Das Gerede von „Burning Crusade“ erinnert mich an meine schlimmste WoW-Zeit

Das Gerede von „Burning Crusade“ erinnert mich an meine schlimmste WoW-Zeit

Die Spekulationen für „Burning Crusade Classic“ kochen hoch. Doch Cortyn von MeinMMO denkt dabei nur an die größten Sünden der Vergangenheit zurück.

In den letzten Tagen wird das Gerede über eine Classic-Version von „The Burning Crusade“ laut. Schuld daran trägt eine Umfrage, die Spieler von World of Warcraft erhalten haben und eben genau dieses Interesse auskundschaften soll. Das hat mich dazu gebracht, wieder stark an meine WoW-Vergangenheit und die Zeit von Burning Crusade zu denken. Das löst bei mir fast etwas Angstschweiß und posttraumatische Belastungsstörungen aus – die ich aber allesamt selbst zu verantworten habe.

The Burning Crusade war rückblickend sicher meine „schlimmste“ Zeit, die ich in World of Warcraft verbracht habe. Das lag vor allem daran, dass ich nicht mehr länger ein “Noob” wie zu Beginn war und inzwischen Tief in den Spielmechaniken drinstecke. Dies war aber auch die Zeit, in der ich zweigleisig gefahren bin. Ich hatte weiterhin meinen Main-Charakter, eine Magierin, auf einem Server und raidete mit dieser intensiv – wir waren damals die erfolgreichste Raidgruppe auf dem Realm. Wir bezwangen Kael’thas im Raid „Das Auge“, nachdem wir viele Wochen an ihm üben mussten. Ich kann noch heute seinen verflucht langen Monolog im Schlaf mitsprechen.

Nachts standen dann immer lange Farm-Sessions auf dem Elementar-Plateu in Nagrand an. Ich zucke noch heute unwillkürlich zusammen, wenn ich die Feuerelementare dort sehe, die ich sicher zu Tausenden getötet habe.

WoW Elemental Plateau Burning Crusade
Das Elementarplateu in Nagrand – Feuerlementare farmen bis in alle Ewigkeit.

Zwei Mains gleichzeitig auf zwei Realms – RP und PvE

Gleichzeitig hatte ich jedoch begonnen, eine Priesterin auf dem „gelobten RP-Realm“ zu spielen und mit ihr Hunderte Stunden in Rollenspiel zu stecken. Es waren die goldenen Zeiten, in denen auf „Die Aldor“ quasi nur Rollenspieler unterwegs waren und man an jeder Ecke interessante Charaktere finden konnte. Dabei war das Ganze sogar recht fanatisch organisiert.

In allen Startgebieten standen Rollenspieler, die neu einloggende Charaktere gleich darüber informierten, dass dies ein RP-Realm sei. Wenn man Hilfe benötigte oder Interesse an RP zeigte, wurde man gleich an entsprechende Foren oder Mentoren verwiesen. Wer einen RP-untauglichen Namen hatte, wurde aufgeklärt und Leute, die mit RP gar nichts am Hut hatten, regelrecht vertrieben.

So gemein und fies das auch klingen mag – es war eine tolle Zeit, in der Rollenspiel nicht die versteckte Ausnahme, sondern die Norm an jeder Ecke war und dieser Zustand um jeden Preis verteidigt wurde. Zumindest bis die RPler sich 6 Monate später gegenseitig zerfleischten.

WoW Human Mage Female Blood Elf Priest Female trans
Zwei Charaktere zerrten an meiner Zeit – auf zwei unterschiedlichen Realms mit unterschiedlichen Zielen.

Zum Vergleich: Wer heute RP auf „Die Aldor“ sucht, der findet das vor allem in den großen Hotspots wie Sturmwind oder Silbermond, innerhalb von Themengilden oder bei Großevents (etwa gegen die Leerenelfen) und nur noch selten in der offenen Welt – zumindest verglichen mit damals. Und nein, Goldhain sehe ich auch weiterhin nicht als „richtiges RP“ an.

Doch genau dieses Übermaß an RP in Verbindung mit meiner (gerne eingegangenen) Verpflichtung, 2-3 Mal pro Woche mit meiner Magierin zu raiden, führte zu schwierigen Entscheidungen.

  • Sage ich das RP-Event ab, um raiden zu können?
  • Schlurfe ich noch eine Stunde durch Silbermond oder sammel ich Gold für Episches Fliegen auf meiner Magierin?
  • Lerne ich für die Latein-Prüfung oder farme ich lieber noch Manadisteln?

Da ihr meinen jetzigen Beruf seht, könnt ihr grob erahnen, wie ich mich zumindest bei der letzten Frage entschieden habe.

RPler wollten raiden – und dabei Rollenspiel

Doch richtig schlimm wurde es dann, als auch die RPler auf „Die Aldor“ langsam Raid-Erfahrungen sammeln wollten. Und weil wir Rollenspieler waren, durfte das natürlich nicht einfach nur ein normaler Raid sein. Es musste ein RP-Raid sein, auch während der Instanzen blieben wir „in character“ und spielten unsere Rolle. Damit fiel Kommunikation im TeamSpeak flach, lediglich im Gruppenchat wurden kleine Ansagen gemacht.

Karazhan wurde damit zu einem Höllentrip der ganz besonderen Art.

Die unheilige Kombination aus „die Hälfte der Spieler hat keine Ahnung von Karazhan“ und „Lasst uns das im RP-Walk mit Gesprächen machen“ war einfach keine gute Idee. Nur selten dauerte ein Ausflug nach Karazhan weniger als 5 Stunden und noch seltener wurden dabei mehr als 3 oder 4 Bosse besiegt.

Hinzu kam, dass fast jedes Mal irgendein mittleres bis großes RP-Drama entstand, das dem Raid dann 2-4 Spieler gekostet hat, die unbedingt noch etwas ausdiskutieren mussten und deswegen zurückfielen. Zu den Highlights gehörten:

  • Die Blutelfen-Schurkin hat eine Ehekrise mit ihrem untoten Lover, der ihr wohl irgendwie die Führungsposition dieser Expeditionsgruppe streitig machen will.
  • Eine Elfe hat spontan die Super-Idee, sich die Augen ausstechen zu lassen, weil eine Stimme in ihrem Kopf das für sinnvoll hält.
  • Die beiden Magister streiten urplötzlich darüber, ob Kael’thas’ Taten ein Verrat war oder ein heroischer Akt für das eigene Volk. Sie entscheiden, dass einer von beiden gehen muss, da man an der Seite des anderen nicht mehr kämpfen will.

Ja, ich geb’s ja zu – für einen dieser drei Fälle war ich selbst verantwortlich. Ich war jung und brauchte das RP.

Seitdem bin ich auch für eine ziemlich strikte Trennung von PvE-Angelegenheiten und „ernstem RP“ – ein bisschen Rumblödeln mit Pseudo-RP geht natürlich auch in Dungeons immer.

WoW Blood Elf Silvermoon shocked title

Die beste und anstrengendste Zeit in WoW

The Burning Crusade hatte mich vollständig ausgelaugt. Im Rückblick habe ich es in dieser Zeit gnadenlos übertrieben – und ich liebte es. Jedes Wochenende erst mit dem Sonnenaufgang ins Bett zu fallen, war der Hammer. Als erster Charakter auf dem Realm ehrfürchtig bei den Netherschwingen zu sein war grandios.

Trotz all diesem Irrsinn und all des Stresses durch zwei Realms auf denen ich spielte, war Burning Crusade eine verdammt geile Zeit. Ich habe es geliebt, die „Mana-Batterie“ im RP-Raid zu sein und gleichzeitig an dem 20-Minuten-Bosskampf von Illidan zu knabbern, was einer meiner befriedigendsten First Kills aller Zeiten war.

Doch deswegen fürchte ich mich auch ein bisschen vor Burning Crusade. Denn ein „Burning Crusade Classic“ kann all diese Gefühle nicht zurückbringen, wie es auch schon WoW Classic nur für einen ganz kurzen Moment konnte.

The Burning Crusade war sicher meine intensivste WoW-Zeit, mit der ich viele Erinnerungen verbinde. Dem jetzt noch einmal ausgesetzt zu werden, löst in mir sofort die Abwehrreaktion aus: “Danke, aber nein.”

Ich hoffe, ich bleibe stark.

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ephikles

“Ich hoffe, ich bleibe stark.” – “Ach komm, einfach mal ausprobieren.. kostet doch nichts, und du kannst *jederzeit* wieder aufhören – versprochen!” (Stimme in deinem Kopf 👿 )

Also ich hab damals auch gesuchtet aber selbst ich muss sagen das du echt etwas übertrieben hast zu der Zeit. 🙂

Mit Vanilla war für mich auch alles neu und aufregend. Mit BC kannte man sich dann aus und hat versucht auf seinem Server eine Rolle zu spielen. Titel wie Hand von Adal waren damals wirklich etwas wert und man hat solange neidisch auf die Leute geschaut bis man ihn selber hatte. Und das war wochenlange Arbeit.

Aber WOTLK wurde alles einfacher und langweiliger. Auch wenn ich heute noch WoW als das rundeste MMO das es jemals gab bezeichnen würde.

Zord

Kann ich gut nachvollziehen. Hab es zwar nicht so starkt übertrieben, aber das BC Addon war auch bei mir die goldene WoW Zeit an die ich gerne zurück denke und die ich heute vermisse. So viel Zeit wie damals kann und will ich aber nicht mehr in ein einziges Spiel investieren und ob die Nostalgie die Kollision mit der Realität überlebt halte ich auch für fraglich.
P.S: An die Feuer Elementare kann ich mich auch noch gut erinnern, kann mich nur nicht mehr so genau erinnern warum ich die gefühlte ewigkeiten gefarmt habe

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