Das Studio hinter dem Battle-Royale-Game „Darwin Project“ (PC, PS4, Xbox One) ist in ernsthaften Turbulenzen. Ein Insider-Bericht sorgt jetzt dafür, dass der Creative Director suspendiert wurde und die CEO ihr Amt ruhen lässt, während eine interne Untersuchung läuft. Es geht um eine Kultur des Sexismus und der sexuellen Belästigung.
Was ist das für ein Skandal? Am 25. Januar erschien auf der Seite GamesIndustry.biz ein langer Insider-Bericht über das „Scavengers Studio“. Die sind für das mittlerweile gescheiterte Battle-Royale-Game „Darwin Project“ bekannt. Das orienterte sich an “Hunger Games”. Mittlerweile arbeitet das Studio an “Season”, einem Adventure.
GamesIndustry sagt, sie haben mit 9 Angestellten und ehemaligen Angestellten des Studios in Montreal gesprochen.
Das Hauptproblem sind offenbar 2 Personen, die Gründer des Studios:
- der Kreativ-Chef Simon Darveau
- indirekt die Chefin des Studios, Amélie Lemarche
Die beiden sollen zu der Zeit, in der es Schwierigkeiten gab, eine romantische Beziehung geführt haben.
Der Vorwurf ist, dass Darveau Frauen schlecht behandelt habe. Der habe die nicht ernst genommen und ihnen ihre Kompetenz abgesprochen. Es hätte auch sexuelle Belästigung gegeben.
Wer was gegen die Gründer sagt, ist am Arsch
Wer sich darüber beschweren wollte, müsste normalerweise zur Personalabteilung gehen. Das kleine Studio hatte damals aber niemanden für den Job, also hätten sich die Leute direkt bei der Chefin über die sexistische Behandlung beschweren müssen. Doch die war ja mit Darveau zusammen, daher konnte man sich nicht an sie wenden.
Es heißt, Lamarche hätte den Vibe versprüht: „Ich fördere Frauen im Gaming“ – doch in Wirklichkeit sei das nicht der Fall gewesen. Sie hätte nicht eingegriffen, wenn Darveau unangemessen Witze gemacht oder Leute angebrüllt hätte. Und das soll häufig vorgekommen sein. Man spricht von einer “Kultur des Schreiens” in Meetings und dass Leute so zusammengefaltet wurden, dass man noch es auf dem Gang gehört habe.
Es kursiert etwa das Gerücht: Darveau hätte eine Affäre mit einer Mitarbeiterin gehabt. Die Chefin habe das rausgefunden und die Mitarbeiterin sei danach nicht mehr zur Arbeit erschienen. So richtig konnte die Geschichte aber niemand bestätigen.
Gerade bei Firmenfeiern sei der Kreativ-Chef offenbar häufiger entgleist. Da sei auch einiges an Alkohol geflossen.
Ein Mitarbeiter wird zitiert mit:
Sie sagten uns: Ihr könnt mit uns sprechen. Aber jeder wusste, du kannst nichts gegen die Gründer sagen, sonst bist du am Arsch.
Eine anonyme Quelle
Darveau habe eine Gruppe von Lieblingen gehabt, vor allem Programmierer: Auf die habe er nichts kommen lassen. Die habe er als unersetzbar angesehen. Doch die seien toxisch und zu anderen fies gewesen, vor allem zu den QA-Testern und zum Community-Management.
Es gibt gar keine Abläufe, um ein gutes Spiel zu erstellen
Es heißt ferner, Darveau sei zwar gut darin, ein Konzept für Spiele zu erstellen, das Team und Publisher zu begeistern und so Geld ranzuschaffen. Doch an der Ausführung des Spiels mangele es dann:
Bei jedem Spiel ist es dasselbe Muster: Er baut eine Vision des Spiels, verkauft sie dem Team so, dass die heiß drauf sind, dann verkauft er sie dem Publisher. Aber es gibt kein Design, keinen konkreten Plan und am Ende auch kein Spiel.
Die Leute arbeiten an einem Game und tun ihr Bestes, aber die ganze Firma ist um die Idee gebaut: Wir stellen Prototypen her, wir verkaufen sie an Publisher und das wiederholen wir. Es gibt gar nicht das Ziel, ein qualitativ gutes Spiel zu erstellen, es gibt gar keine Abläufe.
Eine anonyme Quelle
Studio reagiert mit harschen Maßnahmen
So reagiert das Studio: In einer Mitteilung heißt es nun:
- der Kreativ-Chef Simon Darveau ist auf unbestimmte Zeit suspendiert
- man wird eine unabhängige Firma beauftragen, das Arbeitsklima zu untersuchen – der Bericht wird dann transparent mit allen Mitarbeitern geteilt
- auch Amélie Lamarche, die Chefin des Studios, lässt ihr Amt ruhen, bis der Vorfall geklärt ist
Das steckt dahinter: Der Vorfall erinnert stark an die Vorgänge bei Ubisoft aus dem Juli 2020. Da gab es sehr ähnliche Berichte. Auch dort soll der Chef-Kreative ein sexistisches Klima geschaffen haben. Darveau hat bei Ubisoft als Designer gearbeitet.
Die Diskussion um ein sexistisches Klima bei Videospiel-Studios kochte bereits 2018 hoch, als ein Insider-Bericht das Studio “Riot Games” (League of Legends) als eine Art Männer-Clique bezeichnete, bei denen Frau mies behandelt und klein gehalten wurden. Das schlug damals hohe Wellen.
LoL: Riot zahlt 10 Mio $ an 1000 Frauen, die dort gearbeitet haben
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Ich denke das ist ein allgemeines Problem. In Firmen spielt Sexismus und Rassismus ne große Rolle. Mal mehr mal weniger direkt. Ich hab sowas auch schon Live erlebt. Ich hab schon vor ein paar Jahren in ner Firma gearbeitet, in der Frauen und Ausländer nur der Quote wegen in die Firma kamen. Die wurden dann aber wie Abfall behandelt. Wenn da Aussagen fallen wie “Das nächste mal suchen wir uns einfach ne albanische Frau, die sind vielleicht unterwürfiger” weiß man was abgeht. Sowas kommt an vielen Stellen gar nicht raus, aber ist traurige Alltag. Da man meist als einfach Mitarbeiter sich gnadenlos unterlegen fühlt (und es meist auch ist) traut man sich gar nicht was dagegen zu unternehmen. Wobei ich beim aktuellen Gesellschaftswandel das Gefühl habe, dass dahingehend langsam der Damm bricht und immer mehr Menschen sich zu wehr setzen, wenn auch über öffentliche Medien.