Call of Duty: Vanguard geht bei der Kampagne einen altbekannten Weg und liefert ein Feuerwerk aus trashiger Action und deftigen Klischees. Das wird von der Fachpresse häufig kritisiert. Aber genau deswegen macht das Ding auch MeinMMO-Redakteur Jürgen Horn so viel Spaß!
Wer schreibt hier? Jürgen Horn ist Redakteur und Shooter-Fan bei MeinMMO. Er steht auf gut inszenierte Storys, selbst wenn diese manchmal arg stumpf und klischeehaft daherkommen. Wenn so eine Story gut erzählt ist, ist das laut Jürgen egal, wie abgedroschen der Rest ist. Das trifft auch auf die Kampagne von CoD Vanguard zu, die Jürgen viel besser gefallen hat, als sie eigentlich sollte.
Das hat es mit der Kampagne auf sich: Schaut man sich die Reviews zu der Kampagne von CoD Vanguard an, so sind sich die meisten Autoren einig: Die Story ist nicht originell, vorhersehbar und voller Klischees. Das wird allgemein eher negativ wahrgenommen, wie ihr bei den Reviews auf GameStar (Plus-Artikel), GamePro oder Eurogamer nachlesen könnt.
Ich hingegen feiere die kurze und knackige Story aber gerade deswegen, weil sie so ist, wie sie ist.
Achtung: Der folgende Text enthält Spoiler!
Launige Nazi-Schießbude voller Klischees
So ist die Story aufgebaut: Die Story beginnt damit, dass ich mit den Operators des Elite-Kommando-Team „Vanguard“ gegen Kriegsende einen Zug der Wehrmacht übernehmen soll. Ziel ist am Ende ein U-Boot-Bunker, in dem streng geheime Pläne um das Mysteriöse Projekt „Phoenix“ liegen sollen. Das Projekt soll wohl noch den für die Nazis verlorenen Krieg herumreißen und den Endsieg garantieren. Ehrensache, dass unser Team da was dagegen hat.
Am Ende einer rasanten Schleich- und Baller-Aktion geht die ganze Sache aber gehörig in die Binsen und mein ganzes Team wird von den Nazis gefangen genommen. In der Gefangenschaft entspinnt sich dann eine Rahmenhandlung, in der die Mitglieder von Vanguard nach und nach ihre persönliche Story zum Besten geben.
Zwischendurch gibt es immer wieder gut inszenierte Cut-Scenes, in denen die Pläne der Nazis immer konkretere Gestalt annehmen.
Darum sind Klischees hier cool: Der erste wichtige Charakter, der uns im Spiel begegnet, ist der hundsgemeine SS-General Freisinger, der sich einfach als der perfekte Nazi-Oberbösewicht präsentiert.
Er ist sadistisch, arrogant, rassistisch und fies. So prügelt er beispielsweise unseren ersten Protagonisten am Ende der Cut-Scene brutal mit einem Stuhl zu Tode.
Ja, das ist ein Klischee, das man schon zigmal gesehen hat. Aber es ist ein cooles Klischee, denn Nazi-Schurken geben einfach sehr gute Bösewichte ab. Allein die Uniformen mit den Totenköpfen und Runen hätte sich auch kein Filmdesigner besser ausdenken können.
Dazu kommt später im Spiel noch Freisingers Adjutant Richter, der einen feigen, schleimigen und opportunistischen Speichellecker darstellt und einen guten Kontrapunkt zum eher stoischen Freisinger bietet.
Man hasst Freisinger und Richter schon ab der ersten Minute und freut sich schon auf das große Finale, in dem man dem jeweiligen Bösewicht endlich in seinen Fascho-Arsch treten kann.
Aber auch auf der Seite der Alliierten sind Klischees zuhauf vertreten und meistens passen sie meiner Meinung nach gut in das Gesamtwerk:
- In der Story von Polina in Stalingrad trink die Protagonistin erst noch in einer rührseligen Szene Tee mit ihrer Familie, bevor sprichwörtlich ihre Welt zusammenbricht.
- Der Australier Riggs und seine „Mates“ sind wilde Rüpel aus dem Outback, die bei jeder Gelegenheit mit ihrem schnöseligen britischen Major aneinandergeraten und am Ende auch noch dessen edlen Flachmann mit Brandy stibitzen.
- Das heißblütige US-Pilotenass Wade bombt im Alleingang die halbe japanische Flotte weg und lernt dann nach einer Bruchlandung das harte Leben der Bodentruppen kennen.
- Der einfache Sergeant Arthur übernimmt nach dem Tod seines Captains das Kommando über den Trupp und zieht die Mission durch.
All diese Inszenierungen gewinnen freilich keinen Preis für Originalität, denn man hat sie schon zigmal in Filmen wie „Das dreckige Dutzend“ oder “Inglorious Basterds“ gesehen. Aber gerade, weil man die Klischees und Versatzstücke so gut kennt, machen sie Spaß. Gerade so, wie das Lieblingsgericht beim Stamm-Restaurant, das man jedes Mal bestellt, da es einfach schmeckt.
Was sind die Highlights? Einige besondere Leckerbissen der Kampagne bringen mich an berühmte Schauplätze des Krieges. Die Helden des Spiels kämpfen nicht in irgendwelchen unbedeutenden Scharmützeln, sie sind maßgeblich an entscheidenden Szenarien des 2. Weltkriegs beteiligt:
- Als Riggs mische ich an der Schlacht um El Alamein mit, der entscheidenden Panzerschlacht im Afrika-Feldzug.
- Als Fliegerass Wade brechen wir der japanischen Kriegsmarine in der Schlacht um Midway das Genick.
- Arthurs Mission in der Normandie ist kritisch für die Landung der Alliierten am D-Day.
- Polinas Jagd auf den deutschen Oberbefehlshaber Steiner führt am Ende zum Sieg der Roten Armee in der Schlacht um Stalingrad.
Gerade das wilde Katz-und-Maus-Spiel am Ende von Polinas Mission ist mir in Erinnerung geblieben. Denn die gefürchtete Scharfschützin hat im Finale nur noch ein einfaches Messer und inmitten eines ruinierten Modehauses muss ich von Versteck zu Versteck huschen, um dem Obernazi am Ende das Messer zwischen die Rippen zu jagen.
All diese Schlachten und Szenarien sind großartig inszeniert und auch hier wissen wir freilich schon zu Beginn, wie es am Ende ausgeht. Aber das tut der großartigen Stimmung keinen Abbruch.
Was war nicht so toll? Bei all dem Action-Feuerwerk bleibt freilich ein schaler Nachgeschmack, denn der 2. Weltkrieg ist trotz allem ein echter Konflikt gewesen, bei dem Millionen von Menschen ihr Leben verloren.
Außerdem kommen die Deutschen nicht gut weg, es handelt sich entweder um brutale Nazi-Sadisten oder um gesichtslose Befehlsempfänger, die stur in unser Gewehrfeuer rennen und reihenweise über den Haufen geschossen werden.
Mehr als Kanonenfutter stellen Wehrmacht und SS hier nicht dar. Gerade Szenen, in denen die Protagonisten besonders brutal vorgehen, beispielsweise mit Brandgranaten in Bunkern oder beim Einsatz von Flammenwerfern, stoßen einem die flotten Sprüche eher sauer auf.
Vanguard bleibt halt auch in solchen Szenen ein Action-Blockbuster und versucht erst gar nicht, ein nuanciertes Bild zu zeichnen.
Fazit: Eine Kampagne wie ein B-Movie, die sich nicht wirklich ernst nimmt
Ich habe von der Kampagne bin CoD Vanguard eigentlich nicht viel erwartet und wurde dafür sehr gut unterhalten. Die Story versucht erst gar nicht, ein tiefgründiges, vielschichtiges Portrait zu zeichnen und konzentriert sich lieber auf markige Szenen mit viel Krawumm und voller launiger Klischees.
Das ist mir sehr viel lieber als die düsteren Kriegsgeschichten, die unter anderem Battlefield V zeichnen wollte. Die mutierten am Ende trotzdem eher zum Action-Spektakel, obwohl sie eigentlich eine „ernste Story“ erzählen wollten.
Da hab ich lieber eine zünftige B-Movie-Story, die mit liebgewonnen Klischees spielt und einen am Ende zufrieden den Abspann anschauen lässt.
Jürgen Horn
Redakteur bei MeinMMO
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Ich fand die Kampagne vom CoD Vanguard sehr unterhaltsam ein Spiel bzw Shooter der sich wie ein Shooter- Spiel anfüllen sollte mit voller Klischees und Brutalität.
A little bit freedom in Spielen die Ich eins genossen habe, der immer mehr von Spielen verschwindet.
Ohne das sich jmd einmischte mit den Motto zu viele Hackenkreuze zu viel Gewalt usw auf der Suche nach seinem 15 min Ruhm.
Ich habe bisher nur MP gespielt und daher noch keine Meinung zur Kampagne. Ich wollte nur sagen, ich finde es gut, dass drei “freilich” von den Korrekturlesern verschont wurden.
Danke, ich habe hart dafür gekämpft 😀
Wir versuchen auch Randgruppen mit Sprachdefiziten und sonderbarer Ausdrucksweise in unser Team zu integrieren – wie Bayern. (^.~)
Wenn ich eine wirklich nuancierte Story erleben möchte, in der ich Handlungstiefe und sich (in welche Richtung auch immer) entwickelnde Charaktere genießen möchte, gucke ich “Apocalypse Now – Redux”. Von Videospielen erwarte ich dies eher selten. Sie sollen mich auf eine Art unterhalten, in der ich durchaus bereit bin, solche Klischees (aller Protagonisten) als spielrelevantes Gimmick zu akzeptieren.
Denn mal ehrlich -wenn ich an die Fliegermission denke, in der Wade halb Japan vom Himmel putzt-, wäre bei einer realistischen Umsetzung spätestens nach der zweiten Bordkanonen-Salve Schicht im Schacht mangels zur Neige gegangener Munition. Von zigfach treffenden Flak-Schrapnellen fange ich auch besser erst gar nicht an…😂
btw., ‘ne richtig gute Story mit mehr Tiefe gab es für mich persönlich das letzte Mal bei “Spec Ops – The Line”. Alles andere, ob nun BF oder COD-Ableger, ist schwarz/weiß Schema mit den bekannten Ueberspitzungen, bei denen ich als Gamer keine großen Psychologie-Erwartungen habe. Und deshalb machts auch Laune.
Gerade wenn die Story sich nicht ernst nimmt,also an Inglorious Basterds erinnert,finde ich es problematisch.
Bei Inglorious Basterds ist es von Anfang an klar um was es sich handelt,dass es nicht darum geht den 2.Wk irgendwie realistisch zu präsentiere,so das die Leute davo sitzen und darüber nachdenken wie grausam das damals alles war,es ist einfach nur stumpfe Unterhaltung.
Bei Spiele neigen die Entwickler aber immer wieder dazu,im Vorfeld zu erzählen das sie den 2.WK überzeugend rüberbringen wollen,er soll den Spieler richtig das Gefühl vermitteln wie es damals war,es soll schockieren und dann kommt da am Ende eine Story in B-Movie Qualität bei raus,die bis auf die Schauplätze recht wenig mit dem 2.WK zu tun hat und den 2.WK in eine lächerliche Schießbude verwandelt.
Im Vergleich zur Story von CoD WW2 oder dem neuen MW haben die hier echt einen Rückschritt gemacht.
Bei WW2 hatte man sogar den Mut respektvoll den Holocaust bzw die Konzentrationslager zu thematisieren und das mit Erfolg und bei MW hat man die heutige Zeit mal wirklich knallhart präsentiert,brutale Terroranschläge in europäische Großstädte,Kinder als Kriegsopfer.