Ich hab in 3 Tagen 40 Stunden mit dem neuen Strategiespiel auf Steam verbracht – Kann’s aber keinem empfehlen

Ich hab in 3 Tagen 40 Stunden mit dem neuen Strategiespiel auf Steam verbracht – Kann’s aber keinem empfehlen

Am Donnerstagabend hat MeinMMO-Strategieexperte Schuhmann das neue Spiel Ara: History Untold auf Steam entdeckt. Er hat 3 Tage mit dem überkomplexen Mix aus Städtebau-Simulation und 4x-Spiel verbracht und sagt: „Ich bin besessen von dem Spiel, aber ich kann’s keinem empfehlen.“

Das dachte man über Ara: History Untold:

Das Marketing für das Spiel klingt „Civilization, aber mit besserer Grafik.“

Ara: History Untold wurde als „Civ-Killer“ beschrieben. Man kolportierte, dass Microsoft viel Geld in ein Team von Entwicklern gesteckt hat, die an Civilization 5 gearbeitet haben, um den Branchen-Primus Firaxis mit ihrem Civilization 7 herauszufordern, das im Februar 2025 kommen soll.

Immer wieder wurde die hohe Produktionsqualität des Spiels gelobt, wie toll Ara: History Untold auf höchster Zoomstufe aussieht und wie belebt die Welt ist.

Ara: History Untold ging am 24. September für unverschämte 60 bis 80 € auf Steam live. Die meisten werden es wohl über den Xbox Game Pass spielen.

Städtebau mit absurd komplexem Crafting-System

Was ist Ara: History Untold wirklich? Das Spiel hat zwar tolle Grafik, das ist mir aber ziemlich wurscht. Wer scrollt denn bei so einem Spiel schön tief rein, damit man auch ja jeden Überblick über die Karte verliert und gar nicht sieht, dass die verdammten Franzosen gerade einen Großangriff planen. Nur Strategie-Noobs machen sowas, sage ich!

Ara: History Untold ist eine Städtebau-Simulation mit einem ausgeprägten, absurd komplexen Crafting-System, mit zig ineinander verschachtelten und parallel laufenden Produktionsketten, gepaart mit einem rudimentären Kampfsystem.

Besonders bescheuert: Einheiten können in Ara: History Untold nie aufgewertet werden. Sollte eine Truppe also überleben, wird man sie irgendwann selbst ausmustern, weil Speerkämpfer gegen Panzer irgendwie nicht so richtig reinhauen. Ohnehin ist das Kampfsystem ein Schwachpunkt des Spiels, man baut einfach „Doomstacks“, also möglichst viele, möglichst starke Einheiten auf einen Haufen und walzt damit alles nieder.

Die Stärken des Spiels, aber auch die Crux, liegen klar im Städtebau und Crafting-System. In Ara: History Untold beginnt man mit einer Stadt, erhöht rasch auf 3 und arbeitet sich dann schon im Midgame auf ein Maximum von 10 Städten hoch.

Das wichtigste bei einer Stadt: Lage, Lage, Lage

Jede einzelne Stadt braucht viel Platz, denn sie dehnt sich immer weiter aus. Eigentlich muss man nur Krieg gegen die anderen Völker führen, um den eigenen Städten Platz zu verschaffen, indem man zu nahe Konkurrenzstädte niederreißt, oder um sich eine besonders attraktive Stadt des Gegners einzuverleiben.

Denn Städte brauchen Platz. Aber jede Stadt braucht auch viel Aufmerksamkeit und Liebe des Spielers.

Um mal deutlich zu machen, wie absurd komplex das alles ist – eine Werkstatt in Ara: History Untold:

  • Hat 3 Aufbaustufen
  • Hat 4 Plätze, bei denen man verschiedene Items hinzufügen kann, um die Werkstatt zu optimieren
  • Beginnt mit 3 Items, die sie herstellen kann (Pflug, Werkzeug, Seil), das erweitert sich aber bis zum Spielende auf mehr als 20 herstellbare Items. Denn in der Fabrik, der 3. Aufbaustufe, entstehen dann auch PCs.
  • Jedes Produkt, das man herstellen kann, hat dann noch mehrere Slots, in die man verschiedene Ressourcen packen kann, um die Produktion zu stärken: Die Ressourcen sind entweder konkrete Handelsgüter, etwa Talg, um eine Kerze herzustellen, oder man packt abstrakte Dinge wie „Material, Holz oder Gold“ in den Slot.
crafting-guild
Und das ist nur die mittlere Ausbaustufen der Werkstatt – da geht noch mehr.

Und es gibt zig ineinander verschachtelte Produktionsketten. Wir reden von um die 40 Ressourcen, von etwa 70 Endprodukten und wir reden noch von zig verschiedenen Vorräten, mit denen man Städte versorgt.

Was ist das Gute daran? Das Spiel ist unheimlich komplex und es macht – mir zumindest – irre Spaß, die Wirtschaftskreisläufe und Städte zu optimieren und herauszufinden, wie genau die Systeme funktionieren. Denn selbst erklärt sich Ara: History Untold nur ziemlich mies:

  • Welche Ressourcen brauche ich, damit eine Stadt optimal wächst?
  • Soll ich aus dem Fisch, den ich fange, Nahrung machen oder die Ressource „Fisch“ oder brauche ich gerade Salz? Wie kann ich sie einsetzen?
  • Lohnt es sich, ein Viertel meiner Stadt in eine Chemie-Fabrik umzubauen, damit ich endlich Dünger herstellen kann?
  • Wo krieg ich Blumen her, um das Wunder „Die Hängenden Gärten“ zu bauen?

Ara: History Untold hat in diesem Mikromanagement viel zu bieten und lockt mit einee befriedigende Lernkurve, wenn man etwa herausbekommt, dass man die Regionen „spezialisieren“ muss oder dass es Vorteile bringt, Häuser oder den Palast in einem bestimmten Viertel, im Stadtzentrum, zu bauen. Man wird mit jeder Stunde besser im Spiel, begreift mehr.

Die GameStar hat das Spiel getestet:

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Ara: History Untold ist eine Zumutung bei Komfort-Funktionen

Das ist das Problem: Das Spiel ist wirklich eine Frechheit, indem was vom Spieler erwartet wird und was man ihm zumutet.

Denn Ara; History Untold erwartet, dass man ständig alles kontrolliert: Sind die neuen Werkzeuge optimal verteilt, geht mir irgendwo grade eine Grund-Ressource aus und blockiert meine komplette Wirtschaft? Ist ein Vorrat zur Neige gegangen, gibt’s etwa kein Brot mehr und darum gibt es keine Gourmet-Mahlzeiten mehr und deshalb wachsen meine Städte nicht mehr.

Die wirklich simpelsten Nachrichten verschweigt einem das Spiel. Es verlangt, dass man überall nachschaut, ob alles seinen Gang hat.

Ara: History Untold erzieht seine Spieler zu Paranoia

Das Simpelste wäre es, dem Spieler schon im Stadtmenü anzuzeigen: Diese Gebäude kannst du grade ausbauen. Oder eine Warnung auszugeben: „Hier gibt es grade ein Problem, lenk deine Aufmerksamkeit auf die Weberei, die kann gerade nicht arbeiten, weil dir die Wolle ausgeht.“

Sogar wenn man alles Gold verballert hat, merkt man das daran, dass man nichts mehr bauen kann. Das Spiel erwartet, dass man die Übersicht und viele verschiedenen Informationen im Kopf behält.

Es ist auch zum Teil gar nicht zu verstehen, warum man manche Gebäude gerade nicht abreißen kann. Da spart man sich einfach den Tooltip und geizt mit der Information.

Es ist nicht mal aus dem Bau-Menü klar zu erkennen, welche Gebäude man nur einmal pro Stadt oder nur einmal pro Nation bauen kann – all das soll der Spieler gefälligst wissen.

Ara: History Untold erzieht einen zu einer regelrechten Paranoia, so als müsste man ständig kontrollieren, ob man den Herd angelassen hat oder die Tür richtig verschlossen ist. Denn sonst bleibt der Slot leer, diese Ressource ungenutzt, wieder gehen irgendwo 0,3 % an Effektivität verloren.

Ich bin mir sicher, in einem Jahr werden viele Komfort-Funktionen nachgereicht sein. Denn auch andere Komplexitätsmonster wie Europa Universalis IV haben das mit den Jahren hinbekommen, dass vieles automatisiert wird und jedes noch so komplexe System in einem Pop-Up-Menü übersichtlich dargestellt wird.

Im Moment ist Ara: History Untold ein wahnsinnig spannendes Spiel mit einem großen Fokus auf Wirtschaft und toller Grafik, das mich aber in den Wahnsinn treibt.

Viel Potential, aber aktuell noch nicht zu empfehlen

Das ist mein Fazit: Das Spiel erinnert mich stark an Millenia, das mich im März fasziniert hat. Es ist eher Städtebau-Simulation als Civilization-Klon. Ara: History Untold hat tolle Ansätze, aber auch einige klar zu erkennende Kinderkrankheiten, die hoffentlich in den nächsten Monaten behoben werden.

Nach Jahren der Monotone und Hegemonie von Civilization ist Bewegung ins Genre 4x gekommen, aber empfehlen kann ich Ara: History Untold im Moment keinem. Wenn ihr von meinem Leiden profitieren wollt, dann nehmt den besten Anführer: Das ist der beste Anführer in Ara: History Untold, dem neuen Spiel auf Steam und im Xbox Game Pass

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