Ein gigantisches Strategie-Spiel für 370 € auf Steam ist irre: Jedes Land spielt sich komplett anders

Ein gigantisches Strategie-Spiel für 370 € auf Steam ist irre: Jedes Land spielt sich komplett anders

MeinMMO-Autor Schuhmann spielt seit mehr als 20 Jahren Strategie-Spiele, aber an Europa Univeralis IV (Steam) von Paradox fasziniert ihn, wie unterschiedlich die Spielerfahrung ist, je nachdem, mit welchem Land man beginnt.

Um dieses Spiel geht es:

  • Europa Univeralis IV erschien 2013 und hat mittlerweile 16 Erweiterungen erhalten. Das ganze Bundle kostet 370 € auf Steam.
  • In Europa Univeralis leitet ihr die Geschicke eines Landes von 1444 bis 1821. Ihr habt dabei die komplette Welt zur Auswahl und könnt Kriege führen, forschen oder euer Land aufbauen.
  • Dabei ist das Spiel über die Jahre extrem komplex geworden. Die einzelnen Erweiterungen haben jeweils bestimmte Länder mit immer neuen Mechaniken individualisiert und verfeinert, um möglichst genau die Geschichte und Besonderheiten eines Landes widerzuspiegeln.

Die Türken sind mächtig, aber zerbrechen an Dekadenz

So habe ich Europa Univeralis IV lange gespielt: Ich hab schon hunderte Stunden mit dem Spiel verbracht und habe dabei fast immer die Türken gespielt. Die Türken, also „Ottomanen“, sind nominell die stärkste Nation zu Beginn von Europa Universalis, haben aber einen „einprogrammierten Nachteil“: Dekadenz.

Durch den aufgeblasen Hofstaat und die Intrigen im Harem wird das Reich im Laufe der Jahrhunderte dekadent, die Armee wird immer schwächer, die Türken verweichlichen und etwa 200 Jahre nach Spielstart, also gut 8 bis 12 Stunden in so einem Spiel, setzen verschiedene Katastrophen ein, die mich immer wieder aus dem Spiel warfen.

Eine Partie läuft normalerweise so ab:

  • In den ersten 2 Stunden erobert man Konstantinopel, das heutige Istanbul, und Griechenland, etabliert eine Machtposition und kann das Reich in alle Richtungen ausweiten.
  • In den nächsten 10 Stunden fühle ich mich allmächtig und schubse Österreich und die Mamelucken vor mir her, die Welt ist ein Sandkasten: Ich bin am Drücker.
  • Doch ab Stunde 13 fallen die eigenen Burgen innerhalb von Sekunden, während man minutenlang gegnerische Festungen belagern muss. Die eigenen Armeen zerbröseln unter dem Feuer der Gegner. Das Reich zerfällt.

Denn eigentlich müsste man die Ottomanen streng nach Guide spielen, bestimmte Schalter umlegen, Privilegien gewährend und entziehen, um Kipp-Punkte zu erreichen und Missionen im komplexen Missionsbaum zu erfüllen. Aber dieses Spielen nach Plan liegt mir nicht.

Das war meine Alternative: Also hab ich in den letzten Tagen versucht, andere Länder zu spielen und bemerkt, wie stark, sich die Spielerfahrung ändert, selbst wenn man nur in Europa und im Startjahr 1444 bleibt:

  • Als Brandenburg formt man Preußen und wird zu einer militärischen Macht, hat aber ständig damit zu kämpfen, dass sich die Kleinstaaten des Reichs zu einer Koalition formen und nerven.
  • Als Österreich ist man der Kaiser des Heiligen Reiches deutscher Nation, erobert Italien und ist diplomatisch involviert. Aber es ist erstaunlich schwer, eine vernünftige Armee aufzustellen und man hat die verdammt mächtigen Türken vor der Tür.
  • Als Frankreich muss man erst mal die nervigen Herzogtümer einfangen, hat den Hundertjährigen Krieg mit England zu führen und wenn Burgund eine Allianz mit Österreich eingeht, sorgt das für Kopfschmerzen.
  • Wer mit Kastilien spielt, wird die neue Welt entdecken und Nordafrika christianisieren.

Und das sind nur die großen europäischen Nationen, man kann auch in Japan, Indien oder als Inkas spielen und findet andere Bedingungen und Situationen vor, aus denen man das Beste machen muss.

Events und die Geschichte sorgen für Abwechslung

Das sorgt zusätzlich für Abwechslung: Extrem wichtig ist der jeweilige Führer, den man spielt. Denn jeder Führer hat bestimmte Werte, die erheblich beeinflussen, wie rasch sich eine Nation weiterentwickelt. Ein Herrscher hat Punkte in Administration, Diplomatie und Kriegsführung. Je höher die Werte des Herrschers sind, desto höher steigen die 3 wichtigsten Ressourcen im Spiel, die jeden Monat um einen bestimmte Zahl wachsen und die man ständig benötigt.

  • Wer mit einem Vollpfosten (0 /0/0) gestraft ist, wird im Kampf um die Macht um Jahrzehnte hinterherhinken.
  • Ein Genie (6/6/6) ist hingegen ein Vorteil.

Events sorgen für das Auftauchen solcher Figuren. Zudem geben sie Ländern einen zusätzlichen Vor- oder Nachteil, oft aus der Historie begründet. So sieht Brandenburg am Anfang so aus, als sitzt man fest und kann nichts machen. Aber schnell taucht die Gelegenheit auf, für 100 Dukaten dem Deutschen Orden 2 Provinzen abzukaufen, schon ist eine Mission erfüllt und man erhält neue Gebietsansprüche, kann Stettin erobern, plötzlich tun sich ganz neue Möglichkeiten auf.

Ein Strategie-Spiel wie kein anderes

Das fasziniert mich: Bei normalen Strategie-Spielen, selbst komplexen wie Stellaris oder Civilization 6, ist das Spiel letztlich immer gleich und ändert sich nur in Nuancen. Normalerweise geht es immer um die 4x: Man erkundet die Welt um sich herum, baut Städte an den besten Orten auf, versucht früh, gegnerische Städte einzunehmen, um sich einen Vorteil zu verschaffen.

Bei Europa Univeralis IV ändert sich das Spiel aber komplett durch die einzelnen Mechaniken, mit denen die 16 Erweiterungen, die verschiedenen Nationen verfeinert haben. Das Spiel geht mechanisch extrem tief rein, um die historische Situation der verschiedenen Länder zu simulieren.

Das Tolle ist: Das wird nicht nur vorgetäuscht, ist nicht nur Kosmetik wie in vielen anderen Spielen, sondern wirklich profund und tiefgehend. Europa Univeralis IV im Ironman-Modus, den man für die Achievements auf Steam braucht, ist oft unfair und frustrierend, aber auch toll.

Es ist sicher kein Spiel für jeden und viele werden Tage damit verbringen müssen, um überhaupt zu verstehen, was da abgeht und wie man das Game lesen kann, aber wenn man sich in Europa Univeralis IV richtig eingearbeitet hat, dann hat es so viel mehr zu bieten, als viele andere Spiele: Ein Strategie-Spiel auf Steam kostet 370 € – Ich habe es gespielt

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Chitanda

Ich war froh im nicht ironman modus die Japanischen inseln zu vereinigen als Daimyo, waren aber auch gut 10-15 anläufe nötig xD

Bin aber mehr der Victoria 3 Fanboy, Japan öffnen und zu industrialisieren sowie die Meiji-restauration abschließen fühlt sich verdammt gut an, und wenn man dann nich nur maulende Pops (einwohner) hat ist es umso besser xD

Zuletzt bearbeitet vor 3 Monaten von Chitanda
ibaer

370€ für das Bundle…
…und dann vermutlich noch wundern das es Piraterie gibt…

N0ma

Sollte Pflicht werden für angehende Bundeskanzler 😉

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