Ein Reddit-Nutzer will seinen Gaming-PC upgraden, doch Amazon liefert mehr als bestellt. Das könnte auch euch passieren. Rechtsanwalt Christian Solmecke weiß, wie ihr euch verhaltet solltet.
Was war in der Amazon-Lieferung? Reddit-Nutzer Frequent-Remove69 bestellte bei Amazon zwei Produkte: eine Grafikkarte vom Typ Radeon RX 6750XT sowie eine CPU von AMD, einen Ryzen 5 7600.
Als er allerdings den Versandkarton öffnete, fand er von jedem Artikel zwei Stück. Also zwei GPUs und zwei CPUs. Er berichtete davon im Subreddit pcmasterrace sowie im Subreddit pcbuild. Rasch sammelten die zwei Posts mehr als 17.000 Upvotes an. (Stand Mittag, 20. August 2024).
Hat Amazon auch für alles Geld abgebucht? Den Berichten des Posters nach, hat er nur bezahlt, was er bestellte – der Rest kam ungefragt.
Doch was passiert, wenn ihr in Deutschland zu viel geliefert bekommt? Wir haben den Anwalt Christian Solmecke gefragt, was ihr machen müsst. Er arbeitet als Rechtsanwalt und Partner bei der Kölner Kanzlei WBS.LEGAL. Er ist tätig in den Bereichen: IT-, Medien-, Wettbewerbs-, Urheber-, Handels- und Internetrecht.
Experteneinschätzung: Der richtige Umgang mit einer „Zuviellieferung“ in Deutschland
Muss ich mich als Käufer beim Verkäufer, zum Beispiel Amazon, melden?
Es gibt zumindest keine gesetzliche Pflicht den Händler zu informieren, da die Zuviellieferung in seinem Verantwortungsbereich liegt. Daher muss man sich nicht aktiv bei Amazon melden, wenngleich dies natürlich der Anstand gebietet.
Wie lange muss ich warten, bis ich die Ware behalten darf?
Der Anspruch auf Herausgabe durch den Verkäufer bzw. auf die Kaufpreiszahlung verjährt erst nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wer also heute eine Zuviellieferung erhält, von dem dürfte Amazon die Zuviellieferung noch bis Ende des Jahres 2027 zurückverlangen.
Was droht mir, wenn ich mit dem Verkäufer nicht kooperiere oder die (zusätzliche) Ware nicht mehr habe?
Auch wenn man die Zuviellieferung gerne behalten will, hat man kein Recht dazu. Denn in solchen Fällen ist man im Rechtssinne „bereichert“, ohne dass es hierfür einen rechtlichen Grund gibt. Daher muss man mithelfen, dass die Ware wieder zurück zum Verkäufer gelangt. Bleibt man als Kunde stur, kommen sogar strafrechtliche Schritte in Betracht.
Wer trägt die Rücksendekosten?
Die Kosten der Rückgabe (Transport, Verpackung etc.) hat in diesem Fall der Händler zu tragen. Schließlich hat er auch den Fehler gemacht.
Christian Solmecke war als Rechtsanwalt derweil nicht zum ersten Mal unser Gesprächspartner zu einem juristischen Thema. Wir sprachen auch bereits mit ihm über die theoretische Möglichkeit einer Klage gegen Activision Blizzard als Betreiber von Diablo Immortal. Kann das Action-Rollenspiel auch in Deutschland zum Inhalt einer Betrugsklage werden, so wie es damals in den USA im Raum stand?
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Irgendwie glaube ich der Geschichte nicht ganz. Ich arbeite nähmlich als Senior RME Technician (Teamleiter der Techniker) bei einem FC von Amazon.
Es ist natürlich nicht unmöglich, aber schon selten. Der Fehler bei Amazon muss bereits bei der Bestellung (oder Datenübertragung) im System passiert sein. Es musste also bereits im System die doppelte Anzahl der Artikel vorgelegt haben, weil:
Vereinfachte Beschreibung:
Wenn die Bestellung bearbeitet wird, dann werden beim Picken auf einem Bildschirm dem MA die Anzahl und Bild angezeigt. MA nimmt den Artikel raus, scannt den Barcode und legt den Artikel in einen Korb (jeder Korb hat auch einen Strichcode der automatisch vom System erfasst wird). Danach geht dieser Korb zum Packer und wird automatisch gescannt. Auf dem Bildschirm steht nun welche Verpackung verwendet werden soll und die Aufforderung zum Scannen der Verpackung. Danach wird jeder einzelner Artikel rausgenommen, gescannt und reingelegt. Wenn alles drin ist wird noch ein Barcode auf der Verpackung eingescannt, somit ist dem System bekannt um welche Bestellung es sich handelt, die Zustelladresse (ist noch nicht gedruckt) und vor allem: GESAMTGEWICHT der bestellten Artikeln, Verpackung und Füllmaterial!
Danach wird dieser Packet zum Drucker transportiert. Vor dem Drucker gescannt und GEWOGEN. Beim Überschreiten des Gewichts (Toleranz ist immer unterschiedlich) wird kein Adressaufkleber gedruckt sondern ein KO Aufkleber mit dem KO Grund. Danach wird dieser Packet rausgeschmissen und von Hand bearbeitet!
Ich hoffe man kann erkennen das mindestens 3 Mitarbeiter (Picker, Packer, KO Bearbeiter) gravierende Fehler machen müssen um die doppelte Anzahl von Artikeln zu versenden. Praktisch müssen die überflüssigen Artikel bearbeitet, aber nicht gescannt werden, falsche Verpackung muss verwendet werden. Und der KO Bearbeiter muss das alles ignorieren und versenden.
Also der meiste Grund warum die Pakete nicht ankommen bzw. verloren gehen ist einfach:
sie fallen vom Transportband runter, werden zwischen den Anlagenteilen (dünne, schmale Pakete) eingeklemmt und beschädigt! Meistens ist es jedoch schwer dran zu kommen, weil aus Sicherheitsgründen die gesamte Sortieranlage angehalten werden muss. Sie befindet sich unter der Decke, man kommt nur mit einer Hebebühne dran. In dieser Zeit kann der Schaden in Millionem gehen, weil dann der gesamte FC steht. Es lohnt sich also nicht die Anlage wegen einem Paket anzuhalzen. Diese Pakete werden an mehreren Kurven halt 3 Mal Täglich in den Pausen abgeholt. So kann es zu verspäteten Lieferung kommen weil der LKW weg ist. Manchmal aber liegen die Pakete an solchen Stellen wo man nur vom Transportband aus dran kommt. Das kann nur an einem Wartungssonntag gemacht werden und passiert nur 1 bis 2 Mal im Jahr, wenn überhaupt… manche Pakete beobachte ich bereits seit 2022
Wenn das zu viel gelieferte, nicht in deinen Bestellungen aufgelistet ist, wie will der Händler das nachweisen das er die zu viel geschickt hat? Grad bei Amazon geht so viel über die quasi Ladentheke, das wird eher unmöglich sein.
Siehe meinen anderen Kommentar. Man kann nicht einfach zu viel reinlegen, wenn es nicht im System drin ist. Paket wird wegen Gewichtsüberschreitung aussortiert und von Hand bearbeitet, also genau kontrolliert was drin ist und was rein musste. Sogar die Verpackungsart wird vom System vorgegeben!
unverwandt zugesandt -also ohne zuvor etwas bestellt zu haben – kann man ohne weiteres benutzten, gebrauchen.
dat der versender dann pech gehabt.
Bezieht sich das auf Un-/Benutzt?
Darf die zuviel-Ware benutzt werden, bis diese dann zurückgegeben werden muss?
Was passiert wenn diese Gebrauchsspuren hat?
Erfolgt eine Ausgleichszahlung für den Verschleiß, die der Kunde zahlen muss?
Das fällt auch unter den Fall “Bereicherung”.
Sobald du die Ware auspackst und verwendest, kann der Händler diese auch so nicht in den Handel wieder zurück führen. Somit musst du für den Ausgleich sorgen, indem du die Ware kaufst, oder dem Händler eine neue Ware zurück sendest.
Ich hatte bei Amazon den Fall schon, dass mir die “Zuviel-Ware” kostenlos überlassen wurde, da die Rücksendung und erneute Einlagerung nicht lohnen würde.
War aber auch ein 10 € Artikel.
Ich denke bei einer Grafikkarte + CPU (600 – 1000 €) wird Amazon wohl kaum sagen: “Gönn dir!”.
Bist du dir da wirklich sicher?
Bei Online Bestellungen gibt es das 14 Tägige Rückgaberecht und das gilt auch bei gebrauchter Ware (sonst kann man es ja nicht testen).
So wie du das gesagt hast dürfte man das Zuviel nicht anrühren.
Das macht das ganze irgendwie kompliziert.
Gibt ja so Spezialisten die sich mehrere GPUs kaufen, die durchtesten und die beste Chipgüte behalten und Rest zurück senden. Ist so etwas überhaupt erlaubt?
Das stimmt leider so so nicht.
Der 14-tägige Rückgaberecht gilt nur, solange die Ware Original Verpackt ist.
(Gilt auch nur bei Online, im laden gilt: Wie gesehen, so gekauft. Somit auch kein Recht auf Rückgabe)
Bei Klamotten ist es etwas anderes, da hier geprüft werden kann / muss, ob die Ware auch einem passt. Alles andere ist tatsächlich nur Kulanz.
Ein Bekannter von mir hat einen eigenen Online-Shop. Der kann ein Lied davon singen, wie oft er gebrauchte Ware zurück bekommt, weil die netten Leute meinen, die Kaufen sich mal schnell was, benutzen es paar Tage und schicken es wieder zurück.
Was soll der Händler dann damit anfangen? Er kann es ja nicht wiederverkaufen und bleibt auf den Kosten sitzen.
Was willst du an der Ware testen?
Wenn die Ware funktioniert, dann ist alles gut.
Sollte an der Ware ein Defekt sein, ist das kein Rückgaberecht, sondern eine Gewährleistung / Garantie.
Dies ist natürlich auch abhängig von der Ware. Klamotten darf/will man ja ausprobieren.
Aber mechanische oder elektrische teile sind ja somit gebraucht und nicht mehr als Neuware seitens Händler verkaufbar.
Interessant zu erfahren. Gibt es da keinen Schutz für die Händler wenn Leute das einfach benutzen und wieder zurück schicken?
Normalerweise nur, das die Händler sich bei jeder Bestellung die zurückgeht einen Vermerk in der Kundendatenbank machen. Wenn ein bestimmtes Verhältnis von ‘Behalten + Bezahlt’ gegenüber ‘Rücksendung’ sich Richtung ‘Rücksendung’ verschoben hat, oder die ‘Kauf 10 Prozessoren, grill die alle für je 24h mit kranken OC in Prime, behalt den besten, schick die halb ausgeglühten anderen zurück’ Fraktion beim selben Kunden vorkommt, wird der Kunde halt gesperrt.
Ein Händler MUSS nicht an einen Kunden verkaufen, es steht ihm frei.
Der Händler ist ja genauso in der Prüfpflicht. Wenn er dir nachweisen kann in welchem Zustand er die Ware versendet hat und wie er sie zurück bekommt, kann er dir die Rücknahme schon verweigern. Aber ich glaube kaum, dass ein Händler von all dem Fotos macht als Beweisgrundlage. Und es kommt noch hinzu, dass der Händler immer in der Beweispflicht ist. Nicht der Privatkäufer.
Das wird eher so laufen wie HiveTyrant es schon erwähnt hat. Wenn einer zu viel Blödsinn macht, wird an den nicht mehr verkauft. Der Händler muss nicht verkaufen, wenn er keine Lust dazu hat.
Dadurch das es ein Überangebot von Händlern gibt wird das schwierig.
Wie ist das mit Verbrauchsgütern, etwa ein Buch, Film, also wenn das dann benutzt/konsumiert wird und der Kunde schickt es benutzt wieder zurück.
Vor allem das mit dem Buch wäre für mich wichtig zu erfahren, wie schützt man sich davor das z.B. der Kunde alle Buchseite abfotografiert und wieder zurück schickt?
Für Filme, DVDs und Spiele und Co gilt, dass die Sachen nur originalverschweißt zurückgenommen werden.
Also aufmachen, angucken und zurückschicken geht da nicht. Da darf der Verkäufer die Rücknahme verweigern.
Und ehrlich, es gibt einfacher Optionen, um an ein Buch zu kommen, als jede einzelne Seite zu fotografieren.
Bestimmte Bücher, etwas teure Sachbücher, werden auch verschweißt verkauft.