MeinMMO-Autor Christoph Waldboth liebt Rollenspiele, hat aber mit den meisten modernen Titeln wie Baldur’s Gate 3 ein Problem, wenn es um die große Bedrohung darin geht. Ausgerechnet ein JRPG mit 30 Jahren auf dem Buckel ist in dieser Disziplin viel besser.
Ich liebe Rollenspiele. Meist verbringe ich meine Zeit in westlichen Titeln wie jenen von CD Project Red (Witcher, Cyberpunk), Bethesda (The Elder Scrolls, Fallout), Larian (Baldur’s Gate 3) oder zuletzt Kingdom Come Deliverance 2.
Was mich an vielen dieser Spiele stört: Sie zeigen mir gleich zu Beginn eine Gefahr, die droht, die Welt und ihre Bewohner zu vernichten. Egal ob es ein Dämon, ein Drache oder ein Parasit im Kopf des Protagonisten ist – oft sind mir diese Bedrohungen ziemlich egal.
Denn links und rechts davon gibt es tonnenweise Nebenquests, die häufig viel interessantere Geschichten erzählen. So lasse ich die Hauptquest gerne mal für einige Stunden liegen. Das wirkt besonders dann absurd, wenn die Welt eigentlich am Abgrund steht.
Was mir in vielen modernen Rollenspielen fehlt, ist eine gewisse Dringlichkeit.
Das führt mich zu Chrono Trigger: Neulich hörte ich eine Folge des Gamestar-Podcasts. Anlass für das Gespräch war der 30. Geburtstag von Chrono Trigger. Heiko Klinge und Michael Graf von der Gamestar sprachen in höchsten Tönen über das JRPG. Also beschloss ich, diesen Klassiker endlich einmal nachzuholen.
Ich schnappte mir die Steam-Version für 15 Euro und legte mit hohen Erwartungen los. Immerhin wurde das SNES-Spiel 1995 von einem echten Dream-Team entwickelt:
- Hironobu Sakaguchi (Erfinder von Final Fantasy)
- Yuji Horii (Erfinder von Dragon Quest)
- Das Charakterdesign stammt von Akira Toriyama (Erfinder von Dragon Ball, der leider 2024 verstarb)
- Die Musik wurde von Yasunori Mitsuda (Xenogears, Mario Party) und Nobuo Uematsu (Final Fantasy) komponiert.
Schon nach kurzer Spielzeit war ich hin und weg. Und das, obwohl ich mit JRPGs eigentlich wenig anfangen kann. Meine Begeisterung lag vor allem an einem Punkt, den Chrono Trigger selbst 30 Jahre nach Release besser macht als Baldur’s Gate 3 oder Witcher 3.
Alles ist verbunden
Chrono Trigger erzählt eine Zeitreisegeschichte. Die Welt wird im Jahre 1999 durch einen bösen Parasiten namens Lavos vernichtet. Das gilt es zu verhindern, in dem verschiedene Epochen der Vergangenheit und der Zukunft bereist werden.
Wir spielen den Protagonisten Chrono, der selbst aber relativ farblos bleibt. Interessanter sind die sechs Begleiter, von denen stets bis zu zwei in der eigenen Party mitlaufen. Sie haben eine eigene Hintergrundgeschichte und teils sogar Quests.
Diese Nebenaufgaben sind alle mit der Hauptquest verbunden. Die große Bedrohung rückt nie in den Hintergrund. Ich werde die ganze Zeit daran erinnert, dass der Parasit im Untergrund schlummert. Auch alle NPCs und Orte haben damit zu tun.
Insgesamt erzählt Chrono Trigger seine Handlung sehr stringent und ohne große Längen. Das verdankt das Spiel auch seinem Gameplay, das nahezu perfekt abgestimmt ist. Die Spielwelt, die sich je nach Zeitepoche verändert, lädt zum Entdecken ein, ist aber trotzdem überschaubar und voller Details, die wiederum auf die Bedrohung verweisen.
Auch die Kämpfe sind super: Es gibt im Unterschied zu anderen JRPGs keine Zufallskämpfe. Jeder Bossgegner verlangt eine bestimmte Taktik und teils kann ich sogar entscheiden, in welcher Epoche ich sie bekämpfe. Auf diese Weise kann ich den Ausgang des Spiels beeinflussen und eines von 13 Enden freischalten.
Zusammengefasst: Chrono Trigger stellt mich vor ein Problem, das ich unbedingt und so schnell wie möglich lösen möchte. Alles ist miteinander verbunden und nichts wirkt beliebig.



Moderne Spiele können von Chrono Trigger lernen
So sehr ich die Nebenquests von Baldur’s Gate 3 mag, wirkt es auf mich immer befremdlich, wenn der eigene Parasit im Kopf für ein paar Stunden plötzlich ziemlich egal wird. Es nimmt ihm die Bedrohung.
Während des Spielens von Chrono Trigger habe ich mich deshalb gefragt, wie Larians zurecht gepriesenes Meisterwerk aussehen würde, hätten die Entwickler alle Quests gestrichen, die nichts mit der Haupthandlung zu haben.
Das Ergebnis wäre sicherlich ein lineareres und kürzeres Spiel. Ob es schlechter wäre, kann nur spekuliert werden – ich glaube aber nicht.
Wenn moderne Rollenspiele etwas von Chrono Trigger lernen können, dann das:
- Erzählt spannende und eindringliche Geschichten.
- Erschafft Figuren und Orte, die mit der großen Bedrohung verbunden sind.
- Seid euch nicht zu schade, Inhalte zu streichen, um ein kürzeres, dafür aber packendes Erlebnis zu schaffen.
Ein gutes Rollenspiel soll nämlich mehr sein als bloß Beschäftigungstherapie.
Dass ausgerechnet ein 30 Jahre altes JRPG das Problem der Dringlichkeit besser löst als Baldur’s Gate 3 oder The Witcher 3, hat mich ehrlicherweise überrascht. Vielleicht muss ich jetzt doch noch ein paar weitere der alten Klassiker nachholen. Euch würde ich insbesondere Chrono Trigger ans Herz legen. MeinMMO-Redaktionsleiter Schuhmann hatte sein eigenes Problem mit Baldur’s Gate 3: Ich hab Baldur’s Gate 3 zweimal gestartet und war enttäuscht: Erst, als ich das tat, vor dem viele warnen, gefiel’s mir
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Ich werde nicht warm mit chrono trigger. So viele male angefangen und jedes mal ein bisschen weiter gekommen. Aber bei jedem mal eher gequält voran gekommen als wirklich Spaß daran zu empfinden
Ich habe erst kürzlich an 3 pre/alpha Test teilgenommen, bei denen die Entwickler eine geniale Questreihe geschrieben und spielebar gemacht haben. Aus der Community kam dann der Wunsch nach mehr. – Die klare Antwort des CEO’s solche aufwendigen Questreihen fressen zu viel Entwicklungsaufwand und -Zeit; sie sind damit nicht wirtschaftlich rentabel.
Sehr schade…
Edit: fette Finger
Geschmacks Sache. Ich mag es mich in Nebenquests zu verlieren. Finde ich entspannter als wenn das Gefühl von Druck vermittelt wird.
Bei uns in drachenkrieg. Gibt es in den ersten lv rote hauptquest später gar keine Hauptquest mehr. Dieses Spiel ist mittlerweile eher auf repu aufgebaut