Ich bin vernarrt in Games, die ich nur verlieren kann

Ich bin vernarrt in Games, die ich nur verlieren kann

MeinMMO-Redakteur Benedict Grothaus versinkt seit einiger Zeit in einem ganz besonderen Genre von Spielen: Roguelites. In denen kann man gar nicht gewinnen – nicht wirklich zumindest. Und doch fesseln sie ihn. Aber warum?

Ich wette, jeder von euch kennt Spiele, die sich unmöglich anfühlen. Mindestens jeder Fan von Elden Ring kann nachvollziehen, wie es ist, ständig nur zu kassieren und vor einer sprichwörtlichen Wand zu stehen.

Sicher, schwere Spiele oder solche mit unfairem Balancing gibt es Zuhauf. Erst im neusten WoW-Raid bissen sich selbst Profis über 1.800 Mal an einem der Bosse die Zähne aus – und das war nicht einmal der Endboss.

Solche Games meine ich aber nicht. Ich spreche von Spielen, die man gar nicht gewinnen kann. Wortwörtlich.

Roguelites sind ein Genre, in dem Verlieren zum Spielkonzept gehört und sogar das Ziel darstellt. Mehr noch, es gibt oft überhaupt keine richtige Siegesbedingung. Gewinnen ist unmöglich, aber genau das macht die Faszination an diesen Spielen aus. Zu einigen meiner liebsten Spiele im Genre zählen:

  • Slay the Spire
  • Tainted Grail: Conquest
  • The Binding of Isaac
  • Night of the Full Moon

Seit Jahren bin ich vernarrt in diese Games, die mich vor allem auf Reisen begleiten. Unterwegs mit dem Laptop oder dem Smartphone ein paar Runden daddeln, verkürzt jede noch so lange Zugfahrt. Und sterben entspannt – wirklich!

Obwohl ich viel schreie und Angst habe, ist Elden Ring pure Entspannung

Roguelites – Erschaffen, um nicht geschafft zu werden

Ein kleiner Exkurs in dieses seltsame Genre: Roguelites werden in Runden gespielt. Ihr startet einen neuen Durchgang immer frisch. Je nach Spiel wählt ihr eine Klasse aus oder spielt in verschiedenen Leveln.

Der Ablauf ist dann jedoch immer gleich. Ihr kämpft euch durch Mengen an Gegnern und findet zufällige Gegenstände oder Fähigkeiten. Mit diesen verbessert ihr euch und versucht, so weit zu kommen, wie ihr eben könnt.

Viele Roguelites haben sogar ein „Ende“ bei einem Durchlauf, der jedoch nur den Anfang des nächsten Runs kennzeichnet. Im Endeffekt handelt es sich um endlos aneinander gereihte Runden, die einen immer wieder zum Start zurück schicken.

Sterbt ihr jedoch, ist das Spiel zu Ende und ihr müsst neu anfangen. Je nach Spiel gibt es ein „Ende“, welches jedoch ebenfalls nur wieder zu einer neuen Runde führt – dann meist mit höherem Schwierigkeitsgrad. Wie ein New Game+.

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Slay the Spire hat mir viele Stunden verkürzt. In der Fan-Erweiterung Downfall spielt ihr selbst die Bosse des Spiels.

Roguelites ist zu Eigen, dass ihr nach jedem Durchgang – unabhängig vom Ausgang – ein wenig aus dem Spiel „mitnehmt“. Das können Level sein, die den Charakter auf einer Meta-Ebene verbessern oder der Zugang zu neuen Items, die im nächsten Run auftauchen können.

Zu den beliebteren Varianten der Roguelites zählen neuerdings Kartenspiele bzw. sogenannte „Deckbuilder“. Dort tretet ihr mit einem sich stetig erweiternden Kartendeck an, welches ihr über den Lauf hinweg verbessert. Der Zufall des Ziehens bestimmt dann zu einem guten Maße mit, wie weit ihr kommt.

Roguelites sind keine Roguelikes!

Wer sich nun fragt: nein, das ist kein Tippfehler. Roguelites und Roguelikes sind unterschiedliche Genres. Auf der International Roguelike Development Conference wurde 2008 durch die „Berlin Interpretation“ festgelegt, welche Spiele sich wirklich Roguelike nennen dürfen.

Der Begriff leitet sich vom Spiel „Rogue“ ab, einem Dungeoncrawler von 1980 und dem ersten Spiel seiner Art. Spieler müssen hier einen Dungeon erkunden und finden dabei Schätze. Sterben sie, muss ein neuer Run begonnen werden.

Roguelikes müssen bestimmte Kriterien erfüllen, um sich so nennen zu dürfen. Dazu zählen etwa:

  • Permadeath als System
  • rundenbasiertes Gameplay
  • eine gewisse Komplexität
  • Dungeons, die man erkunden kann

Roguelites unterliegen solchen strengen Regeln nicht und können sich nur einzelne Komponenten herauspicken. Traditionell macht sie vor allem aus, dass man sich nach jedem Durchgang verbessern kann – egal, wie er ausgeht.

Mittlerweile sind die Begriffe beide etwas verwässert, sodass sie oft austauschbar verwendet werden. Ganz korrekt ist das nicht, weswegen ich hier explizit von Roguelites spreche, aber oft fallen auch moderne „Roguelikes“ nicht mehr wirklich unter diese Bezeichnung.

Spielen um des Spielens willen – „L’art pour l’art“

Warum also zocke ich solche Games überhaupt und dann auch noch so gerne, wenn ich doch nur verlieren kann? Die Antwort steckt im Spielprinzip

Roguelites haben zwar kein Ende, aber durchaus ein Ziel. Ich spiele, um mich zu verbessern und um das Spiel zu spielen. Die Mechaniken selbst sind das Spiel und ich genieße es, sie einfach zu überleben.

Besonders Indie-Entwickler haben bei Roguelites die Möglichkeit, ihre Version eines Spiels zu verbreiten. Und es macht Spaß, eben diese zu erkunden. In der Kunsttheorie heißt so etwas „l’art pour l’art“ – Kunst um der Kunst willen.

Und eben darum spiele ich auch Roguelites so gerne. Spielen um des Spielens willen gibt es gerade heute immer seltener. MMORPGs bauen darauf auf, möglichst gute Ausrüstung zu bekommen. Shooter treiben mit skillbasiertem Matchmaking den kompetitiven Gedanken voran. Survival-Games zwingen mich dazu, überleben zu müssen, um überhaupt zu spielen.

Roguelites entschleunigen und helfen dabei, sich wieder mehr aufs Spiel einzulassen. Ich brauche nicht das nächste Ausrüstungsteil für meinen Charakter oder den neuen Aufsatz für meine Knarre. Ich spiele für das Spiel.

Aber das alleine ist nicht der Grund. Da auch ich einen gewissen Schaden vom Streben nach Leistung habe, brauche ich die berühmte „Karotte vor der Nase“. Und Roguelites machen das genau richtig.

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Der deutsche YouTuber Maxim zeigt hier Tainted Grail – Mein aktuelles Lieblings-Roguelite.

Selbst eine Niederlage bringt mich weiter

In Roguelites ist es unmöglich, keinen Fortschritt zu machen. Ich komme immer weiter und werde auch immer besser. Es geht gar nicht anders.

Selbst, wenn ich nur den ersten Kampf erledige, nehme ich Erfahrung mit aus dem Run und verbessere mich. Ich begreife die Mechaniken, steige vielleicht im Charakterlevel oder lerne neue Karten und Effekte kennen.

Meist bekomme ich mehr aus einem Durchlauf, wenn ich überlebe und der Tod ist dann nur der „Trostpreis“. Trotzdem bekomme ich dafür Erfahrungspunkte oder die Möglichkeit, im nächsten Spiel neue Items zu finden.

Und selbst, wenn ich nur wegen absolut miserablen RNG draufgehe – beim nächsten Durchlauf könnte ich alles so perfekt zusammenkommen, dass ich ein unbeschreiblich starkes Kartendeck bauen kann. So wird selbst der Glücksfaktor eine motivierende, leistungsunabhängige „Karotte vor der Nase“.

Anders als bei kompetitiven Spielen oder Raids in MMORPGs, verbessere ich mich damit aber nicht nur selbst, sondern verändere das Spiel. Weil ich mehr Items finden kann, ändert sich mein nächster Run – und auch die prozentualen Chancen, genau das Item zu finden, das ich gerade will.

Da Gameplay selbst wird erweitert – ich habe also noch mehr zu entdecken, wo ich wieder beim obigen Punkt bin: Spielen um des Spielens willen.

Keine Core-Games, aber mein liebster Zeitvertreib

Es kommt zugegeben selten vor, dass ich mir mehrere Abende am Stück nehme, um nur Roguelites zu zocken. Aber gerade in Pausen oder wenn ich wirklich gestresst bin, ist eine Runde Slay the Spire oder Tainted Grail zwischendurch einfach herrlich.

Da ich nicht gewinnen KANN, ärgere ich mich über Niederlagen auch gar nicht. Oder zumindest nur kurz, denn der nächste Run geht ja ohnehin weiter. Und der wird bestimmt besser, denn ich habe ja nun mehr Möglichkeiten.

Roguelites helfen mir dabei, zu entspannen und auch einen neuen Blick auf andere Spiele zu bekommen. Wenn man nicht immer nur nach Leistung strebt, spielt es sich viel angenehmer – und das überall. Ich kann jedem nur empfehlen sich einmal Spiele anzusehen, in denen man nicht gewinnen kann. Das wirft ein ganz neues Licht auf die eigene Art zu spielen.

Wenn ihr noch weitere neue Spiele oder „euer nächstes Spiel“ sucht, schaut bei unserer Seite zu Find Your Next Game vorbei. Dort findet ihr spannende Neuvorstellungen und Geheimtipps aus der Redaktion:

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K-ax85

Meine liebsten Rougelikes:

Hades
Dead Cells
DS-Reihe + Elden Ring
Nioh 1 & 2
FTL

Nthusiast

Dead Cells und Hades sind da meine Lieblinge, freu mich aber schon sehr auf Slay the Spire im PS Plus..

Splitter

Meine holy Trinity wenn es um Roguelites geht ist:
Enter the Gungeon
The Binding of Isaac: Rebirth
Hades

Bei mir muss es scheinbar top-down sein. Mit einigen anderen sehr beliebten Roguelites bin ich nie warm geworden wie z.b. Dead Cells oder Risk of Rain 2.

Spritzkeks

Meine momentanen Favoriten des Genres

Children of Morta
Gunfire Reborn
Hades
Risk of Rain 1&2

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