MeinMMO-Dämon Cortyn hat sich in die Abgründe der „Anime-Empfehlungen“ vorgewagt. Was gefunden wurde? Jede Menge Schrott.
Ihr kennt das. Man legt sich am Nachmittag nur 10 Minuten auf das Sofa, um dann mitten in der Nacht vollkommen verpeilt zu erwachen und nicht mehr schlafen zu können. Was macht man da? Richtig, man lässt sich von Anime berieseln. Da ich alle „Must See“-Serien bereits abgeschlossen hatte, habe ich mich dazu entschieden, mir doch einfach von Crunchyroll etwas vorschlagen zu lassen.
Immerhin bieten Streaming-Dienste oft Nachrichten wie „Dir hat X gefallen? Dann solltest du dir auch Y anschauen“.
Genau das habe ich getan. Und das führte zu 10 Stunden reinsten Trash-Anime, von denen ich mir wünschte, dass ich sie nicht gesehen hätte.
Das hat aber zwei entscheidende Vorteile:
- Erstens kann ich euch nun davon berichten.
- Zweitens könnt ihr so viel leichter entscheiden, ob ihr diesen Serien eine Chance geben solltet.
Die 100 Girlfriends, die alle in die Mülltonne gehören
Weil „Rent-A-Girlfriend“ für mich zu den absoluten Guilty-Pleasure-Serien der letzten Jahre gehörte, hat mir Crunchyroll auch die neue Serie „The 100 Girlfriends, that really, really, really, really, REALLY love you“ vorgeschlagen.
Die Idee fand ich grundsätzlich gar nicht so schlecht und für den „Harem“-Bereich einen frischen Ansatz.
Dem Protagonisten Rentaro, der bisher bei Frauen nur Pech hatte, steht nun eine Glückssträhne bevor. Denn der Gott der Liebe hat einen Fehler gemacht und Rentaro nicht nur eine Seelengefährtin zugewiesen, sondern aus Versehen gleich 100 davon.
Jede dieser 100 Damen verspürt die eine, große, wahrhaftige Liebe, sobald sie mit Rentaro in Kontakt kommt – und ihm geht es da nicht anders. Das Problem: Sollte er eine Seelenpartnerin nicht glücklich machen können, gibt es nur ein Schicksal: Sie stirbt.
Die einzige Lösung dieses Dilemmas ist es also, die 100 Damen alle gleichzeitig als Freundin zu haben.
Ja, ich weiß. Ist jetzt nicht der intelligenteste Plot, aber im Harem-Bereich ist man ja schon über irgendeine Begründung glücklich, warum der eigenschaftslose Wegwerf-Protagonist plötzlich den Weiber-Hot-Streak seines Lebens hat.
Tatsächlich fand ich einige der „Girlfriends“ (von denen bisher nur eine Handvoll vorkamen) sogar recht unterhaltsam. Denn hier hat man sich ganz offenbar gedacht: Lass uns einfach alle Stereotypen nehmen und die dann nochmal aufs Maximum drehen.
So ist Inda Karane eine Tsundere in Reinform – und das so sehr, dass sie damit wohl alle vorangegangenen aussticht. Das berühmt-berüchtigte „E-Es ist nicht so, d-dass ich dich mag, B-Baka!“ ist quasi jeder zweite Satz von ihr, wenn auch jedes Mal auf eine neue Situation angepasst. Das ist auf der einen Seite echt stumpf, auf der anderen Seite aber auch so bescheuert, dass ich doch manchmal grinsen musste.
Ich kann der Serie also durchaus ein paar gute Aspekte abgewinnen.
Das Grinsen verging mir aber rasch wieder, als die Anzahl der weiblichen Charaktere zunahm. Denn zwischendurch habe ich mich wirklich gefragt, in welcher Kink-Hölle ich nun gelandet bin.
Irgendwann gesellt sich dann auch die Vorsitzende des „Chemie-Clubs“ dazu, die einen Trank gebraut hat, der ihren sonst (sehr, sehr üppigen Körper) in den eines kleinen Kindes zurückverwandelt. Achja, Windeln trägt sie übrigens auch, weil sie bei der Arbeit immer alles vergisst.
Als ich bei der Folge angekommen war, musste ich pausieren, fünf Minuten die Decke meines Wohnzimmers anstarren, all meine relevanten Lebensentscheidungen überdenken und die Serie danach aus meiner Watchlist, dem Verlauf und dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit löschen. Am letzten Punkt arbeite ich noch.
Aber zum Glück hatte Crunchyroll noch mehr für mich.
Wenn man gute Serien ganz schlecht kopiert
Ich mag Romance-Geschichten. Wenn sie unterhaltsam sind, dann muss die Story nichtmal weit führen. Dieses ewige „Kriegen sie sich oder nicht?“ kann zwar irgendwann ermüdend werden, aber solange die Charaktere überzeugend und interessant sind, stehe ich das locker eine Staffel durch. Tja, es gibt eine neue Serie, bei der habe ich das nicht geschafft:
Our Dating Story: The Experienced You and the Inexperienced Me
Um es mal salopp zu sagen, die Serie ist einfach „My Dress-Up Darling“ auf Wish bestellt und die Lieferung ist dann auch noch vom Laster gefallen und war 10 Tage der Witterung schutzlos ausgesetzt.
Denn all der Charme, all die schönen Charakter-Momente und die vielen kleinen „spicy“ Szenen, die man einfach mit einem amüsierten Grinsen anschaut, versucht „Dating Story“ auch zu haben – aber scheitert dabei grandios.
Die Parallelen beginnen schon beim Charakter-Design von Runa, die einfach ein optischer Marin-Abklatsch ist. Das geht sogar so weit, dass man bei vielen Szenen und Perspektiven den Eindruck hat, dass die Macher sich exakt an Dress-Up-Darling bedient haben.
Torpediert wird das allerdings durch die grundlegend und dauerhaft schlechtere Animationsqualität und die fehlende Charaktertiefe.
Denn wo Marin zumindest Interessen, Vorlieben, Stärken, Schwächen und interessante Eigenheiten hat, ist Runa vor allem auf 3 „Charakter-Eigenschaften“ beschränkt, die auch alle in Episode 1 zum Vorschein kommen:
- Sie ist hübsch.
- Sie lässt sich auf jeden Kerl ein, der ihr die Liebe gesteht, solange sie gerade Single ist.
- Sie springt mit jedem Kerl direkt beim ersten Date in die Kiste, weil sie das als ihre Pflicht ansieht, um die Beziehung aufrecht zu erhalten.
Ganz ehrlich, damit ist Runa noch die interessantere von den beiden Charakteren, denn Ryuuto ist selbst für den typischen männlichen Anime-Protagonisten eine Flachpfeife.
Ich bin ja eindimensionale und geistig ziemlich herausgeforderte männliche Protagonisten inzwischen gewohnt, aber der „Held“ aus dieser Serie kriegt in den ersten 6 Folgen nicht einen einzigen Satz ohne zu stottern raus, wenn er mit seiner „Freundin“ spricht. Zum ersten Mal in der Geschichte von Anime hatte ich den Drang, irgendwann die „Mute“-Taste des Fernsehers zu drücken, sobald der Typ den Mund aufmacht.
Den Vogel abgeschossen – im wahrsten Sinne des Wortes – hat dann eine Folge, bei dem die beiden mit anderen Freunden eine Art Airsoft-Match spielen. Ich glaube, das war animationstechnisch mit das schlechteste, was ich in diesem Jahr gesehen habe und reichte an “Standbild mit Paint-Animationen” heran.
Zusammen mit der ohnehin schon nicht vorhandenen Story hat mir das dann den Rest gegeben, dass ich auch diese Serie abbrechen musste und wohl nie erfahren werde, wie sie ausgeht. Vermutlich so, wie alle anderen Serien dieser Art: Ziemlich genau da, wo sie auch angefangen hat.
Blieb noch eine weitere Serie, um den Rest des Morgens rumzukriegen …
Ich bin op, kann alles und jeder liebt mich
Ich mag Charaktere, die „Rock Bottom“ erreicht haben, also nach einem Nervenzusammenbruch oder einem traumatischen Erlebnis körperlich und psychisch am Ende sind und sich jetzt wieder hochkämpfen müssen. Entsprechend angetan war ich vom Anfang von “I Got A Cheat Skill in Another World and Became Unrivaled in the Real World, Too” – auch wenn der absurde Name mich eigentlich hätte vorwarnen müssen.
In der ersten Folge wird der Protagonist Yuuya verprügelt, nachdem er einem Mädchen aus Bedrängnis helfen wollte. Blutend, körperlich und psychisch gebrochen schleppt er sich nach Hause.
Daher hat mir die erste Folge auch gefallen, weil ich dachte, es könnte der Beginn in eine Handlung mit ähnlicher Grausamkeit und Spannung sein, wie etwa bei Re:Zero. Eine Geschichte eines verzweifelten Charakters, der sich langsam hocharbeitet.
Tja, falsch gedacht.
Denn unser Protagonist wird – wie sollte es auch anders sein – in eine andere Welt versetzt und ist dort vollkommen übermächtig. Hier ist er superstark, extrem schnell, attraktiv, reich und intelligent. Und weil das ja zu langweilig wäre, kann er all diese Eigenschaften auch in die reale Welt mitnehmen, wo sich auch sein Körper zum absoluten Adonis verwandelt.
Sein Leben dreht sich um 180° – er bekommt die Einladung zu einer Elite-Schule, arbeitet nebenbei als Mode-Modell, ist permanent von hübschen Frauen umgeben und ohnehin ist absolut jeder schwer begeistert von ihm, wenn er im Sport Rekorde aufstellt oder sich vom vielen Geld aus der Fantasy-Welt auch in der realen Welt nun alles leisten kann.
Ich habe mich wirklich gefragt: Wer findet das spannend? Wer findet das unterhaltsam?
Die Spannung in solchen Serien entsteht doch eigentlich, weil die Protagonisten vor Herausforderungen gestellt werden, die sie überwältigen müssen.
Klar gibt es Parodien zu dem Thema, wie etwa „One Punch Man“ – aber da ist das schiere Absicht und speziell auf lustig getrimmt.
Bei Cheat Skill fehlt das komplett. Es gibt keine Hürden oder Probleme. Die Serie versucht krampfhaft, ernst zu sein. Der Protagonist ist von 0 auf 100 absolut übermächtig und ausnahmslos jeden Kampf besteht er ohne Probleme. Die einzige Schwierigkeit die er hat, ist, dass er nicht genug Arme besitzt, um die ganzen Damen gleichzeitig abzuschleppen, die ihm zugeflogen kommen, weil er jetzt attraktiv ist – was ganz nebenbei auch ein super-seltsames Frauenbild zeichnet, selbst für die ohnehin schon niedrigen Anime-Standards.
Ich kann den Reiz von Serien verstehen, wo der Held plötzlich der Frauenmagnet und superstark ist. Aber wenn die Konflikte alle so dermaßen trivial sind, dass die spannendste Frage jede Folge ist „Welche Frau wird wohl heute versuchen ihn zu verführen?“, dann ist das Isekai-Genre inzwischen wirklich schrecklich ausgelutscht.
Besonders entsetzt hat mich das, weil die Animationsqualität der Serie auffällig gut ist – da steckt richtig “Production Value” dahinter, die bei der dünnen und langweiligen Story einfach komplett verraucht.
Immerhin: Jetzt kann ich viele Anime-Serien wieder deutlich mehr schätzen, die ich bisher nur „durchschnittlich“ fand. Danke dafür, automatische Empfehlungen von Crunchyroll.
Wenn Trash genau euer Ding ist, haben wir hier noch 5 Anime, mit denen ihr euren Eltern beweist, dass sie nichts mehr von euch erwarten brauchen.
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I Got A Cheat Skill in Another World and Became Unrivaled in the Real World, Too habe ich selbst gesehen und fand aus der saison war das der beste anime und kein Trash
Wirklich? Also … ganz unironisch?
Dann bin ich wirklich gespannt, was dir daran gut gefallen hat. Optisch war der super, keine Frage. Aber ich fand die Story super uninteressant, alle Charaktere sind so flach, als müssten sie damit Kompensation für ihre Oberweite leisten und es gab absolut keinen spannenden Kampf oder Konflikt, dessen Ausgang nicht sofort ersichtlich war.
Also ich habe den Anime auch gesehen und fand ihn auch recht ok. Für mich war es jetzt nicht der beste Anime, aber Trash auch nicht. Ist wie alles im Leben eine Sache der Interessen. Dem einen gefällt es, dem nächsten nicht.
Aber versucht doch zu erklären, was euch daran gefallen hat. Ich bin echt ratlos.
mir gefällt daran alles das er op ist und das er alles in die reale welt mitnehmen kann und der harem und besonders die coole leherin
Okay, mir fällt es schwer nachzuvollziehen, warum ein übermächtiger Charakter ohne Probleme interessant ist und auch warum eine Lehrerin, die sich an ihre Schutzbefohlenen ranmacht ansprechend ist – aber gut. Jeder wie er will.
du nimmst das leben einfach zu ernst und bist nicht offen genug dafür so wie ich das sehe hab einfach mehr spaß und geniese anime und hinterfrag sie nicht immer anime soll unterhallten und nicht bis ins kleinste auseinandergenommen werden
Ich kann Dinge nur schwer genießen, wenn sie platt sind. Das ist kein Grund mir zu unterstellen, ich sei nicht “offen genug” für soetwas. Es ist mein Job, Dinge auch kritisch zu hinterfragen.
Ich mag den Anime, weil ich mich in den MC hineinversetzen kann. Er representiert einen Teil meiner Vergangenheit, wenn auch auf überzeichnete Art und Weise. Allerdings waren meine “Cheat-Skills” 30kg abspecken mit Sport einer gesünderen Lebensweise. Doch selbst wenn man seine Ziele erreicht hat, bleiben alte Denkweisen haften.
Damit kann ich was anfangen, danke.