Die Regierung möchte es, die Unternehmen bieten es an, aber dennoch scheitert der Versuch, die Arbeitsbelastung zu minimieren: Japan will die 4-Tage-Woche nicht.
Wer verzichtet denn freiwillig auf eine Vier-Tage-Woche? Die Japaner. Trotz jüngst verstärkten Initiativen der Regierung des Inselstaats wird die mögliche Verkürzung der Wochenarbeitszeit kaum angenommen. Auch nachdem die gesetzlichen Regelungen geschaffen worden und zuletzt sogar eine Kampagne (inklusive kostenloser Beratung) mit dem Fokus auf kleinere und mittlere Unternehmen startete, bleibt die Begeisterung unter Arbeitnehmern gering. Hierüber berichtet die Associated Press (AP).
Wer auf Videospiele mit Japan-Setting steht, für den könnte das folgende Game etwas sein:
Lieber freiwillig (unbezahlte) Überstunden als Freizeit
Wie viele Unternehmen bieten denn eine 4-Tage-Woche an? Etwa acht Prozent der Unternehmen Japans erlaubt seinen Arbeitnehmern drei oder mehr Tage freizunehmen. Das Minimum ist gesetzlich noch immer ein freier Tag. Rund sieben Prozent gewähren nur das, wie das japanische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Arbeit mitteilt. 85 Prozent setzen auf die übliche 5-Tage-Woche.
Wie viele arbeiten denn weniger? Es gibt keine umfangreiche Statistik dazu, aber Umfragen und Aussagen von Unternehmen, so zum Beispiel von der Panasonic Holdings Corp: Von den 63.000 Angestellten haben laut dem dort Verantwortlichen für die Initiative zur Innovation der Arbeitskultur
nur 150 Personen die Chance bisher wahrgenommen, wie AP vermeldet.
Wieso machen nicht mehr Japaner frei? Die Begründung hierfür ist in der Arbeitskultur zu finden. In Japan ist mehr Arbeiten, als eigentlich vom Unternehmen verlangt, seit langer Zeit üblich. Allerdings gibt es soziale Standards, die freiwillige, unbezahlte Mehrarbeit als normal ansehen. Niemand möchte extra Urlaub nehmen oder auch nur den Eindruck erwecken, weniger fleißig zu sein als seine oder ihre Kollegen.
Wieso mischt sich die Regierung Japans überhaupt derart in den Arbeitsmarkt ein? Japan leidet schon heute unter erheblicher Überalterung – und die Probleme werden in Zukunft noch größer. Das Land muss möglichst viele junge Menschen in den Arbeitsmarkt bringen, sie dort für möglichst lange Zeit gesund halten und gleichzeitig Familien mit mehr als einem Kind gründen lassen. Das ist unter den seit Jahrzehnten herrschenden Bedingungen kaum möglich.
Ähnlich wie bei uns ist bei den Japan Online-Shopping extrem angesagt. Allerdings fehlen den Japanern auch hierfür so langsam in kritischem Maße die Arbeitskräfte, denn irgendwer muss ja die Lkws fahren, um die Pakete zuzustellen. Das Land wird eventuell einen speziellen Weg gehen, um das Problem zu lösen: Japaner lieben es online einzukaufen, doch wer bringt die Waren zum Kunden? Ein 500 Kilometer langes Förderband soll 25.000 Lkws ersetzen
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Die Japaner kennen doch nichtmal Urlaub, haben glaub ich 1 Woche oder so, was sollen die mit 4 Tage Woche. 😉 Was man denen 50 Jahre eingeimpft hat bekommt man so schnell nicht wieder raus. Vorruhestandsregelungen wäre wahrscheinlich noch ne Lösung.
Warum wird so etwas in Japan als freiwillige Option für Arbeitnehmer angeboten?
Das musste doch schief gehen.
Die ‘Sozialen Standards’ wie im Artikel erwähnt sind eigentlich untertrieben.
Arbeiten bis zur Erschöpfung, danach mit den Kollegen regelrecht besaufen gehen und am nächsten Morgen mit nur wenigen Stunden Schlaf wieder an der Knechte zu sitzen/stehen werden als selbstverständlich angesehen. Selbst bei den Firmen, die jetzt so sehr auf ‘Wir wollen, das unsere Mitarbeiter mehr auf sich achten’ pochen.
Dazu kommt eine regelrechte Angst davor, bei irgendetwas nicht präsent gewesen zu sein. Auch während Corona war das ein Problem, da die Kultur in Japan so indoktriniert ist, das, egal bei was, man will krampfhaft seinen Stempel (wortwörtlich, anstatt Unterschriften stempelt man) unter Zusammenfassungen von Meetings setzen. Bei Onlinekonferenzen geht das halt nicht.
Es gilt in Japan auch immer noch als schlechtes Zeichen, für mehr als ein Unternehmen im Leben gearbeitet zu haben. Schulabschluss, Ausbildung, dann ab ins Berufsleben, bei praktischen Berufen (im Gegensatz zu rein schulischen Berufen, die einen hinterher an einen Schreibtisch fesseln) am besten in dem Unternehmen, in dem man die Ausbildung gemacht hat, und das dann halt bis man in Rente geht oder in die Kiste kippt. Wenn die Firma nach 10 Jahren zu macht und man dann auf Arbeitssuche geht, sieht der neue Personaler nur ’10 Jahre gearbeitet, dann die Firma verlassen’, was dann als sonstwas interpretiert wird.