In Spielen des Studios Paradox spielt man häufig die reale Historie nach. Doch bei Victoria 3 kann man die Welt anders gestalten. MeinMMO-Autor Schuhmann hat sich in das neue Strategie-Spiel Victoria 3 verguckt, das am 25. Oktober auf Steam erschien. Er ist überrascht über die Möglichkeiten, die das Game gewährt, eine alternative Geschichte zu erleben.
Nach meinem Fiasko vom Samstag, als ich aus Versehen die Wirtschaft der USA in den Abgrund geführt hatte, überlegte ich mir am Sonntag eine neue Partie Victoria 3 mit den Vereinigten Staaten zu spielen und alles richtigzumachen.
Meine Fehler, voll auf die Kohle- und Stahlindustrie zu setzen, hatte ich mir ja in meinem Artikel selbst vor Augen geführt.
21 Polit-Felder bilden die Knochen einer Nation
Victoria 3 ist nicht nur eine Wirtschafts-Simulation, sondern auch ein Gesellschafts-Simulator. Es gibt 21 verschiedene politische Felder, in denen man Grundsätze festlegen kann:
- Welche Handelspolitik verfolgt man? Erhebt man Zölle oder setzt man auf freien Handel?
- Gibt es eine Staats-Religion oder gewährt man Glaubensfreiheit?
- Sollen Bürokraten ernannt werden, sind es vererbte Rechte oder werden sie gewählt?
Sind die Bürger satt, machen sie auch politische Änderung mit
Diese 21 Einstellungen sind letztlich die Knochen jedes Landes: Jede Entscheidung hat Vor- und Nachteile und verschiedene Interessensgruppen im Spiel stehen für die jeweilige Richtung:
- Intellektuelle wollen eine möglichst liberale Grundausrichtung – Industrielle wollen das auch, solange es heißt, dass es ihnen gut geht
- Die Kirche und das Landvolk wollen, dass alles schön bleibt, wie es ist
- Dem Militär ist vieles herzlich egal, Hauptsache das Militär-Budget stimmt
- Sozialisten und Gewerkschaft wollen Dinge, von denen man 1836 in den USA noch nicht mal gehört hat, haben etwa skandalöse Ideen von Krankengeld, Arbeitsschutzbestimmungen oder dem Verbot der Kinderarbeit
Je nachdem, wie die Macht im Land verteilt ist, hat man Rückenwind oder Gegenwind für politische Entscheidungen und die braucht man, um die Gesellschaft zu verwandeln.
Wie sich Victoria 3 als Anfänger spielt, lest ihr hier bei der GameStar.
Übertreibt man es mit dem Kurs, bricht eine Revolution aus und Staaten spalten sich ab. Damit simuliert Victoria 3 historische Unruhen. Der Bürgerkrieg in den USA entbrannte an der Abschaffung der Sklaverei. Auch das ist eine Geschichte, die man in Victoria 3 nachspielt.
Wie man sich vorstellen kann, ist es viel leichter, die Gesellschaft zu verändern, wenn es den Leuten gut geht:
- Fordert man etwa hohe Steuern, radikalisiert sich die Bevölkerung – Wer zu hohe Steuern fordert und die Wirtschaft an die Wand fährt, dem wird das Land um die Ohren fliegen.
- Hat man niedrige Steuern und steigert den Lebensstandard der Leute, sind sie zufrieden und werden loyal. Dann kann man politisch fast schalten und walten, wie man möchte.
Da ich mich diesmal wie ein weiser und freundlicher Präsident fühlen wollte, unternahm ich alles, um die Gesellschaft möglichst liberal zu gestalten. Gar nicht so leicht in den USA im Jahr 1836, als noch die Sklaverei herrschte.
In den ersten 20 Jahren ist man als Präsident der USA zudem damit beschäftigt, immer wieder Gruppen von amerikanischen Ureinwohnern zu vertreiben und sie in ein gesondertes Reservat, eigentlich ein Ghetto, im Westen zu führen: der Marsch der Tränen.
In meinen USA sollte das anders werden:
- Bei den Parteien beförderte ich die Kapitalisten, die immer Lockerung wollen, und Intellektuelle, die maximale Freiheit möchten, in die Regierung. Die „Trade Union“, welche die Arbeiter-Rechte vertreten, förderte ich ebenfalls.
- Die konservativen „südlichen Land-Besitzer“ (im Prinzip Sklavenhalter), die evangelische Kirche, das Militär, die Bourgeoise und das Landvolk beließ ich in der Opposition.
Dann führte ich in rascher Folge mit der politischen Unterstützung im Parlament progressive Reformen ein.
Die USA beginnen in Victoria 3 schon „relativ“ liberal, sodass es zum Beispiel Religions-Freiheit und Versammlungsfreiheit gibt. Zudem existiert ein rudimentäres Wahlrecht und es gibt keinerlei Beschränkungen für Migration.
Aber die Rassentrennung und die Sklaverei sind noch präsent. Gesundheits- und Sozialsysteme gibt es gar nicht. Kinderarbeit gehört zum Alltag und die Frau ist zu Beginn entrechtet. Also gab es einiges zu tun.
Mit der politischen Unterstützung der Intellektuellen und Kapitalisten konnte ich bereits 1849 die Rassen-Trennung aufheben.
Es sind einige historische Figuren im Spiel: Man startet als Präsident Andrew Jackson, Haupt-Kapitalist ist “Cornelius Vanderbilt”, der Eisenbahnkönig.
Ein 26-jähriger Dakota setzt sich an die Spitzen der Reform-Bewegung
Als ich die multikulturelle Gesellschaft einführte und die Rassentrennung abschaffte, passierte etwas Seltsames: Thahca Kramarae, ein 26-jähriger amerikanischer Ureinwohner, setzte sich an die Spitze der Interessen-Vertretung „Intelligentsia“ und schloss sich mit den Kapitalisten zu einer neuen Partei zusammen: der „Free Trade Party“. Die sind für die Abschaffung aller Zölle.
Die konservative „Whig Party“ löste sich auf, die Gewerkschaft ging in eine „Progressive Partei“ über und der Rest versammelte sich unter dem Banner der Demokraten.
Bei der Wahl 1849 gewann die Partei von Thahca Kramarae in einem Landrutsch-Sieg mit etwa 70 % der Stimmen und der 26-Jährige wurde als Vertreter der stärksten Gruppe 1849 zum Präsidenten der USA gewählt – 160 Jahre, bevor ein Anwalt aus Chicago, Barack Obama, 2009 zum 44. Präsidenten der USA gewählt wurde.
Marsch der Tränen wird beendet
Kurz danach feuerte ein Event: Das mit der Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner habe sich erledigt, das Reservat wird aufgelöst, jeder könne nun da leben, wo er wolle.
Wer jetzt denkt: Es wäre nun das sozialistische Paradies ausgebrochen, der irrt sich aber. Nach einigen Jahren gewannen die Konservativen die Wahl, ich musste die Demokraten an die Macht lassen, sonst wären mir die USA um die Ohren geflogen, und die Liberalisierung blieb erstmal stecken.
Es bleibt die Frage, ob das alles so geplant ist, mit den USA. Paradox hat bereits angekündigt, einen ersten Patch zu bringen, der es nicht mehr so leicht machen soll, den Bürgerkrieg in den USA zu vermeiden.
Offenbar soll Victoria 3 doch wieder etwas näher an die reale Geschichte rücken.
Auch wenn Victoria 3 sich normalerweise so anfühlt, als ist man gezwungen, die Vergangenheit mit all ihren Grausamkeiten nachzuspielen, gibt es offenbar auch die Möglichkeit, eine ganz andere Geschichte zu erzählen.
Mehr zum Spiel:
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Ich hasse euch gerade. Ihr macht mir hier gerade wirklich Laune danach und das obwohl ich mir geschworen habe keine Paradox Spiele mehr zu kaufen.
Man kann also keinen linken Planeten erschaffen in dem der Mensch im vordergrund steht und nicht das streben nach maximalem Kapital?
Weiß ich nicht. Mal gucken – ich glaube, dafür muss man Frankreich spielen oder so. 🙂
Ja aber das Problem ist, wie schon der grosse Philosoph A. Bundy sagte: es ist falsch, Franzose zu sein
Teste das mal bitte! Du bist jetzt eh schon digitaler Revoluzzer, also bring uns die heile Welt für den dritten Artikel! 😄
Ich bin immer noch an den USA dran grade und will da erstmal die Details richtig verstehen. Das Spannende ist, dass jeder Durchgang ein bisschen anders ist und man eigentlich um so besser spielt, je mehr mach sich in die reale Logik der Zeit begibt: Also verkauf keine Rohstoffe, sondern Endprodukte, lieber wenige große HAndeslspartner als viele kleine – sozialer Fortschritt muss mit Sicherheit einhergehen.
Da komt man auf sehr schräge Gedanken, wenn man das spielt.
Mir hat Victoria 2 damals gar nicht so gut gefallen, ich war immer eher ein Fan von Crusader Kings 2 – aber das Spiel flasht mich grade total, muss ich sagen. wobei es an vielen Stellen offenbar buggy ist – gerade im Kampfsystem.