Scheinbushaltestellen sehen täuschend echt aus, doch ein Bus wird dort niemals halten. Dahinter steckt ein Konzept aus der Pflege von Menschen mit Demenz.
Bei dem Titelbild handelt es sich um ein Symbolbild via Pexels.
Was sind das für Haltestellen? Es geht hierbei um sogenannte Scheinbushaltestellen. Das sind realistische Nachbildungen von normalen Haltestellen. Oft findet sich dort sogar ein Fahrplan – auf einen Bus wartet man dort allerdings vergeblich.
Eine solche „Phantom-Haltestelle“ wurde jetzt neu in Hamburg Altona errichtet. In einem Thread der HOCHBAHN Hamburg auf X wird über das Konzept berichtet.
Gemütlich warten, statt orientierungslos umherirren
Was ist der Sinn der Haltestellen? Menschen mit Demenz verspüren oft einen Drang, irgendwohin zu gehen. Dabei kann es jedoch vorkommen, dass sie unterwegs vergessen, wohin die Reise eigentlich gehen sollte. Die Betroffenen müssen dann von Pflegekräften wieder eingesammelt werden.
Wie die HOCHBAHN erklärt, würden diese Menschen teilweise auch orientierungslos an Endhaltestellen aufgefunden werden (via X).
Die Schein-Haltestellen geben den Menschen mit Demenz einen sicheren Ort, an dem sie warten können – teilweise auch gemeinsam mit einer Betreuungs-Person. So auch bei der neuen Haltestelle im Garten einer Demenz-WG in Altona.
Auf X sind viele Menschen begeistert von der Idee. Ein Nutzer gesteht sogar, selbst schon einmal an so einer Haltestelle gewartet zu haben. Erst durch den Hinweis eine Mitarbeiterin habe er den Fehler bemerkt (via X).
Es gibt jedoch durchaus auch Kritik an dem Konzept. In einer Grundsatzstellungnahme des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen wird bemängelt, dass Menschen mit Demenz in ihrer Krankheit auf diese Weise nicht ernst genommen würden.
Zudem könnten die Haltestellen eher für Unruhe bei den Betroffenen sorgen, wenn sie vergeblich auf den Bus warten. Würden die Pflegekräfte dann „mitspielen“, könne dies den Wahn der Betroffenen noch verfestigen (via Internet Archive).
Aus Hamburg wird bislang jedoch positiv über die Haltestelle berichtet, sie werde oft und gerne benutzt (via X).
Ein interessantes Projekt, dessen Sinn sich nicht unbedingt jedem auf den ersten Blick erschließt, besteht aus hunderten von eingemauerten USB-Sticks. Was es mit den „Dead Drops“ auf sich hat, erfahrt ihr hier auf MeinMMO: In Deutschland gibt es über 400 USB-Sticks, die aus Wänden herausragen – Was ist das „Dead Drops“-Projekt?
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Ich sehe soetwas extrem kritisch.
Das ist im wahrsten Sinne das Ausnutzen einer Krankheit, weil man nicht die ausreichende Betreuung gewährleisten kann (was weder die Schuld der Pflegenden, noch der Erkrankten ist).
In anderen Ländern ist das noch schlimmer, wie mit dieser Krankheit umgegangen wird. Ich war auf Demenzstationen, da war der Boden so bemalt, dass unmittelbar vor dem Treppenhaus / dem Fahrstuhl ein riesiger, schwarzer Kreis auf dem Boden zu sehen ist. Der Grund dafür: Viele Demenzkranke sehen darin ein schwarzes Loch im Boden und trauen sich daher nicht, darüber zu gehen.
Das ist, genau wie die Scheinbushaltestellen, absolute Ausnutzung der Krankheit. Das als “wertvoll” zu bezeichnen finde ich persönlich richtig, richtig schwierig. Das hat die Generation unserer Großeltern nicht verdient, dass man mit ihnen so umgeht.
Stellt euch mal bitte vor, wir würden mit einer anderen Krankheit oder einer anderen körperlichen Einschränkung so vorgehen, wie es bei Demenzkranken der Fall ist.
“Hier, wir haben hier eine Station für Kinder im Rollstuhl. Und sie kennen doch Kinder, die wollen immer ausbüchsen. Daher haben wir dafür gesorgt, dass es nur noch Treppen auf diese Station gibt, damit die von dort gar nicht wegkommen können, außer die Dienstleistung schließt den Fahrstuhl auf.”
Da würden wir die meisten kollektiv doch auch sagen: Wie irre ist das denn bitte.
Aber weil Alte mit Demenz halt “irgendwie nervig sind, wenn die sich noch bewegen wollen”, gehen wir so damit um. Ich find’s nur eklig.
Ich halte das für ok. Tut ja keinem weh. Ein Trick der hilft das die nicht weglaufen. Die Pflegekräfte haben bei Demenz Kranken genug zu tun, alles was hilft hilft. Vom Vergleich passt am ehesten noch mit Kleinkindern, da lässt man die Türen auch nicht offen stehen.
In Niedersachsen ist jetzt eine 83-Jährige verstorben, weil sie nicht selbstständig zurück in ihr Wohnheim finden konnte und die Einsatzkräfte sie nicht rechtzeitig gefunden haben.
Ich denke, man kann und sollte solche Konzepte kritisch hinterfragen, aber man sollte sich schon bewusst machen, dass die Alternative eben nicht nur „irgendwie nervig“ ist.
Wer wird denn ausgenutzt? Und von wem? Kommt da jemand an der Scheinhaltestelle vorbei und verlangt als Scheinkontrolleur Scheinfahrtgeld?
Wie sähe für dich die ausreichende Betreuung aus? 24/7 Personenbetreuung? Schlüssel rumdrehen und die an Demenz leidende Person im Zimmer einsperren? Oder vielleicht ein GPS-Halsband wie beim Hund umlegen? Was wäre denn für dich eine “ausreichende Betreuung” einer unter Demenz leitenden Person?
Warum sollte jemand im Rollstuhl, der ansonsten geistig voll auf der Höhe ist, eine Scheinhaltestelle zur Sicherheit benötigen?
Kann es sein, dass du gar nicht genau weißt, was Demenz eigentlich ist und was diese schlimme Krankheit mit sich bringt?
Okay, damit hast du die Frage beantwortet. Du weißt nicht, was Demenz ist. Es geht hier nicht darum, dass “Alte mit Demenz irgendwie nervig sind”, es geht darum, ihre Leben zu retten, wenn sie bei Minustemperaturen in der Nacht herumirren und aufgrund ihrer Krankheit nicht mehr wissen, wohin sie wollten oder wohin sie in Sicherheit zurück können.
Es ist in der Tat schwierig, wie du schon sagst. Das mit dem schwarzen Loch sehe ich ebenfalls kritisch an. Aber mit der Haltestelle ist, finde ich zumindest, nicht unbedingt “ausnutzen” ein Krankheit, sondern den Personen eine Stelle zu geben, wo Sie sich sicher fühlen. Wenn wir mal kurz vom Personalmangel in der Pflege absehen, kann es immer mal passieren, dass jemand rausgeht, ohne dass es das Personal bemerkt.
Wenn ich diese Person wäre oder einer meiner Familienmitglieder, würde ich es persönlich gut finden, wenn ich solche Anlaufstellen/Haltestellen hätte, an der ich mich aufhalte, statt vielleicht auf gefährlichen Wegen zu landen (Autobahn, Bundestraße, Wald).
Es ist schwierig ein Beispiel zu finden, aber es ist ähnlich wie jemand, der mit ein Frau Nachts nach Hause läuft, damit diese sicher ist, obwohl es sowas nicht geben sollte (wenn das Sinn macht :D). Es sollte nicht notwendig sein, ist aber gut, dass sowas exisitiert.
Das ist ja auch ihr Recht als Mensch, welches man ihnen nicht nehmen kann. Ich habe es oben ein wenig ironisch formuliert, aber du kannst das nicht mit “Ueberwachung” lösen. Es ist ein ganz schweres und heikles Thema (zum Glück) Menschen in ihr Pflegezimmer einzusperren oder sie 24/7 mit der Kamera zu überwachen.
Ich verstehe nicht ganz, wo ihr die Downsides seht. Denkt ihr, die unter Demenz leidenden Menschen sind in ihrer Würde angegriffen, wenn sie an einer Bushaltestelle warten, an der eben kein Bus kommt? Ich wohne auf dem Land, bei jedem Bus nach 22 Uhr besteht dieses Risiko zu 50%, dass ein Bus nicht kommt.
Solche Haltestellen können Menschenleben retten. Diese Haltestellen sind eine großartige Methode, die keine Downsides haben. Ähnlich toll sind nachgestellte Supermärkte in den Pflegeeinrichtungen, weil sich in diese auch häufig unter Demenz leidende Menschen verirren.
Öhm ich glaube du verstehst mich falsch, oder bist gerade ein wenig in Rage, aber ich finde die Haltestellen auch gut 😀 Ich habe das “Schwarze Loch” kritisiert.
Es geht mir nur darum, dass man sich halt überlegen muss, warum es solche Haltestellen überhaupt geben muss.
Da geht es mir nicht um 24/7 überwachung oder ähnliches, sondern dass es auch die Mitmenschen kaum noch interessiert, was mit den anderen Menschen um sich herum passiert. Früher hätte man sicher orientierunglose Menschen zumindest angesprochen, ob alles okay ist, oder man diesen helfen kann. Damit ist heutzutage bestimmt kaum noch zu rechnen.
Nö, bin nicht in Rage. Sollte so auch nicht rüberkommen. 😉
Ist doch genau das gleiche Prinzip? Zur Sicherheit von Patienten wird etwas vorgegaukelt, was sie davon abhalten könnte, weiter in der Gegend umher zu irren und sich selbst zu gefährden.
Was ist deine Antwort darauf unter der Prämisse, dass man solche schlimmen Krankheiten leider nicht wegzaubern kann?
Äh ja. Warum jetzt die Mitmenschen? Was können die tun? Viele unter Demenz leidende Personen kann man nicht immer als solche identifzieren. Es läuft nicht jeder in der Unterhose durch die Gegend und fragt nach dem Weg. Viele laufen einfach los, vergessen wo sie hin wollen und sind dann an Orte, ohne zu wissen, wohin sie gerhören und wie sie wieder zurückkommen. Im Glücksfall ist dieser Ort in einem öffentlichen Einkaufszentrum oder eben an einer Scheinhaltestelle. Im schlimmsten Fall ist der Ort mitten im Wald bei vier Grad Minus um 23 Uhr nachts. Was genau wirfst du nun den Mitmenschen vor?
Der Artikel sollte unbedingt mehr auf diese schlimme Krankheit eingehen und was sie so heimtückisch macht. Hier in der Kommentarsektion ist einfach sehr viel unaufgeklärte Unwissenheit.
“Ist doch genau das gleiche Prinzip? Zur Sicherheit von Patienten wird etwas vorgegaukelt, was sie davon abhalten könnte, weiter in der Gegend umher zu irren und sich selbst zu gefährden.”
Weil hier ein Gefühl der Angst eingeflößt wird, damit die Person nicht außerhalb des Gebäude rumläuft, wo du ja selber sagst “es ist deren Recht”. Einer Demenzerkrankten Menschen Angst einzuflößen, weil da ein großes klaffendes schwarze Loch ist, sehe ich kritisch an, doch.
Nicht damit eine demente Person außerhalb des Gebäudes herumläuft, sondern dass eine demente Person alleine durch die Gegend umher irrt und sich Gefahren aussetzt.
Wir sind da aber sehr unterschiedlicher Ansicht. Ich finde es nur sehr schwieirig, wenn die Diskussionen vom eigentlichen Punkt derart abdriften, wie sie es hier tun und man plötzlich die Gesellschaft als “Mitmenschen” in die Verantwortung zieht.
Wow wie viel hat das gekostet 200.000 € am Ende des Jahres muss man ja das Geld ausgeben sonst müsste man es ja zurückgeben oder Strafe zahlen. Weiß ich wenigstens das meine Steuern gut angelegt sind…. aber hey ich ,bezahle gerne ein WC für 2 € ist ja nur ein Grundbedürfnis und Wildpinkel wird mit sexueller nötig gleich gestellt.
wow, da hast du ja richtig danebengepi…., wisch das am Besten gleich mal auf. Du bist sowas am Thema vorbei.
Es geht hier darum demente Menschen davon abzuhalten sich zu verirren, oder sich gar zu verletzten. Es ist ein so schwieriges Thema und vielleicht kein schönes Konzept, aber demente Menschen kann man auch nicht einsperren aus Angst das sie verloren gehen. Das wäre nämlich unverzeihlich. Mann kann sie aber auch nicht 24 h bewachen. Wenn man es auf diesem Weg schafft sie zu beschützen vor sich selbst, dann ist da vertretbar. Hat jemand bessere Vorschläge hat, soll er diese den richteigen Stellen vortragen, dass man sie umsetzen kann, anstatt nur rum zu meckern