle wie Rimworld.

Cortyn

Ich finds gut, sich im Rentenalter auch noch mit neuen Spielen zu beschäftigen und hoffe, daran nehmen sich mehr ein Beispiel!

kscholz

Hahahahahaha

Sazi

Was für ein kleines Teufelchen 😉

Nexis

Das war ein exquisiter Tritt in den Fettnapf 😂

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