In einem Genre, das für katastrophale Launches bekannt ist, hat dieses MMORPG den Vogel abgeschossen

In einem Genre, das für katastrophale Launches bekannt ist, hat dieses MMORPG den Vogel abgeschossen

Freunde des MMORPG-Genres, lasst uns nostalgisch in der Zeit zurückreisen. Zurück ins Jahr 2001, in dem sich der Entwickler und Publisher Funcom erstmals am Launch eines Online-Rollenspiels versuchte.

Das norwegische Unternehmen Funcom ist mittlerweile 31 Jahre alt und aus dem Genre der MMOs und MMORPGs nicht mehr wegzudenken. Denkt nur an Age of Conan, The Secret World, Conan Exiles oder das kommende Dune: Awakening.

Die ersten Erfahrungen mit dem MMO-Genre machten die Norweger jedoch bereits 1995. Noch bevor Meridian 59, Ultima Online und EverQuest erschienen waren, begann hinter verschlossener Tür die Arbeit an Anarchy Online, und zwar als eine Art Forschungsprojekt. Tatsächlich war man sich damals nämlich unsicher, ob dieses Ding namens Internet eine Zukunft haben würde.

Wer schreibt hier? Karsten Scholz ist der MMORPG-Experte von MeinMMO. Er befasst sich seit 15 Jahren fast täglich mit dem besten Genre der Welt. Den privaten Erstkontakt gab’s 2005. Seitdem hat er in verschiedenen Online-Rollenspielen mehrere Jahre Spielzeit angehäuft und fast jeden relevanten Genre-Vertreter der vergangenen knapp zwei Dekaden zumindest eine Weile gespielt.

Den Launch von Anarchy Online kennt Karsten also nur aus Berichten. Ist vielleicht auch gut so. Der spätere Release von Age of Conan hat genug Spuren hinterlassen.

Pioniere bei der Arbeit

Das sollte nicht der einzige Unsicherheitsfaktor sein. Unsicher war man sich auch, wie weit man die Inhalte für Anarchy Online vorausplanen soll. Viele bei Funcom glaubten nicht daran, dass so ein Spiel über mehr als ein Jahr als Service funktionieren kann. Fun Fact: Anarchy Online könnt ihr bis heute zocken, etwa via Steam.

Das Universum des SciFi-MMORPGs hat sich übrigens Ragnar Tørnquist ausgedacht, der clevere Kopf hinter The Longest Journey und The Secret World. In den kommenden Jahren wuchs das Team auf 70 Entwickler an, die sich ohne Referenzen oder vorherigen MMO-Erfahrungen auf das Projekt stürzten.

Zur offiziellen Ankündigung kam es erst auf der E3 im Jahr 2000. Der US-Launch war für den 27. Juni 2001 geplant. Eine öffentliche Beta mit Server-Stresstest fand gerade einmal zwei Wochen vorher statt. Etwa 100.000 Interessierte sollen beim Test damals dabei gewesen sein. Heute ist klar, dass das viel zu wenig Zeit war, um sich vernünftig auf den Launch des ambitionierten MMORPGs vorzubereiten.

Das nächste MMO von Funcom schickt euch in die Wüste von Dune:

Ein Launch-Unfall für die Geschichtsbücher

Als die Entwickler von Funcom am 27. Juni 2001 den Hebel umlegten, um die ersten Spieler auf die Server von Anarchy Online zu lassen, brannte innerhalb weniger Augenblicke der sprichwörtliche Baum. Unter dem Ansturm von etwa 35.000 Abonnenten ging die gesamte Infrastruktur fast sofort in die Knie.

Dabei waren nicht nur die Anmeldeserver betroffen, Spieler konnten sich auch keine Accounts erstellen. Wer es irgendwie auf die Server schaffte, erlebte eine Dia-Show oder flog wieder vom Server. Der Launch war so schlimm, dass die Entwickler sich mit der Bitte an die Presse wandten, auf Reviews fürs Erste zu verzichten. Zudem ging eine Pressemitteilung raus, in der unter anderem stand:

„Es gab in den letzten Tagen einige erhebliche Probleme, mit denen unsere Kunden zu kämpfen hatten. Es war aufgrund des massiven Datenverkehrs schwierig, sich einzuloggen, und das Spiel ist leider immer noch instabil. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten, die unseren Kunden dadurch entstanden sind, und wir arbeiten rund um die Uhr daran, die Dinge in Ordnung zu bringen.“

Startprobleme gab es auch bei vielen anderen MMORPG-Launches. Die meisten Entwickler schafften es jedoch, die schlimmsten Baustellen innerhalb der ersten Tage oder zumindest Wochen zu fixen. Die Spieler von Anarchy Online mussten indes ein halbes Jahr (!) warten, bis einfach nur verlässliches Einloggen ins Spiel möglich war. Ein Desaster.

Was ist Anarchy Online für ein MMORPG? Als abgestürzter Kolonist auf dem Planeten Rubi-Ka seid ihr auf der Jagd nach Erfahrung und Credits. Wie ihr die bekommt, ist eure Sache. Ihr könnt Missionen annehmen, Berufen nachgehen, in der Wildnis Monster bekämpfen, Handel betreiben, am PvP teilnehmen und euch durch Dungeons schlagen.

Das letzte große Content-Paket erschien im Februar 2009. Danach gab’s vor allem kleinere Updates, Events, kurzzeitig laufende Klassik-Server sowie ein Engine-Upgrade (befindet sich in der Open Beta). Dennoch berichtete MeinMMO erst im März 2024, dass sich Anarchy Online weiterhin einiger Beliebtheit erfreut. Ein Grund dafür: Das komplexe Ausrüstungssystem, das auf Implantate setzt.

Lektion gelernt?

Eines muss man Funcom lassen: Trotz des Launch-Debakels sind sie am Ball geblieben und haben aus Anarchy Online ein funktionierendes MMORPG gemacht, das bis heute live ist. Gleichzeitig muss man Funcom aber auch vorwerfen, dass die späteren Launches von Age of Conan sowie The Secret World ebenfalls problematisch waren.

Vor allem bei AoC wiederholte sich die Geschichte. In der Liste der besten MMORPGs aller Zeiten schrieb ich über Age of Conan, das immerhin auf Platz 20 gelandet ist:

„Funcom veröffentlichte jedoch kein Spiel, sondern eine Baustelle. Mit Content-Löchern während der Level-Phase, die so groß wie die Liste der Bugs lang war. Zudem funktionierten grundlegende Systeme wie das PvP und die Handwerke nicht richtig. Das war eine Alpha, für die man sich ein Ticket kaufen und ein Abo abschließen musste.“

Es wird spannend zu sehen sein, ob Funcom mit Dune: Awakening im kommenden Jahr einen geschmeidigen Launch abliefern kann. In dem Survival-MMO sollen sich schließlich erneut zahllose Spieler in einer riesigen Welt tummeln. Kollege Benedict Grothaus hat übrigens schon reingespielt: Das Survival-MMO bietet genau das, was ich nach Conan Exiles erhofft habe

Quelle(n): massivelyop.com, massivelyop.com, Wikipedia
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Nook

secret world, da kann ich mich an keine nennenswerten probleme am anfang erinnern. ausser das die story und auch das mit den waffen legendär war. aber halt nix für den 0815 standard spieler. der endcontent war wirklich schwer.

Peter Nuhn

Secret World hatte zum Release einen Finanz-Skandal wegen Insiderhandel. Die Finanzbehörde hat gegen Funcom ermittelt und die standen kurz vorm Bankrott.

Außerdem haben sie es geschafft, Secret World zur schlechtesten Zeit zu veröffentlichen, die überhaupt möglich war, zwischen Guild Wars 2 und Diablo 3. 🙂

Irgendwas ist halt immer. 🙂

Nook

und trotzdem hat ich es bis tokio release kam gespielt. das spiel war voll der hammer.

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