MMORPG-Entwickler erzählt stolz, wie er mal die Häuser von bösen Spielern abfackelte: „Fühlte sich fantastisch an“

MMORPG-Entwickler erzählt stolz, wie er mal die Häuser von bösen Spielern abfackelte: „Fühlte sich fantastisch an“

Der ehemalige Game-Designer Tim Cotten arbeitete in den 2000er-Jahren am MMORPG-Klassiker Ultima Online (PC): Er hatte eine persönliche Rechnung mit Item-Dupern offen und beglich sie spektakulär, wie er jetzt stolz zum 25. Geburtstag von Ultima Online erzählt.

Wer erzählt da?

  • Tim Cotten ist ein erfahrener Game-Designer, der immer wieder über seine Erlebnisse in der Industrie schreibt.
  • Er war von 2007 bis 2010 „Lead Game Designer“ an Ultima Online, und entwickelte die Erweiterung „Styvian Abyss“.
  • Ultima Online gilt als eines der UR-MMORPGs: Das war die wüste und wilde Sandbox-Richtung. Durchgesetzt hat sich letztlich die eher gemäßigte und geordnete Themepark-Richtung von Everquest, auf der dann später World of Warcraft beruhte.
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Das erzählt Cotten: Der Game-Dev spricht über „Item Duping in Ultima Online“. Schon während der Beta des Spiels hatten einige Tester entdeckt, wie man Items dupliziert, um sich dadurch Geld und Items zu erschleichen. Sie hatten diesen Fehler aber nicht gemeldet, sondern geheim gehalten, um dann zum offiziellen Start des Spiels Kasse zu machen, wie Cotten schreibt.

Er sagt, 1997 noch selbst als Spieler, beobachtete Otten etwas ganz Seltsames:

Ich lief nördlich einer Orc-Siedlung nahe des Ortes Cove, als ich sah, dass zwei Randos das seltsamste Ding überhaupt abzogen: Sie liefen vor und zurück über diesen ärgerlich laggenden Streifen Land und warfen kleine Truhen auf den Boden. Ich wusste, dass gerade dieses Gebiet das schlechteste war. Es war ein echt nerviger Teil der Karte, mit einem Schleichpfad zwischen den Bergen hindurch und es fühlte sich zäh an, wenn man drüberlief.

Die Spieler nutzten diesen ekligen Teil der Karte von Ultima Online, um gezielt Schatztruhen durch den Server-Lag zu dupen und feierten freudig ihren Erfolg: „Es klappt, es klappt“, riefen sie voller Freude.

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Entwickler spürt gedupte Items auf, aber darf sie nicht einfach löschen

Was hat er dann gegen dupen unternommen? Einige Jahre später trat Cotten selbst dem Team von Ultima Online bei. Sein Ziel war klar: Die Duper jagen und zur Strecke bringen. Aber das erwies sich als gar nicht so leicht.

Zwar hatte Cotten relativ schnell eine Idee, wie er gedupte Items finden konnte: Über eine „Global Hash Registry“ hatte er nach ein paar Wochen eine Liste mit seltenen, gedupten Items zusammengestellt. Aber was sollte er mit diesen Informationen anfangen?

Das Problem war: Er konnte nicht einfach alle „gedupten Items“ im Spiel löschen. Denn der Chef des Studios verbot ihm das:

Mmm, ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, alle gedupten Items im Spiel zu löschen. Damit würde man einen Mengen Spielern weh tun.

Cotten schreibt: Darüber hatte er in der Aufregung gar nicht nachgedacht. Aber es stimmte, das Dupen war in den Jahren so verbreitet geworden, dass auch „unschuldige“ Spieler mittlerweile in den Besitz von gedupten Items gekommen waren – und die wären enttäuscht, wenn wichtige Items plötzlich weg wären.

Man hätte einem Großteil der Spieler-Basis einfach Items wegnehmen müssen. Das wollte man dann nicht.

Auch einfach „Spieler mit gedupten Items“ bannen, war keine gute Lösung: Bei wie vielen Items wollte man denn zuschlagen?

Letztlich konnte man aber den Kreis der Duper in Ultima Online so weit einschränken, dass man auf eine kleine Anzahl von „bösen Spielern“ kam, die systematisch den Dupe ausgenutzt hatten.

Und da gönnte sich der Entwickler einen kleinen Spaß. Er fragte den Community-Manager.

Der Customer Support wird die Duper sowieso bannen. Warum machen wir daraus kein Event?`

Und der Community-Manager war einverstanden.

Besitz der Duper geht in Flammenemeer auf

Das war dann das Event: Wie Cotten erzählt, fand man heraus, dass die Duper richtige Lagerhallen hatten: Häuser voll mit gedupten Items und NPC-Händler, welche die Items verkauften. Der Schmuggler-Ring streckte sich über mehrere Server, verschiedene Gruppen von Spielern, die alle dem gleichen Muster folgten: Sie verdienten irre viel Geld in Ultima Online und vertickten das auf anderen Seiten gegen echtes Geld.

Ultima-Online
“Bildnis eines Verräters”. Bildquelle: Blog Cotten

Der Plan war dann:

  • Das Haus und alle Inhalte löschen
  • Eine Menge „Häuser-Schutt“ auf der Fläche des Hauses zu spawnen
  • Unendliche Flammenfelder zwischen den Schutt zu legen
  • Einen Dummy mit der Aufschrift „Ein Bildnis des Verräters“ in die Flammenfelder zu stellen

Nun suchte man sich einen Tag aus und zog den Angriff durch. Die Duper erhielten einen Massen-Bann nach einer Server-Wartung und Cotten und seine Helferin zogen über die Server und ließen ihre Feuersbrunst aufgehen:

Dutzende Häuser wurden im ganzen Multiversum von Ultima Online zerstört, die Flammen leckten über den Schutt und waren ein sichtbares Zeugnis der Hingabe unseres Teams, wie wir mit Betrügern verfahren. Es fühlte sich fantastisch an. Und uns wurde gesagt, sowas nie wieder zu tun.

ultima-online-flammen
Bildquelle: Blog Tim Cotten

Denn die Aktion des Teams ging nur „noch gerade so“ bei den Bossen durch. Dem Customer-Support wurde nachher gesagt, künftig „diskreter“ mit Cheatern zu verfahren.

Und Stress gab’s dann auch später, als sich die Spieler darum balgten, wer die Bauplätze der Cheater in Ultima Online bekam, denn das waren Premium-Grundstücke.

Vor einem Monat haben wir auf MeinMMO eine ähnliche Geschichte erzählte. Da bestrafte ein Entwickler einige Spieler, die einfach zu neugierig waren:

Entwickler eines legendären MMORPGs erzählt, wie er mal absichtlich einen Shitstorm auslöste: „Mein Chef rief mich morgens um 1 an“

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amoxi

Find ich super.
Beim GTA Rollplay gab es auf einigen Servern die NOOSE Einheit. Ein Admin Sonderkommando, wenn jemand gebannt wurde. Dann wurde der Himmel Dunkel und alle wussten jetzt fliegt einer. Dann wurde diese Person von Noose abgeholt, mit Blaulicht und Gepanzerten Wagen und wurde im Gefängnis “hingerichtet” und gebannt.

Das war jedes Mal ein Spektakel und man hatte ein bisschen Angst selbst ausversehen eine Regel verletzt zu haben.

Nöpp

die Flammen leckten über den Schitt

Ist ja ekelhaft… 😅

Todesklinge

Ich finde es wichtig das so manche spielerischen Hinrichtungen auch öffentlich gemacht werden, um als Spieler zu sehen das sich da auch was tut.

Man hat häufig das Gefühl das sich kaum etwas ändert, man liest zwar das so manche Cheater gebannt seien, aber nichts visuelles.

Schlachtenhorn

In Fractured zum Beispiel wird das Thema immer wieder angesprochen und auch darüber geredet, ohne direkt Namen zu nennen.
Man merkt dort aber auch das die Game Master dort hart durchziehen.

Alex

Damals zumindest auf unserem RP Server in HDRO war es gang und gebe Exploiter oder leute dei sich in “geheime” gebiete innerhalbs Brees und anderswo gebugt/glitched haben tatsache im Gefängnis in Bree für eine RL Woche oder so einzusperren.
Sehr lustig, da das Gefängnis tatsache von der “stadtwache” bespielt wurde, waren die Leute quasi immer in der öffentlichkeit zu sehen.
Das war meistens eine Verwarnung die die Leute bekommen haben, ich hab da mal selbst gehockt weil ich mich in einen Bereich in Bree geglitcht hatte wo die Diebesgilde ihren “Stützpunkt” hatte. Gute alte Zeit.

Schwammlgott

“Dem Customer-Support wurde nachher gesagt, künftig „diskreter“ mit Cheatern zu verfahren”

NEIN, jeder sollte mMn wissen, wer sowas macht, damit die ausgegrenzt werden!
Naming&shaming? Diskriminierung? Sicher…aber verdient!

Schlachtenhorn

Und nachher packt es einen bei dem sich herausstellt das er Unschuldig war.
“Hups, haben wir jetzt jemand unschuldiges der öffentlichen Meute ausgesetzt wegen eines Fehlers und ihn somit auf ewig gebrandmarkt?”

Man sollte sichtbar zeigen, dass man dagegen vorgeht, aber keinen Schauprozess veranstalten.

Marcus

Das sollte man regelmäßig bei sämtlichen aktuellen MMOs auch
genau so praktizieren. Nur schade, daß man die Gesichter
der Betroffenen, bei der aufkommenden Erkenntnis nach solch
einem “Event”, leider nicht sehen kann.
😈

Zuletzt bearbeitet vor 1 Jahr von Marcus
N0ma

waren die Zeiten früher doch nicht besser 😉

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