Anthem: eine spröde Schönheit

Anthem: eine spröde Schönheit
Wertung: 6.5 / 10

Hallo Zusammen… hier ist Toni St… äh… ein Freelancer. Ok, der war flach, aber er trifft das Spielgefühl von Anthem doch relativ genau.

Einleitung

Wir sind Freelancer, nicht an staatliche Institutionen gebundener Piloten eines Javelins (Kampfanzüge, welche stark an die Ironman-Filme erinnern). Wir leben in einer Welt, welche von den Gestaltern verlassen, jedoch durch ihre Technologie stark geprägt wurde und immer noch wird.

Diese Relikte besitzen fast unbegrenzte Macht, sind aber aufgrund ihrer Unberechenbarkeit Fluch und Sehen zugleich. Als Freelancer seid ihr nun auserkoren die Gefahren von der Menschheit abzuwenden und die Zukunft zu sichern.

Allgemeines: In Anthem gibt es ein seltsames Gefälle zwischen Hub (Stadt) und Spielwelt, da sobald ich in meinen Javelin steige im Prinzip sofort Spaß am Spiel da ist. Problematisch wird es für mich, wenn ich aus dem Javelin aussteigen muss und mich dann 20 Minuten durch (gut vertonte) meist belanglose Gespräche mit NPC`s hangeln soll (ist glücklicherweise meist optional).

Zudem wird man durch eine technische Grausamkeit schlicht dauernd aus der Welt gerissen…Ladebalken… Das Spiel besteht zu gut 15-20% der reinen Spielzeit aus Ladebalken (mit einer SSD wird es etwas besserm aber beileibe nicht gut)… kurzes Beispiel gefällig:

Missionsende… Ladebalken zu den Ergebnissen… dann Ladebalken in die Schmiede (das Inventar!!) oder in den Hub (ja ein Zugriff aus Inventar und Umrüsten erfolgt nur über einen Ladebildschirm). Bis zu diesem Zeitpunkt befindet man sich mit einer SSD gut 60 Sekunden in einem Ladebildschirm (ohne SSD wird es erheblich länger).

Man fühlt sich hier genauso zerrissen wie Tony Stark als Ironman. Im Spiel ist man nur mit Javelin jemand, außerhalb des Javelins ist man jedoch (meist) nur gelangweilt.

Grafik (09/10): Anthem bietet (vor allem außerhalb der Stadt) eine unfassbar atmosphärische und vor allem detaillierte Grafik. Die Texturen sind weitestgehend sehr gut, die Modelle der Javelins sehr gelungen und die Effekte stimmen grundsätzlich. Eine kleinere Kritik lässt sich an den Texturen und Modellen der Waffen äußern, welche schlicht zu wenig Abwechslung bieten.

Gameplay (08/10):  Kurz: Hier knallt es dauerhaft. Die Javelins spielen allesamt sehr unterschiedlich, die Fähigkeiten-Pakete sind gut abgestimmt und sind auch für Casuals relativ schnell zu erlernen und umzusetzen. Zudem gibt es für Profis genug Möglichkeiten sich diesbezüglich zu beweisen, da gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden die perfekte Beherrschung des Javelins zunehmend wichtiger wird.

Das Gunplay ist in Ordnung, kommt aber an die Vertreter im Genre nicht ganz ran. Das wird allerdings recht gut durch die Fähigkeiten der jeweiligen Javelins wieder ausgeglichen, da diese Fähigkeiten (teilweise) einen Impact erzeugen, welcher bisher im Genre so nicht anzutreffen war.

Sound / Musik (06/10): Der Sound im Allgemeinen ist gut, aber aufgrund teilweise schwacher Waffengeräusche nicht sehr gut. Die musikalische Untermalung jedoch ist auf einem sehr hohen Niveau und schafft es immer wieder eine gewissen Erkennungswert zu erschaffen.

Story (04/10): Die Story muss man von zwei Seiten betrachten…Betrachtungsweise “Bioware” ist enttäuschend, da man von diesem Hersteller einfach ganz andere Geschichten gewohnt ist (selbst Destiny 2 präsentiert seine Story mit erheblich mehr Drive und Pathos) und die Qualität der Präsentation und auch der Verlauf der Geschichte in keinster Weise den typischen Sog der Bioware-Geschichten entfesseln kann.

Betrachtet man die Story jedoch ohne das “Bioware-Prädikat”, bleibt eine zwar solide aber absolut sperrig erzählte Geschichte übrig. Seltsamerweise funktioniert das Spiel außerhalb der klassischen Erzählung am Besten.

In der Spielwelt finden sich an diversen Spots Hinweise, Geschichtsfetzen und kleinere Sehenswürdigkeiten, welche in Kombination eine erstaunliche Wirkung entfalten können, sofern man sich die Zeit gibt diesen Sog wahrzunehmen. Da aber in der heutige Spieler-Generation nur Tempo zählt, geht dieser Aspekt für viele Spieler vermutlich komplett unter.

Auch hier ist eine seltsame Teilung zwischen Spielwelt und Hub (Stadt) zu erkennen. Die Stadt empfand ich meist eher langatmig und wenig motivierend, jedoch die Story-Erzählung in der Spielwelt selbst war etwas “wuchtiger”. Die Story gewinnt auch vom Verlauf hier keine Preise nimmt aber zumindest im letzten Drittel etwas an Fahrt auf.

Technische Umsetzung (03/10):  Das Spiel hat ein massives Bug-Problem, welches zwar durch diverse Patches etwas verbessert wurde, aber ich persönlich hatte eine paradoxe Erfahrung: Mit mehr Patches habe ich mehr Probleme als zu Release.

Was relativ oft mittlerweile passiert, ist ein Verbindungsabbruch am Ende der Mission. Nach 20 Minuten Stillstand, bleibt nur das Spiel per Task zu schließen. Das wäre zwar ärgerlich, aber verkraftbar, wenn nach dem Neuladen nicht sämtliches gesammeltes Gear verschwunden wäre. Gear-Belohnungen werden am Ende der Mission auf den Server übertragen… gibt es davor einen Abbruch … verfällt oft die Belohnung. Das ist schon sehr frustrierend, vor allem da die Erfahrungspunkte sehr wohl ankommen.

Und hier muss nun auch das Menü erwähnt werden, welches direkt aus der Hölle zu kommen scheint (also direkt aus der Konsolenversion). Warum man diese Konsolen-Menüs (und selbst für Konsolen-Verhältnisse wäre es schlecht) nicht wenigstens versucht an PC-Gegebenheiten anzupassen, bleibt mir ein Rätsel. Mehr kann ich dazu nicht sagen, da ich ansonsten meine Kinderstube kurz vergessen müsste.

Arbeit des Entwicklers und Fan-Service 10/10): Bioware ist seit dem Release bemüht auf die Community zu zugehen, ihr zuzuhören und setzt Wünsche tatsächlich um. Die Kommunikation mit den Fans ist durchaus als umfangreich und vernünftig zu bewerten. Bioware gesteht in diversen Punkten durchaus Fehler ein und versucht Sie zu korrigieren, daher sehe ich bei dem Spiel mit den kommenden Patches sehr großes Potential, da eine gewisse Substanz geschaffen wurde, welche aber noch etwas zu roh und teilweise “nicht gereift” wirkt. (Außer das Menü … ab in die Ecke und schämen).

Fazit

Anthem ist ein wunderschönes Spiel, welches eine fantastische Welt mit einem Allmachtsgefühl vereint, welches in nur wenigen Spielen so gut rüberkommt. Auf der Habenseite stehen

  • Grafik
  • Spielmechanik
  • Und eine geheimnisvolle Welt, welche durchaus mal zum Innehalten einlädt.

Kritische Punkte sind:

  • Story
  • Umfang
  • Technische Umsetzung
  • Und eine (leider sehr) schlechte Menüführung.

Kaufempfehlung (jein):

Das Spiel erfordert vom Spieler eine gewisse Geduld, da es viele Bereiche sehr sperrig präsentiert und das Spielgefühl in 2 Teile gerissen wird, welches zwischen einer sehr guten Spielwelt und einem mehr oder minder schwachen Story-Hub pendelt.

Anthem fühlt sich im Moment mehr wie ein Versprechen denn wie eine Offenbarung an. In Zukunft kann daraus etwas richtig Großes werden, im Moment ist es aber ein solides, aber nicht gutes oder schon gar nicht sehr gutes Spiel.

Zudem kommt hier noch ein Faktor zum tragen, welcher eine sehr großen Unterschied macht: KOOP… spielt ihr das Spiel mit 3 Freunden, kann man durchaus nochmal 1 Punkt auf die Wertung aufschlagen, da sich gerade mit einem perfekt abgesprochenen Team ein gänzlich anderes Spielgefühl ergibt, als Solo oder mit einem unbekannten Spielern.

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1 Kommentar

  1. Gear-Belohnungen werden am Ende der Mission auf den Server übertragen… gibt es davor einen Abbruch …verfällt oft die Belohnung. Das ist schon sehr frustrierend, vor allem da die Erfahrungspunkte sehr wohl ankommen.

    Es verschwindet kein Loot. Entweder befindet er sich schon in der Schmiede, oder es muss kurz ein Freeplay gestartet werden und wieder verlassen. Dabei landet jeder Loot der durch Abrüche nicht angezeigt wurde, wieder im Inventar.

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